Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi
hin zu Telefonnummern, E-Mail-Adressen und SMS alle Kommunikationsakte gespeichert werden. – Was, wenn da jemand nicht seriös damit umgeht? Was, wenn sich da jemand hineinhackt?“ Er schüttelt den Kopf und grinst dann ein wenig. „Immerhin leben wir in einer halbwegs funktionierenden Demokratie. – Tut mir übrigens leid, dass ich dir diese SMS geschickt habe.“ Für einen Moment denke ich, Oskar hat mit ihm telefoniert. „Es war kindisch, so etwas macht man nicht. Aber … der Abend war wirklich schön und ich wollte dir dafür danken.“
„Das können die ruhig speichern. Die SMS war total nett, ich wollte auch antworten, aber bei uns war jede Menge los – ist es eigentlich noch immer“, erwidere ich, lege meine Hand auf seine und ziehe sie dann wieder erschrocken weg. Das ist mir einfach so passiert. Besser, wir reden über private Sicherheitsdienste in Moskau.
„Es gibt unzählige, und sie machen alles Mögliche: von Personenschutz über die Begleitung von Touristengruppen bis hin zu Einsätzen jenseits der Legalität“, berichtet der Generalleutnant. „Gemeinsam ist fast allen, dass sie ehemalige Polizeibeamte und Militärs beschäftigen. Die hatten nach dem Zerfall der UdSSR keine Arbeit mehr.“
„Auch KGB-Leute sollen darunter sein“, ergänze ich.
„Ja, viele sogar. Allerdings: Im KGB hat es sehr unterschiedliche Aufgaben gegeben, da waren nicht alle Agenten wie in den James-Bond-Filmen. Trotzdem scheint es fast so, dass sich Sicherheitsfirmen damit brüsten, Ex-KGB-Leute mit an Bord zu haben.“
„Und was lernt man, wenn man sich von einem solchen privaten Sicherheitsdienst ausbilden lässt?“
„Du redest von den Schulen, in denen man Nahkampf, militärische Abwehrtechniken, Umgang mit Waffen aller Art lernt?“
„Stepanovic, der Connecting Manager von ‚Pure Energy‘, war bei einem Moskauer Sicherheitsdienst“, erzähle ich. „Steht offenbar sogar in seinem Lebenslauf.“
„Man müsste wissen, um welchen Sicherheitsdienst es sich handelt, um einschätzen zu können, was ihm dort beigebracht wurde.“
„Ist das nicht ungewöhnlich?“
„Für Österreich schon, aber im Energiegeschäft läuft eben viel über Moskau. Und dort finden es gewisse Manager nahezu schick, mit ihrer Kampfkraft angeben zu können. Schau dir bloß Putin an: wie er mit nacktem Oberkörper posiert, wie er sich auf der Jagd fotografieren lässt.“
„Ich finde, er sieht total lächerlich aus. Man sieht, dass seine Haut hängt. Sein Bauch ist einfach nicht mehr straff genug.“
„Ein böses Urteil über uns ältere Männer“, witzelt Christoph.
„So hab ich das nicht gemeint. Du bist top in Form, das sieht man.“ O Gott, Mira, so etwas sagt man doch nicht!
Der Generalleutnant lächelt. „Oh, danke. Ich bin ein paar Jahre jünger als er. Aber ich werde mich lieber trotzdem nicht mit nacktem Oberkörper fotografieren lassen.“ Ein unauffälliger Blick auf die Uhr. Ich bemerke ihn trotzdem.
„Du musst nach Budapest.“
„Leider schon ziemlich dringend.“
Wir stehen auf, er sieht sich nach dem Ober um.
„Ich zahle“, sage ich.
Für einen Moment sieht er mich irritiert an. Ist er wohl nicht gewohnt. Aber er scheint flexibel zu sein. „Danke“, sagt er und küsst mich auf beide Wangen. „Ich werde versuchen herauszufinden, bei welchem Sicherheitsdienst dieser Stepanovic ausgebildet worden ist. Interessiert mich selbst. Ein paar Kontakte in diese Richtung habe ich schon …“ Und damit entschwindet mein militärischer Verbindungsoffizier. Richtig geheimnisvoll hat er gewirkt, überlege ich, als ich meinen Cappuccino austrinke und nach der Rechnung rufe. Wahrscheinlich habe ich zu viele Filme gesehen.
Oskar ruft mich an. Er müsse überraschend nach Frankfurt. Nein, mit „Pure Energy“ habe das gar nichts zu tun, oder nur ganz am Rande. Es gäbe Probleme bei der Fusion einer europäischen Spedition. Der griechische Partner sei von den Chinesen aufgekauft worden, jetzt überlegen die Franzosen, auszusteigen. Dabei wäre alles beinahe unter Dach und Fach gewesen. Oskar seufzt. „Ich kann mich schon kaum mehr erinnern, wie einfach vieles vor der Euro-Krise war. In unserer Kanzlei in Frankfurt ist übrigens bekannt, dass mich ‚Pure Energy‘ an Bord holen will. Mein Kollege wollte wissen, ob ich mich schon entschieden habe. Ich werde ihn ein wenig ausfragen.“
„Gute Idee“, stimme ich ihm zu.
„Nicht so, wie du das meinst. Und schon gar nicht fürs ‚Magazin‘
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