Unter ihrer Haut: Erotische Vampirstory (German Edition)
Fesseln an ihren Handgelenken hinterlassen haben.
Tag 9
»Kommt er heute wieder?«, sagt Merle und überlegt, ob ihre Frage eine Chance hat, unverfänglich zu klingen.
Kristina, die die Teller vom Abendessen wegräumt, schaut auf. Sie lächelt süffisant. »Nein. Er sagte, heute hätte er zu tun.«
»Ach.« Merle unterdrückt den Drang zu fragen, womit Cole zu tun hat, und versucht, ein anderes Gesprächsthema zu finden. »Dann sind Sie und Oberon alles, was heute noch vom Clan des Schwarzen Smaragds übrig ist?«
Kristina nickt. »Ja«, sagt sie. Kein Gefühl schwingt in ihrer Stimme, und dabei geht es, wenn Kristina spricht, eigentlich immer um irgendwelche Emotionen.
»Hat Darius die anderen umgebracht? Warum hat er Sie und Oberon am Leben gelassen?«
»Ich weiß es wirklich nicht«, entgegnet Kristina angespannt. »Und so gern ich den Abend mit unterhaltsamen Spekulationen über Darius Coles Motive verbringen würde, kann ich mich des Gedankens nicht erwehren, dass wir etwas finden könnten, das mehr Spaß macht.«
»Was? Wir? « Es scheint Ewigkeiten her zu sein, dass Merle etwas getan hat, das sich mit »Spaß« umschreiben ließe.
»Nun ja, Darius hat gesagt, ich solle dafür sorgen, dass Sie sich nicht langweilen.«
»Langweilen? Ich bin seit neun Tagen hier unten!« Merle zeigt auf die Stelle an der Wand, wo sie Kerben eingeritzt hat, um die Tage zu zählen. Fast die Hälfte liegt schon hinter ihr. »Wieso kommt er jetzt auf die Idee, sich Gedanken über meinen Geisteszustand zu machen?«
»Ach, stellen Sie sich nicht so an. Er versucht wirklich, Ihnen den Aufenthalt angenehm zu gestalten, wissen Sie. Ich glaube, er hat einfach lange gebraucht, um überhaupt darauf zu kommen, dass Sie sich vielleicht langweilen. Vampire und Menschen denken … verschieden. Und er ist sogar noch eigenartiger als ein normaler Vampir. Er mag ja übersinnliche Kräfte haben, bei denen einem die Kinnlade herunterklappt, aber manchmal sieht er die kleinen Dinge einfach nicht. Kommen Sie.«
Merle wird klar, dass Kristina ihr die Zellentür aufhält. Als sie aufsteht, beginnen ihre Beine zu zittern.
Die Freiheit bereitet ihr ein leichtes Schwindelgefühl. Merle folgt Kristina über den schmalen Gang vor den Zellen. An der letzten Tür vor der Treppe, die nach oben führt, bleibt Kristina stehen und sieht durch das vergitterte Fenster hinein. Dann winkt sie Merle zu sich.
Oberon sitzt in einer Zelle, die ganz ähnlich wie Merles Gefängnis aussieht. Er ist angekettet und hockt gegen die Wand gesunken auf der Bank.
»Geht es ihm gut?«
Bevor Kristina antworten kann, reißt Oberon die Augen auf, springt von der Bank auf und stürzt voran. Kurz vor der Tür halten ihn seine Ketten auf. Merle schreit auf und springt zurück.
Kristina lacht. »Keine Sorge. Er benimmt sich nur ein bisschen verrückt, weil er kein Blut bekommen hat, seit Darius ihn hier unten eingesperrt hat. Im Moment riechen Sie für ihn nach Essen.«
Merle wappnet sich und sieht wieder durch das Fenster. Oberon ist gleich hinter der Tür auf den Knien zusammengesackt. »Wird er sterben?«
»Rein technisch gesehen ist er tot. Aber nein, er stirbt nicht, wenn er kein Blut bekommt. Er wird nur seltsam. Schon jetzt ist er dabei, den Verstand zu verlieren. Die einzigen Aufzeichnungen darüber, was mit einem Vampir passiert, den man hungern lässt, beziehen sich auf Darius. Aber er war geistig sehr stark. Oberon scheint viel schneller zusammenzubrechen.« Kristina zuckt mit den Achseln. Viel scheint ihr das nicht auszumachen.
»Und was passiert jetzt mit ihm?«
»Ach ja.« Kristinas Miene hellt sich auf. »Da kommen Sie ins Spiel. Darius sagte, dass Sie entscheiden sollen, ob er heute etwas zu essen bekommt.«
Das hat Oberon offenbar gehört, denn hinter der Tür lässt sich seine dünne Stimme vernehmen. »Bitte.«
»Wieso denn das? Warum soll ich darüber entscheiden?«
Kristina zuckt die Achseln. »Darius fand, das wäre nach dem, was er mit Ihnen gemacht hat, nur angemessen.«
»Bitte, Miss Cobalt«, stöhnt Oberon in der Zelle. »Es tut mir leid. Bitte seien Sie gnädig.«
Merle ist mulmig. Sie möchte nichts mit Oberon zu tun haben. Und ganz bestimmt möchte sie nicht hören, wie er sie um Gnade anfleht. »Also, ich finde es nicht angemessen«, erklärt sie scharf und beherrscht. »Wirklich, wirklich nicht. Wenn Sie mich deswegen hergebracht haben, möchte ich lieber zurück in meine Zelle.«
Kristina nickt gelassen. »In Ordnung. Dann
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