Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi
gesucht?“
Wenig später halte ich den Hausdurchsuchungsbefehl in Händen. Er bezieht sich auf Computer und alle Speichermittel, mit denen Fran etwas zu tun gehabt haben könnte. Nachdem Speicherkarten und USB-Sticks inzwischen winzig klein sind, haben sie also die Lizenz, alles zu durchwühlen. Ich bleibe mit verschränkten Armen stehen. Zwei machen sich gerade über das Bücherregal her. Sie versuchen, nicht mehr Unordnung zu machen als notwendig. Oder tun sie das nur, solange ich im Raum bin?
„Valentin Freytag hat hervorragende Beziehungen. Er entwickelt die meisten Fernsehshows, die bei uns laufen.“ Wenn ich die Hoffnung hatte, das würde sie beeindrucken, so habe ich mich geirrt.
„Das Fernsehprogramm gehört sowieso verboten“, murmelt einer der Polizeibeamten stattdessen. Ich gebe es auf, suche Valentin und finde ihn im Garten.
„Vesna tut das alles schrecklich leid“, beginne ich.
Valentin schüttelt müde den Kopf. „Sie kann ja nichts dafür. Sie hat ohnehin alles getan, um Fran zur Vernunft zu bringen.“
„Ich bin mir nicht sicher, ob er wirklich für ‚Cybersolar‘ gehackt hat“, nehme ich ihn in Schutz.
„Ich auch nicht. Aber würden die ohne begründeten Verdacht einen derartigen Aufwand betreiben? Sie müssen ihn überwacht haben. Er übernachtet ja erst seit ein paar Tagen bei uns.“
„Wenn Vesna gewusst hätte …“
Valentin versucht ein Grinsen. „So ist das eben, wenn man zur Frau zwei sehr lebendige und eigentlich schon erwachsene Kinder dazubekommt.“
„Fran und Jana sind dreiundzwanzig. Sie müssen sich selbst dafür verantworten, was sie tun.“ Das müssen sie wohl wirklich. Haben sie Fran gar schon verhaftet? Es schreien doch offenbar alle danach, die „Cyberterroristen“ endlich einzusperren.
Ich versuche Zuckerbrot zu erreichen. In der Polizeikaserne sagt man mir, dass er außer Haus sei. An sein Mobiltelefon geht er nicht. Hat die Polizei das Recht, einfach so in Valentins Privatleben einzudringen? Sie hat es. Bei begründetem Verdacht auf Beteiligung an einer schweren strafbaren Handlung.
Drei Stunden später wird Protokoll geschrieben. Von Vesna und ihren Zwillingen haben wir immer noch nichts gehört. Was, wenn Vesna einen Polizeibeamten angegriffen hat? Ich traue es ihr zu. Oder wenn sie mit Fran geflohen ist? Penibel wird aufgelistet, was man beschlagnahmt: drei Laptops, davon zwei, die Fran gehören dürften, und einen von Vesna. Einen Computer von Valentin. Sein Protest, dass da wichtige Dateien drauf seien und er weiterarbeiten müsse, nützt nichts. Er werde alles so bald wie möglich zurückbekommen. Sieben USB-Sticks. Zwei externe Festplatten. Acht Floppy-Disks.
„Wo haben Sie die denn gefunden?“, fragt Valentin fassungslos. „Ich habe schon lang keinen Computer mehr, der ein Floppy-Laufwerk hat.“
„Dann wird es ja auch keine Problem sein, wenn wir die mitnehmen“, lautet die Antwort.
Für die CDs und DVDs geben wir ihnen einen braunen Papiersack, auf dem „Ich bin umweltfreundlich“ steht. Valentin unterschreibt das Protokoll. Er starrt auf den Sack. Plötzlich beginnt er zu brüllen. „Die kämpfen für eine intakte Umwelt! Ist Ihnen das eigentlich klar? Keine Sau tut etwas dafür, allen ist völlig egal, was die Wissenschaftler sagen! Hauptsache, ein paar Mächtige verdienen Milliarden und füttern damit Politiker und Polizei! Und wenn ein paar Kids übers Ziel hinausschießen, werden sie behandelt wie Schwerverbrecher! Die Schwerverbrecher sind anderswo! Ich werde gegen das alles Protest erheben! Ich werde meine Beziehungen nutzen, das hat ein Nachspiel!“
„Passen Sie bloß auf, dass Sie sich keine Beamtenbeleidigung einhandeln“, sagt der älteste der Polizisten einigermaßen ruhig. „Das mit der Bestechung der Polizei will ich überhört haben.“
„Wenn ich meine Arbeit unterbrechen muss, dann kann das sehr teuer werden!“, tobt Valentin weiter. Soll ich ihn stoppen? Ich wüsste allerdings nicht, wie.
„Haben wir nicht gehört, dass Sie Fernsehshows schreiben? Das wär schon ein großer Verlust …“, spöttelt der lange junge Beamte. Ich habe das Gefühl, gleich geht Valentin ihm an die Gurgel.
„Sie gehören eh selbst zu den Mächtigen, tun Sie sich nichts an“, sagt der ältere Polizist und sieht sich im großzügigen Wohnzimmer der Villa um. „Wir verdienen nur ein paar Euro und sollen uns dann auch noch anschreien lassen, weil wir die Gesetze vollziehen.“
Valentin macht einen gefährlichen Schritt
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