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Unternehmen CORE

Unternehmen CORE

Titel: Unternehmen CORE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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niemals zuvor gesehen. Er hatte sandfarbenes Haar und blasse Augen; er war ein wenig älter als die anderen, schwer gebaut, gut gekleidet. Er hätte ein Firmenanwalt sein können. Er hätte auch ein Hollywood-Agent sein können.
    »Ich möchte Ihnen folgendes zeigen«, sagte er – wobei Cyrus, leicht überrascht, feststellte, daß er einen russischen Akzent besaß. Gerken, der keinen Wert darauf legte, seine Ungeduld zu verbergen, nickte Edward zu; Edward drückte den Fernbedienungsknopf, und einer der Projektoren an der entlegenen Wand antwortete mit einem neuen Bild: Es zeigte fahrige schwarze Linien, die sich zu einem dreidimensionalen Bild eines Teils der Erdkruste ausbildeten. Die Auflösung war schrecklich.
    »Was wir hier sehen, ist eine Tiefenstruktur«, sagte Gerken. »Die Tiefenstruktur einer ölhaltigen Region namens IL-R, die unser besonderes Interesse verdient. Diese seismographischen Daten wurden in Martins Labor ausgewertet.« Gerken nickte einem der Männer am Tisch zu. »Und wenn es auch kaum für sich selbst spricht, so ist es doch aufschlußreich, denke ich, verglichen mit dem, was uns vorher zur Verfügung stand.«
    Gerken nickte wieder zu Edward, der die Fernbedienung betätigte. Ein weiteres, ebenso verschwommenes Bild erschien.
    »Das, so glauben wir, ist ein großes Flüssiggasreservoir. Diese gesprenkelte Region, hier.« Gerken ergriff einen Lichtzeiger und ließ den roten Pfeil über einen Teil des Bildes wandern. »Wir haben eine Reihe von diesen Bildern, aus übereinanderliegenden Schichten, wobei leider die Auflösung abnimmt, je weiter wir nach unten gehen. Ich möchte dies entschuldigen. Trotzdem erhalten Sie eine Vorstellung von der potentiellen Größe.«
    Die Projektionen folgten in kurzen Abständen aufeinander. Die verschwommenen Regionen, die Gerken ein Reservoir genannt hatte, schwellten auf der Leinwand an.
    Schwammig, schwammig, schwammig …
    Im Raum war es heiß; irgend etwas stimmte mit der Klimaanlage nicht. Wahrscheinlich verlas sich Cyrus bei den Tiefenangaben neben den projizierten Bildern. Oder es stand dort wirklich vierhundert Kilometer. Cyrus spürte, wie er müde wurde. Gerkens Persönlichkeit verfügte nicht gerade über eine Ausstrahlung, die seine Rede eindringlicher gestaltet hätte. Cyrus war sich sicher, daß unter der Hitze und der schlechten Auflösung etwas von großer Tragweite angesprochen wurde, doch seine Überzeugung entbehrte einer Grundlage oder einer unbewußten Grundlage.
    Die Lichter gingen an. Gerken setzte sich. Edward lächelte, blendend weiß funkelten seine Zähne in dem braunen Gesicht. »Das ist alles. Nächsten Monat wird Dr. Daniel uns von seinen neuesten Druckexperimenten erzählen. Nun, bevor Sie gehen, überreichen Sie mir bitte die oberste Seite und alle diejenigen, die Sie beschrieben haben …«
     
    Cyrus, angetrieben von seinem persönlichem Ehrgeiz und den hohen Erwartungen des Sponsors, verbrachte viel Zeit in seinem Labor; in zwei Jahren hatte er größere Mengen an Hudderit hergestellt als in den zwei Jahrzehnten zuvor am HRI, bevor er sein eigenes Verschwinden organisierte. Seine Erfolge wurden der Welt nicht verkündet. Drei Jahre später hatte er Methoden entwickelt, um komplexe Hudderitstrukturen herzustellen; er ließ sie wie Kristalle an Keramikformen wachsen. Die Welt wußte nichts davon. Cyrus wußte es, und sein Wissen war ihm Bestätigung genug.
    Trotzdem gab es viele Nächte, in denen er nicht schlafen konnte, in denen geschmolzene Eiswürfel in seinen Gingläsern klapperten.
    Das Seltsame an der Selbstmordbotschaft, die er geschrieben hatte – wie viele Jahre war es nun her? –, war, daß sie wahr war. Er wußte nicht mehr genau, was er gesagt hatte, nur, daß er sie geschrieben hatte (es war Edward, der das Ding haben wollte), schnell und ohne sich Zwang antun zu müssen. Darüber, daß er ihren, Gretas und Leidys, Erwartungen nicht gerecht wurde. Etwas über Pech. Er dachte, er liebte seine Frau. Wenn er nun an sie dachte, war alles, was ihm einfiel, daß er sie wirklich geliebt hatte …
     
    New Haven, Connecticut, 1947. In den Jahren nach dem Krieg war im Land eine veränderte Haltung gegenüber Wissenschaftlern spürbar, besonders gegenüber Forschern der »harten« Wissenschaften. Anscheinend konnten sie dazu beitragen, Kriege zu gewinnen; vielleicht konnten sie auch Geld verdienen. Als er seinen Abschluß schließlich in Händen hielt, mangelte es Cyrus nicht an Stellenangeboten. North Eastern bot ihm

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