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Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi

Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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Apfelbäume gegeben. Es war ja auch wohl eher ein großes Haus, wenn nicht gar ein Schloss, in dem er aufgewachsen ist. Ich stehe auf. Die Erdäpfel sind gekocht und noch heiß, der Salat ist geschnitten. Ich mache alles so wie bei meinem Test am Nachmittag, forme die Erdäpfelmasse und lege darauf großzügig Lachsforellentartar. Die Mittelstücke von der Lachsforelle gebe ich in eine sehr heiße Pfanne ohne Fett, dreißig Sekunden auf der einen, ebenso lang auf der anderen Seite braten und zu den Happen legen. Einige Körner Fleur de Sel darüber, ein Zweig frischer Kerbel zur Dekoration und ab mit der Vorspeise zum Tisch.
    Hohenfels zeigt sich sehr angetan. „Das ist etwas, das ich in dieser Form noch nie gegessen habe!“
    „Sagt noch nicht viel darüber aus, ob es auch schmeckt“, erwidere ich freundlich.
    Stepanovic assistiert: „Es ist einzigartig. Diese Mischung von warmen Kartoffeln und das kalte pikante Lachsforellentartar darauf.“ Es wirkt, als wolle er Hohenfels jedenfalls noch übertreffen. Ich koste auch. Für mein Gefühl habe ich diesmal etwas zu viel Essig genommen.
    Spätestens bei der Suppe, die wieder von Hohenfels sehr und von Stepanovic noch mehr gelobt wird, beginnt sich unsere Konversation dahinzuschleppen. Wir haben das schöne Herbstwetter und die prächtige Aussicht von unserer Dachterrasse durch, auch die Jagd – beide sind dafür, aber natürlich nur in dem Maß, das die Natur verträgt – und die Angewohnheit von Fasanen, im letzten Moment vor einem Auto erschrocken aufzufliegen.
    Ich habe die ausgelösten Fasanenkeulen eine Stunde in der Suppe gar ziehen lassen, sie dann in lange Streifen geschnitten und auf Spieße gesteckt. Jetzt liegen sie halb in die Suppe. In kleinen Schüsselchen ist eine Sauce, die ich aus Olivenöl, Estragonsenf, viel frischem Estragon und Sauerrahm gemischt habe. Man kann die Fleischstücke darin eindippen und sie quasi als pikante Beilage zur Suppe essen.
    Oskar taucht sein letztes Keulenstück in die Sauce und sieht es nachdenklich an. „Sie haben doch sehr gute Anwälte. Warum soll ich mit an Bord kommen?“
    Stepanovic lächelt ihn beinahe liebevoll an. „Weil wir vorhaben, zu expandieren. Weil wir die besten Wirtschaftsanwälte des Landes brauchen. – Seriöse Anwälte“, setzt er nach einer Sekunde hinzu.
    „Ich habe bloß eine kleine Kanzlei. Üblicherweise arbeiten Konzerne mit großen Anwaltsfirmen zusammen.“
    „Stellen Sie Ihr Licht nicht unter den Scheffel“, lächelt Hohenfels. „Sie haben einen ausgezeichneten Ruf. Und Sie arbeiten mit einer Kanzlei in Frankfurt zusammen, die wir sehr schätzen. Wir brauchen Anwälte, die bereit sind, sich international zu vernetzen.“
    Stepanovic sieht mich an. „Internationalität ist uns ganz wichtig. Sie ist übrigens auch das beste Mittel gegen Fremdenfeindlichkeit. Wenn wir über die Grenzen hinweg miteinander arbeiten, dann werden wir einander verstehen.“
    „Und außerdem ist Ihre Partnerkanzlei eine unserer Anwaltsfirmen in Deutschland“, ergänzt Hohenfels. Das ist jetzt wieder an Oskar gerichtet.
    Reicht das, um zu erklären, warum die beiden Oskar als Anwalt haben wollen? Was soll das Plädoyer für Internationalität in meine Richtung? Auch wenn Stepanovic das Essen überschwänglich lobt, er scheint dafür weit weniger übrigzuhaben als Hohenfels. Der Manager und Carmen: Hat sie einen Vaterkomplex? Er wirkt ganz sympathisch, ist erfolgreich, aus bester Familie, wie man so sagt. Auch wenn der Adel bei uns seit fast hundert Jahren eigentlich abgeschafft ist. Außerdem ist er doch ziemlich alt für Oskars Tochter. Und ein wenig zu glatt. Was hat sie zu mir gesagt? Sie würden viel gemeinsam lachen. So sieht er eigentlich nicht aus. Na gut. Menschen haben verschiedene Seiten.
    Ich nehme die Fasanenbrüste aus dem Ofen. Vor einer Stunde habe ich sie vorsichtig rundum angebraten und dann bei siebzig Grad ins Rohr geschoben. Die roten Linsen sind schon fertig. Auf jeden Teller kommt ein Häufchen. Rot heißt auf russisch „krasnij“. „Krasnij“ bedeutet nicht nur rot, sondern auch schön. Der Rote Platz, der Schöne Platz. Dort, wo die UdSSR-Führung ihre Paraden abgenommen hat. Stepanovics Familie stammt aus Serbien. Aber er ist in Österreich geboren und aufgewachsen. Von alter Sowjet-Ideologie hat er sicher nichts mitbekommen. – Laut Carmen hat er in Moskau die Schule eines privaten Sicherheitsdiensts besucht. Jetzt ist dort alles privat. Ist es dadurch schon demokratisch?

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