Unternehmen CORE
rutschte im Sattel hin und her und versuchte, eine bequeme Position zu finden. »Schau, ich möchte, daß du eines weißt. Ich bin nicht besonders gut mit meinem Vater zurechtgekommen. Teilweise mein Fehler, teilweise seiner. Aber ich möchte mit dir zurechtkommen, Josie. Weil ich dich liebe.«
Josie ließ dem weidenden Pferd seinen Willen. »Wie war er?«
Mir viel zu ähnlich, dachte Leidy. Er beugte sich hinüber und griff das Zaumzeug von Josies Pferd. Die beiden Pferde bewegten sich nach Osten, durch hohe Sträucher hindurch. »Manche sagen, dein Großvater war ein Genie. Vielleicht war er das. Dr. McDougal versteht seine Arbeit besser als ich …«
»Ich weiß, er hat Hudderit erfunden«, sagte Josie ungeduldig. »Großmutter hat mir alles davon erzählt. Außerdem war es im Fernsehen.« Josie war der Titel der Kassette aufgefallen, die er diesen Morgen aus dem Recorder geholt hatte; er hatte die Sendung im Fernsehen gesehen.
»Ja. Was willst du über ihn wissen?«
»Ich weiß es nicht.« Josie fragte sich, ob sein Dad absichtlich begriffsstutzig war. »Hat er dich gezwungen, die Hausaufgaben zu machen? Hat er dir dabei geholfen? Habt ihr beiden viel gemeinsam gemacht?«
»Er war nicht oft zu Hause«, sagte Leidy.
»Wie du?«
»Ich habe mir immer seinen Wagen geliehen.«
»Er ließ ihn dir?«
Die Wahrheit. »Ich habe ihn nicht gefragt, anfangs. Er war sauer, als er es herausgefunden hatte. Aber später ließ er mich.«
»Ist er tot, wie sie es im Fernsehen gezeigt haben?«
Leidy konnte nicht antworten.
Josie blieb hartnäckig. »Weißt du es nicht?«
»Jeder sagt, daß er tot ist, Josie«, antwortete Leidy. »Jedenfalls ist er es dem Gesetz nach.«
»Ja, so wie du und Mom nach dem Gesetz verheiratet seid.« Josie warf wütend den Kopf nach hinten.
Sie ließen in brütendem Schweigen die Pferde über die Steine und die rote Erde gehen. Die Tiere waren nun auf den Stall ausgerichtet. Josie beugte sich nach vorne und ließ die Zügel locker. »Los«, sagte er plötzlich und schlug die Absätze seiner Stiefel in die Flanken seines Pferdes. Das Pony schoß los wie ein Katapult auf den entfernten Stall zu; Josies neuer Cowboy-Hut flog davon und landete in einem wuchernden Mesquit-Strauch. Leidy mußte sein Pferd anhalten, um ihn aufzunehmen, bevor er seinem Sohn unbeholfen folgte.
HOUSTON, TEXAS, 1989
Cyrus hätte jederzeit gehen können – fast jederzeit – nach dem Flug im Firmenjet nach Houston. Er hätte ein Taxi zum Flughafen anhalten können, und in wenigen Stunden wäre er vor Gretas Tür gestanden. Oder er hätte sie anrufen können. Er wollte es auch, fast jeden Tag während der ersten eineinhalb Jahre. Er hatte sich jedesmal dagegen entschieden. Was er tat, würde ihnen allen nützen.
Als er das nicht mehr glaubte, war es zu spät. Wie hätte er alles erklären sollen? Wie konnte er es rechtfertigen, Gretas Leben, das sie sich ohne ihn eingerichtet hatte, wieder zu zerstören? Und dennoch fragte er sich manchmal, ob er nicht doch den Mut aufbringen könnte …
In den vierzig Jahren, in denen er gearbeitet hatte, war Cyrus niemals für das, was er tat, Anerkennung zuteil geworden. Die Lobsprüche, die Preise, das Geld war an andere gegangen. Lange Zeit wuchs in ihm Abneigung, denn Glück und Beziehungen waren die Summe eines jeden Lebens; Anstrengungen und Fähigkeiten waren nützlich, aber sekundär. Aber immer hatte Cyrus auf Gerechtigkeit gehofft.
Dann fand ihn Edward Samarri und versprach ihm große Dinge; das größte darunter war die Möglichkeit, das tiefste nur vorstellbare Loch der Erde zu bohren. Einzige Bedingung war totale Geheimhaltung. Wenn das das Glück war, das in sein Leben getreten war, wenn das seine Gerechtigkeit war, dann war er entschlossen, sie zu ergreifen und nicht wieder loszulassen.
Die Forschungseinrichtungen, die Noramar zur Verfügung stellte, befanden sich im alten Industriegebiet Houstons und waren in den ersten Jahren alles andere als großzügig. Seine Büroräume lagen an einem Ende einer Werkzeughalle, die so groß war wie die Lagerhalle eines Stahlwerks, was sie ursprünglich auch gewesen war. Lange Zeit stand sie leer, bis auf sein kleines Labor, doch als sich Cyrus’ Pläne konkretisierten, und er seine Wünsche kundtat, begann sich die weiträumige Halle zu füllen – mit hydraulischen Pressen, sechs Meter hohen Schleuderkammern, riesigen Vakuumkammern, Ionen-Implantationsbeschleunigern und mit Kühlaggregaten für die schnelle
Weitere Kostenlose Bücher