Unternehmen CORE
ausgezeichnete Schiffsmodelle, spezialisiert hatte – und zwischen diese Läden lagen bezaubernde Restaurants und Bars.
Da Edward abgelenkt war, hatte Cyrus alle Zeit, die er wollte, um die Buchhändler entlang der Flußseite aufzusuchen. Kuriose Raritäten waren in den grünen Kisten zu finden, über die haarige junge Männer oder zerfurchte alte Männer, lebhafte junge Frauen oder bissige alte Frauen wachten – eine Auswahl der Pariser Bevölkerung, die nichts gemeinsam hatten außer den Wunsch, mit dem Handel von Gedrucktem Geld zu machen. Ihre Waren enthielten Kupferstiche, die aus alten Botanik- oder Zoologiebüchern geschnitten waren (und ihre neuzeitlichen Fälschungen), Geschichtsbücher über Afrika und Südostasien, Geschichtsbücher über Frankreich, die Juden, Goethes gesammelte Werke, Nietzsches gesammelte Werke, alte Kochbücher, gewichtige und abgegriffene Wälzer über Anthropologie und Mythologie, über amerikanischen Film und Jazz, schmale illustrierte Bände mit manchmal perverser Erotik, Taschenbuchkrimis, weitschweifige Stapel mit Literaturkritik …
Cyrus hatte keine Probleme, eine gute Weltkarte zu finden. Bereits auf dem Mailänder Flughafen hatte er sich die Zeit gemerkt und seine Armbanduhr umgestellt, sobald er eine Uhr erblickt hatte.
Einer der Stände am Quai besaß eine Auswahl an Büchern über Spionage. Am dritten Nachmittag, an dem er hier herumstreunte, fand Cyrus einen englisch geschriebenen Band über die israelischen Geheimdienste. Es gab, so schien es, eine ganze Reihe dieser gebrauchten Bücher in englischer Sprache, etwas für jeden Spionage-Geschmack, geschrieben in einem Stil, der von Skandalchronik bis zum guten grauen Ton der Washington Post reichte.
Cyrus entschied sich für zwei Bücher, zahlte einige Dutzend Francs und nahm sie mit zu einer Bank am Flußufer. Er zog gegen den herbstlichen Oktoberwind seinen Mantelkragen nach oben. Zwei Stunden saß er dort. Als er die Bücher durchgesehen hatte, ließ er sie auf der Bank zurück.
Die Wände des engen Restaurants bestanden aus dreihundert Jahre alten Kalksteinblöcken, an denen meterhohe Filmplakate von Die Kinder des Olymp hingen. Die gesamte Vorderfront war zur Straße hin offen und übersah den Turm von Saint-Germain-des-Prés, der sich gegen die neblige Nacht erhob.
»Hast du jemals von Lakam gehört?« fragte Cyrus, der durch sein zartes Lammkotelett schnitt.
Der Wein, ein Saint-Emilion, glühte im Licht der Paraffin-Lampe auf ihrem Tisch wie ein rötlicher Juwel. Edward nahm sich Zeit, ihre Gläser nachzufüllen. »Nein.«
Seit einem Jahrzehnt hatte er sich spröde gegeben; Cyrus konnte nicht erwarten, ihn in fünf Minuten so weit zu bringen, daß er auftaute. »Ein hebräisches Akronym für Wissenschaftliches Verbindungsbüro.«
»Klingt harmlos.«
»Die Abteilung des Geheimdienstes, die sich mit Nuklearforschung beschäftigt.«
»Wirklich.«
»Lakam besitzt eine interessante Geschichte.«
Edward blickte sich zu den anderen Touristen um, die nahe bei an anderen Tischen saßen. »Warum erzählst du mir nicht morgen mehr davon.«
»Es paßt jetzt hervorragend«, sagte Cyrus fröhlich. »Vor fünfzig Jahren begannen die Israelis, Wissenschaftler in die USA und andere Staaten zu schicken, um dort um atomare Geheimnisse zu bitten, sie zu kaufen und zu stehlen.«
»Ich habe vielleicht davon gehört.«
»Ich brenne darauf, es dir noch einmal zu erzählen.«
In Edwards starrendem Blick lag nichts Melodramatisches, kein Versuch, ihn zu bedrohen. Er atmete nur langsamer und tiefer. »Ich sitze hier und höre dir zu, wenn du leise sprichst.«
Cyrus lächelte. »In den fünfziger Jahren half Frankreich Israel, einen fünfundzwanzig-Megawatt-Schwerwasserreaktor an einem Ort namens Dimona in der Negev-Wüste zu bauen. 1960 gab David Ben-Gurion seine Existenz zu – er sei nur für friedliche Zwecke, sagte er. Trotzdem kann das verbrauchte Brennmaterial eines solchen Reaktors leicht für eine Bombe aufbereitet werden.«
»Ich nehme an, du kennst dich mit solchen Dingen aus«, sagte Edward.
»Israel hat niemals ein Bombenprojekt zugegeben«, fuhr Cyrus fort. »Aber ein Techniker – Sununu, Vanunu, irgendwie so –, der behauptete, an dem Projekt gearbeitet zu haben, floh Mitte der achtziger Jahre nach England. Er lieferte der britischen Presse Fotos von beeindruckend großen unterirdischen Einrichtungen. Einige Tage später wurde er vom Mossad gekidnapped. Du hast schon mal vom Mossad gehört?«
»Oh,
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