Unter Haien - Neuhaus, N: Unter Haien
Sandes seiner Strände, sondern wegen der Vermögensverhältnisse seiner Bewohner. Alex war schon lange nicht mehr beeindruckt von großen Namen und großem Vermögen. Sie arbeitete tagtäglich mit gigantischen Geldsummen und kannte die reichsten Menschen Amerikas. Irgendwo im Gewühl traf sie auf Madeleine, die in ihrem bordeauxroten Kleid und den aufgeregt geröteten Wangen bezaubernd und mädchenhaft aussah.
»Wie gefällt es dir?«, rief sie mit glänzenden Augen. »Ist es nicht herrlich? Ich habe vorher immer Angst, aber wenn dann alle da sind, ist es einfach wundervoll!«
»Es ist wirklich toll.«
»Der Präsident und die First Lady sind auch schon da«, raunte Madeleine ihr zu, umarmte sie und eilte weiter. Alex nahm sich ein Glas Champagner und schlenderte durch das große Haus, das voller Menschen war, die sie nicht kannte. Im Blauen Salon erblickte sie den Präsidenten im Gespräch mit Trevor, Senator Hoffman, Gouverneur Rhodes, dem Kongressabgeordneten James Vaillant III, Ted Kennedy und Nick Kostidis, der die Jeans gegen einen dunkelgrauen Anzug und eine rote Krawatte getauscht hatte. Sie wollte den Raum gerade wieder unauffälligverlassen, als Trevor sie sah und sie zu sich winkte. Lächelnd zog er sie in die Runde.
»Cliff«, sagte er zum Präsidenten, »darf ich dir Alex Sontheim vorstellen? Sie ist eine gute Freundin von Maddy und mir.«
»Oh«, Cliff Gordon lächelte sie freundlich an und reichte ihr die Hand, »ich freue mich, Sie kennen zu lernen, Mrs Sontheim.«
»Ganz meinerseits, Mr President«, Alex’ Herz klopfte aufgeregt, als sie dem mächtigsten Mann des Landes gegenüberstand. Trevor stellte sie auch den anderen Herren vor. Alex erinnerte sich, dass sie den Senator und auch Gouverneur Rhodes auf Sergios Geburtstagsfeier gesehen hatte. Was würden die beiden wohl sagen, wenn sie sie jetzt darauf ansprechen würde? Trevor schilderte dem Präsidenten gerade, auf welch ungewöhnliche Art und Weise Madeleine Alex vor einem halben Jahr kennen gelernt hatte, und der Präsident war beeindruckt. Alex spürte den Blick von Nick Kostidis. Der Präsident fragte sie nach ihrer Arbeit und schenkte Alex zu ihrem Erstaunen seine ungeteilte Aufmerksamkeit.
»Sie haben einen außergewöhnlichen Ruf an der Wall Street«, sagte er schließlich, »unser Land braucht Leute wie Sie, Mrs Sontheim. Intelligente junge Menschen mit Zivilcourage.«
Sie lächelte verlegen und als Cliff Gordon sie ins Weiße Haus einlud, zitterte sie innerlich vor Aufregung und Stolz. Ihr Blick begegnete dem von Nick Kostidis und sie glaubte, eine Spur von Spott in seinen Augen zu erkennen. Sofort verflog das Gefühl des Stolzes, das sie noch eine Sekunde zuvor verspürt hatte. Sie war froh, als sich andere Leute um den Präsidenten scharten und entschuldigte sich unter einem Vorwand. Um den vielen Menschen für einen Moment zu entkommen, flüchtete sie in eines der Nebenzimmer und setzte sich in einen Sessel am Fenster. Sie hätte Kostidis mit Freude umbringen können! Er hatte ihr nicht nur die Begegnung mit Cliff Gordon sondern den ganzen Tag verdorben! Ihr kam es vor, als habe er sie heimlich verspottet. Alex Sontheim, der Star der Wall Street, die selbstlose Retterin der berühmten Opernsängerin Madeleine Ross-Downey war doch nur ein Mädchen aus Deutschland, das sich mit einem dubiosen Emporkömmling wie Sergio Vitali, dem Paten von NewYork City, eingelassen hatte! Was würde Präsident Gordon sagen, sollte er erfahren, dass sie die Geliebte eines Mannes war, der Leute umbringen ließ? Hätte er sie dann auch noch ins Weiße Haus eingeladen? Wütend merkte sie, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen, und sie suchte in ihrer Handtasche nach einer Zigarette. Hinter ihr hörte sie ein Räuspern und flog herum. Sie traute ihren Augen kaum, als hinter ihr im Türrahmen ausgerechnet Nick Kostidis stand, vor dem sie geflohen war.
»Hallo«, sagte sie abweisend, »falls Sie die Toiletten suchen, die sind zwei Türen weiter.«
Kostidis lächelte.
»Danke, ich weiß«, sagte er und betrat den Raum, »aber ich habe eigentlich Sie gesucht.«
»Ach«, Alex zog an ihrer Zigarette, »und weshalb?«
Sie ärgerte sich über ihre verweinten Augen.
»Darf ich mich einen Augenblick zu Ihnen setzen?«
Sie war drauf und dran ihn zu bitten, sich zur Hölle zu scheren, aber es gelang ihr, sich zu beherrschen.
»Bitte«, sagte sie nur. Er setzte sich in den Sessel ihr gegenüber. Einen Moment herrschte angespanntes Schweigen zwischen
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