Untergrundkrieg
geboren und war zur Zeit des Anschlags siebenunddreißig. Neben Ikuo Hayashi [nicht verwandt] war er der Älteste im Ministerium für Wissenschaft und Technik und unterstand direkt Hideo Murai. Auch Yasuo Hayashi hat Naturwissenschaften studiert, aber im Gegensatz zur Wissenschaftselite Ikuo Hayashi, Toyoda und Hirose hatte er bereits Erfahrung mit den Härten und Enttäuschungen des Lebens. Sein Vater hatte für die Japanische Bundesbahn ( JR ) gearbeitet und war zwanzig Jahre zuvor gestorben. Yasuo hatte es nie leicht im Leben gehabt. Nur seine Mutter verwöhnte ihn als das jüngste ihrer drei Kinder.
Auf dem zweiten Bildungsweg kam er an die Kogakuin-Universität und studierte Künstliche Intelligenz. Ohne Aussichten auf eine Festanstellung jobbte er bei verschiedenen Firmen und ging dann ins Ausland. In Indien erwachte in ihm ein tiefes religiöses Interesse. In einem Yoga-Ashram lernte er die Aum-Sekte kennen und wurde zum Anhänger von Shoko Asahara. 1988 wurde er Mönch. Anschließend rückte er an die dritte Stelle im Ministerium für Wissenschaft und Technik der Aum-Sekte auf.
Er gilt zwar als einer der strengsten Verfechter der Sekte, hat aber auch eine sanfte Seite und war für viele der Jüngeren eine Art älterer Bruder.
Als alle am Morgen des 20. März während der »praktischen Übung« in Satyam sieben zwei Beutel Sarin erhielten, teilte man Yasuo Hayashi drei zu. Der Extrabeutel war ein fehlerhaftes Exemplar, um das er selbst gebeten hatte. Die Übung gehörte zu jener rituellen »Charakterprüfung«, die Hideo Murai (und wahrscheinlich Asahara) entworfen hatten. Auf die Frage, wer von den fünf den Extrabeutel nehmen würde, meldete sich Yasuo Hayashi sofort, worauf Murai wissend lächelte. »Es war, als hätte er gerade eine Wette gewonnen«, bemerkte Hirose, der dabei war, später etwas niedergeschlagen.
Yasuo Hayashi war von Asahara einmal der Spionage verdächtigt worden, was ihm anscheinend noch in den Knochen steckte. Vielleicht dieser persönlichen Kränkung wegen wollte er sich als besonders tollkühn und hart im Nehmen hervortun. Leider hat diese Einstellung in dem Hibiya-Zug, auf den er angesetzt war, zu den meisten Todesopfern und Verletzten des gesamten Anschlags geführt, denn unglücklicherweise gelang es ihm, alle drei Beutel zu durchstechen.
Yasuo Hayashi wurde von Shigeo Sugimoto zum Bahnhof Ueno gefahren. Unterwegs wickelte er seine drei Beutel mit Sarin sorgfältig in Zeitungspapier ein. Der Zug, den er besteigen sollte, war der um 7.43 aus Kita-Senju kommende A 720 S. Er stieg in den dritten Wagen, ließ seine in Zeitungspapier gewickelten Päckchen fallen und durchlöcherte sie zwei Haltestellen weiter in Akihabara gründlich mit der geschärften Schirmspitze. In Akihabara verließ er den Zug, stieg zu Sugimoto in den Wagen und war gegen halb neun wieder im Ajid in Shibuya. Er hatte seinen Auftrag ohne jedes Zögern erfüllt.
Als der Zug Akihabara verließ, war bereits Sarin ausgetreten und begann zu verdunsten. Schon an der nächsten Station – Kodemmacho – wurde einigen Fahrgästen im dritten Wagen schlecht. Die in Zeitungspapier gewickelten Päckchen wurden entdeckt. Um sie herum hatte sich bereits eine Pfütze gebildet. Ein Fahrgast erkannte in ihnen die Ursache seiner Beschwerden und beförderte das Paket mit dem Fuß auf den engen Bahnsteig von Kodemmacho, wo sich das Sarin-Gas mit großer Geschwindigkeit ausbreitete. Vier Menschen starben, darunter ein Angestellter von Japan Tobacco ( JT ), Herr Eiji Wada.
Inzwischen setzte der A 720 S mit einer Pfütze Sarin in einem seiner Waggons seinen Weg fort. Ningyocho, Kayabacho, Hatchobori … mit jeder Haltestelle vermehrten sich die Opfer. Ein wahrer Höllenexpress.
Um 8.10, gleich nachdem der Zug Hatchobori verlassen hatte, drückte ein Fahrgast auf den Alarmknopf. Den Vorschriften zufolge darf ein Zug jedoch nicht im Tunnel alten, daher fuhr er bis Tsukiji und hielt dort an. Als die Türen sich öffneten, torkelten vier oder fünf Fahrgäste aus dem Wagen und brachen auf dem Bahnsteig zusammen. Erst jetzt bemerkte das Bahnpersonal, dass etwas nicht in Ordnung war. Der A 720 S wurde sofort aus dem Verkehr gezogen und die Ambulanz gerufen. Die erste Mitteilung an die U-Bahn-Zentrale kam vom Zugführer: Nach einer Explosion trete weißer Dampf aus dem Zug aus. Es gebe zahlreiche Verletzte. Demzufolge verbreitete sich zunächst die Nachricht von einer »Bombenexplosion in Tsukiji« auf allen Bahnhöfen. Das Personal
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