Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien
von denen überfallen werde. Sie haben mich gefragt, ob ich etwas mit dem Tod von Zuckerman zu tun hätte!«
»Sie?«, fragte Frank überrascht. »Wie kommen die denn darauf? Überhaupt, woher weiß die Presse eigentlich, was passiert ist?«
Nick blieb so unvermittelt stehen, dass der junge Mann fast in ihn hineingelaufen wäre.
»Genau das frage ich mich auch. Aber hier ist wohl überhaupt kein Geheimnis mehr sicher! Keine zehn Stunden sind vergangen und jeder in der Stadt scheint besser Bescheid zu wissen als ich!«
Seine Augen blitzten zornig, aber in Wirklichkeit war er nicht wütend. Er empfand ein Gefühl der Machtlosigkeit, so, als habe ihm jemand das Ruder aus der Hand genommen. Und er hasste es, machtlos zu sein.
»Truman McDeere wartet übrigens in Ihrem Büro«, sagte Frank, »seit einer halben Stunde.«
Sie hatten den Westflügel der City Hall erreicht. Am Wochenende war nichts von der Hektik zu spüren, die an Wochentagen hier herrschte. Die Büros waren leer, nur Nicks Sekretärin Allie Mitchell saß an ihrem Schreibtisch, ebenso Raymond Howard.
»Die Presse bombardiert uns mit Anrufen«, teilte Allie Nick mit, »außerdem hat Mr de Lancie angerufen und Gouverneur Rhodes bittet um Rückruf.«
»Na prima«, Nick verzog das Gesicht, »sie müssen warten. Ich will erst wissen, was McDeere sagt.«
Damit verschwand er in seinem Büro, während Frank, Ray und Allie viel sagende Blicke wechselten.
***
Truman McDeere erhob sich von dem Stuhl am Konferenztisch, als Nick Kostidis sein Büro betrat. Er sah noch verkniffener aus als gewöhnlich.
»Wie konnte das passieren, McDeere?«, fuhr Nick den FBIBeamten an, nachdem er ihn knapp begrüßt hatte.
»Ich bin Ihnen keine Rechenschaft schuldig, Herr Bürgermeister«, erwiderte der glatzköpfige Bundespolizist spitz. »Wir haben uns nichts zu Schulden kommen lassen.«
»Außer, dass ein Mann, der von 15 FBI-Leuten bewacht werden sollte, erschossen wurde.«
McDeeres Miene wurde noch finsterer.
»Niemand wusste von dieser Aktion. Die Leute, die daran beteiligt waren, sind auch erst vor Ort über die Identität des Mannes informiert worden«, schnappte er verärgert. »Sie kannten sich untereinander nicht, und erst recht kannte keiner von ihnen vorher den Ort, an den Zuckerman gebracht werden sollte. Das wusste niemand außer Ihren Leuten und mir.«
»Und welches Interesse sollte irgendjemand von uns daran gehabt haben, dass Zuckerman umgelegt wird?«
McDeere zuckte die Schultern und zündete sich ein Zigarillo an. Nick betrachtete ihn scharf. Er kannte McDeere schon eine ganze Weile und ahnte, dass mehr an der Sache dran war, als der FBI-Beamte zugeben wollte.
»Also, Truman«, sagte er versöhnlicher, »was ist wirklich passiert?«
McDeere schien einen Moment mit sich zu ringen, doch dann holte er tief Luft und begann, mit leiser Stimme zu reden.
»Wir hatten im ganzen Hotel unsere Leute postiert. An allen Hintereingängen, in der Küche, der Tiefgarage, an den Aufzügen. Ein Mann war ständig bei Zuckerman im Zimmer. Es war kurz vor halb neun, als ein Mann an der Zimmertür klopfte. Erkannte das vereinbarte Klopfzeichen und war ja auch unbehelligt bis in den 6. Stock gelangt. Der Beamte öffnete also. Er glaubte, den Mann bei der Besprechung früher am Abend gesehen zu haben und ging deshalb davon aus, dass er zur Truppe gehörte. Als er gesagt bekam, er solle sich im Foyer zur Ablösung melden, verließ er also das Zimmer.«
Nick schloss die Augen. Ein uralter, dreister Mafiatrick, und die Feds waren darauf hereingefallen!
»Na ja«, McDeere fiel es sichtlich schwer, den Fehler zuzugeben, »als der Beamte unten auftauchte, war sofort klar, dass etwas nicht stimmte. In wenigen Minuten waren sie wieder oben, aber da war es schon zu spät. Zuckerman war mausetot. Zwei Schüsse aus nächster Nähe ins Herz und einen in den Kopf. Die Tatwaffe war eine 45er Smith & Wesson mit Schalldämpfer. Wir haben sie gefunden.«
»Ach?« Nick öffnete wieder die Augen.
»Sie lag in einem Wagen mit Schmutzwäsche.«
»Wurde sie identifiziert?«
»Nein. Keine Seriennummer, keine Fingerabdrücke, nichts. Die Waffe wird im Moment in der Ballistik genauer untersucht, aber ich sehe keine Chance, durch die Waffe etwas über die Täter zu erfahren. Das war Profiarbeit.«
»Sieht nach Mafia aus.«
»Allerdings«, McDeere nickte verdrossen, »wir haben einen Fehler gemacht, gerade weil wir sichergehen wollten, dass nichts schiefgeht. Deshalb haben wir Beamte, die
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