Unter Sternenjaegern
Zeit.” Als sie die Becher neben den Topf stellte, schoben sich die Jungen noch näher heran; das Mädchen kam zögernd mit ihnen, noch immer hielt sie sich an dem grö
ßeren Jungen fest. Kitosime hob einen der runden Laibe. „Amea, dies ist für dich.”
Beide Jungen stürmten auf sie zu und schnappten nach dem Brot.
Sie ließ es wieder zu den anderen fallen und drückte den Korb fest an ihre Brüste. „Nein!” Sie schüttelte den Kopf. Erneut schaute sie von einem zum anderen, forderte ihre Aufmerksamkeit. „Nein”, sagte sie sanfter. „Bevor ihr eßt, werdet ihr auf eure Namen reagieren müssen.” Der Reihe nach zeigte sie auf sie und nannte die Namen. Wieder und wieder nannte sie sie. Amea. Warne. S’kiliza.
Ihre schmerzliche Verwirrung und ihr wühlender Hunger trafen sie wie Feuerschläge, aber sie hielt sich unter Kontrolle und wiederholte die Lektion mit eiserner Geduld. Die Sonne kroch aufwärts und erwärmte die Luft im Hof, während die Kinder auf den bemalten Fliesen hockten und sich bemühten zu verstehen, was von ihnen verlangt wurde.
Kitosimes Schultern schmerzten, und ihre Stimme wurde heiser.
Wieder bewegte sich die Hand im Kreis herum. Noch einmal wiederholte sie die Namen. Plötzlich entzündete sich ein Funken in den Augen des kleineren Jungen. Er sprang auf die Füße und wartete ungeduldig darauf, daß ihr Finger wieder auf ihn zeigte und ihre Stimme den Ton machte. „Warne”, flüsterte sie.
Er schlug sich aufgeregt auf die Brust und nickte. Er machte einen Schritt auf sie zu und nickte noch immer. Die anderen beiden versuchten, mit ihm zu kommen, aber er stieß sie zurück und kam eifrig zu ihr heran.
Vor Triumph und Müdigkeit zitternd, goß sie Milch in einen der Becher und reichte ihn dem Jungen, dann ein belegtes Brot, und beim Anblick seiner rissigen Fingernägel, schwarz von eingetrocknetem Schmutz und einem bösen, halb verheilten Kratzer, der spiralförmig seinen knochendünnen Arm hinauf verlief, unterdrückte sie ein Schaudern des Abscheus.
Er hockte neben ihr, schlürfte von der Milch und erstickte beinahe an der Wurst und dem Brot. Kitosime schloß einen Moment lang die Augen, begann dann erneut das ermüdende Benennen.
Das Mädchen reagierte als nächste, packte das Essen, flitzte über den Hof und setzte sich in die Schatten auf der anderen Seite, wo sie sich sicherer fühlte.
Der älteste Junge war der letzte, vielleicht, weil er älter war als die anderen und die meiste Zeit in der Wildnis verbracht und die Sprache vergessen hatte. Kitosime beobachtete ihn, sprach den Namen, den sie ihm gegeben hatte, immer wieder aus, hoffte auf den geringsten Funken von Verstehen. Und fragte sich, während sie das Wort aussprach, weshalb Wildlinge nicht sprachen. Soviel sie wußte, hatte sich noch niemals jemand diese Frage gestellt oder versucht, die Antwort darauf zu finden. Es war ein Teil der Schande, wild zu werden, ein Teil der Rückkehr zum Tier. Sie hatten einmal sprechen können. Warum hatten sie damit aufgehört?
Endlich trat der Junge vor. Sie konnte sich nicht sicher sein, ob er den Sinn des Ganzen wirklich begriffen hatte - daß Amea sein Name war, ein Klang, der allein ihm gehörte -, oder ob er auf ihren Ruf nur deshalb reagierte, weil sonst niemand mehr übrig war. Er nahm das Brot und die Milch und hockte sich neben Warne.
Beide Jungen stopften sich den Mund voll, schlürften Milch, daß der Überfluß von den Winkeln ihrer kauenden Münder triefte. Auf der gegenüberliegenden Seite des Hofes aß das Mädchen zuerst genauso gierig, dann, nachdem sie wiederholt aus schüchtern-ver-schlagenen Augen heraus auf Kitosime geblickt hatte, zü-gelte sie ihren Hunger und aß in schnellen, kleinen Bissen, ruhig und ordentlich.
Kitosime erhob sich behutsam und ging langsam ins Haus zurück, um eine Schüssel mit warmem Wasser, ein paar Handtücher und ein Stück Seife zu holen. Sie setzte sich wieder auf die unterste Stufe und wartete, bis die Wildinge ihr Essen beendet hatten. Dann rief sie sie. Wieder war Warne der erste, der reagierte. Sie ergriffsanft seine Hand. Dann fing sie an, den Schmutz und die Flekken von seiner weichen, jungen Haut abzuwaschen.
Er projizierte FREUDE, und beugte sich herunter, damit sie sein Gesicht waschen konnte.
S’kiliza kam eifrig, ohne abzuwarten, bis sie gerufen wurde, herbei, um ebenfalls gewaschen zu werden. Sie stieß schmutzige Hände vor und projizierte WUNSCH. Und seufzte vor Wonne. Und projizierte VERGNÜGEN, sobald
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