Unternehmen CORE
bewegen sich.« Lee war ein kleiner sonnengebräunter, hart aussehender Mann Ende Zwanzig; in seiner Saltville-Wachuniform glich er einem Söldner. Anders als die anderen Wachen, die Cyrus über die Jahre kennengelernt hatte, zeigte Lee – neben einigen wenigen anderen – Interesse für seine Laborarbeit. Wahrscheinlich war jedes neue Thema eine Ablenkung von der Langeweile.
»Der Bohrer bewegt sich als eine Einheit durch das Gestein«, sagte Cyrus. »Die Greifer der Verkleider dehnen sich aus und ziehen sich durch den Druck zusammen, nur wenige Mikrometer in jede Richtung. Kein Teil reibt an einem anderen. Eine Angelleine funktioniert anders. Die Teile greifen ineinander und reiben aneinander.«
Lee beugte sich nach vorne und betrachtete neugierig den Monitor. »Und Sie glauben, Sie haben etwas ganz Neues? Ein neues Schmiermittel?«
»Neu, vielleicht; die Ideen bestehen bereits«, sagte Cyrus. »Wie gut, das weiß ich noch nicht.«
»Werden Sie sie aufkochen und zwischen Diamanten zerquetschen, wie Sie es mir gesagt haben?«
»Das steht noch bevor. Zuerst aber benutze ich diese Computermodelle, um zu Vorhersagen zu kommen.«
Lee überlegte. »Auf diese Weise wissen Sie also, worauf Sie zu achten haben.«
Cyrus nickte. »Im besten Fall. Wenn nicht, dann setze ich mich wieder hin und arbeite an den Modellen.« Cyrus blickte auf und gestattete sich ein halbes Gähnen. »He, danke, daß Sie mich an die Zeit erinnert haben.« Mit einigen Schlägen auf der Tastatur schloß er den Terminal, dann streckte er sich stöhnend. »Dieser verdammte ergonomische Stuhl bringt mich noch um.«
Lee, noch immer fasziniert vom Bild auf dem Monitor, ging. »Sie sind ein kluger Mann, Professor.«
»Danke für das Kompliment. Ich gehe jetzt besser was essen. Hatten Sie schon? Wollen Sie mich nicht ins Kasino begleiten?«
Lee schüttelte den Kopf. »Habe noch den ganzen Turm vor mir.«
»Vielleicht später mal.« Cyrus ging zur Tür, stoppte – schärfte sich ein, seine Müdigkeit nicht zu übertreiben – und wandte sich wieder um. »Lee, ich habe schon seit einiger Zeit über etwas nachgedacht. Ich frage mich, was Sie davon denken.«
»Sir?«
»Was tun wir hier wirklich?«
Lee zog die Augenbrauen nach oben. »Nach Gas bohren.«
»Das haben sie mir auch erzählt.«
»Es ist eine der größten Bohrgesellschaften der Welt.«
»Haben Sie Ihnen einmal erlaubt, das Gelände zu verlassen, seitdem Sie hier sind?«
»Nein, das werden sie auch nicht. Nicht, bevor ich nach Hause zurückkehre. Dann erhalte ich eine schwere Abfindung, um meinen Mund zu halten. Sie haben ein Recht darauf, das, was sie finden, geheimzuhalten, oder?« Lee drückte Cyrus die äußere Tür auf und folgte ihm hinaus in den Gang. »Außerdem ist es zu unserer eigenen Sicherheit. Die Einheimischen mögen Leute wie uns nicht.«
Es kam der Herbst; Edward und Cyrus verließen Saltville in einer Dassault Falcon ohne Kennzeichen. Trotz der Geschwindigkeit des Flugzeugs dauerte der Flug sechs Stunden – die meiste Zeit davon, so nahm Cyrus an, wurde damit verbracht, im Kreis zu fliegen; die Fenster in dem Firmen-Jet waren verschlossen. Edward nützte die Zeit, um ihm einen falschen Lebenslauf und eine fiktive Reiseroute zu verpassen, sowie einen recht überzeugenden kanadischen Paß, der voller Visa-Stempel war – der Paß eines Professors der British Columbia Universität. Cyrus durfte den Paß bei den Flughafenkontrollen benutzen. Ansonsten bewahrte Edward ihn auf.
Sie landeten in Mailand und stiegen in einen Airbus der Air France um. Wenige Stunden später befanden sie sich im Zentrum von Paris.
Sie wohnten in einem kleinen Hotel, in aneinanderliegenden Zimmern, an der Rue Jacob. Es war Anfang Oktober; das Wetter war warm. Das Licht, das durch die Blätter der Kastanienbäume fiel, war grüngolden. Da er angeblich aus British Columbia stammte, wurde von Cyrus nicht verlangt, daß er Französisch sprach. Als sich aber der Himmel bewölkte, Wind aufkam und die Luft kalt wurde und Cyrus auf den Straßen den Satz hörte, le changement du saison, hatte er keine Probleme, ihn zu übersetzen.
Die Änderung der Jahreszeit ließ in Edward den dringenden Wunsch aufkommen, einkaufen zu gehen. Cyrus hatte den Verdacht, daß er die Umgebung teilweise zu diesem Zweck gewählt hatte; sie war voll mit Kunstläden, Antiquitäten-, Porzellan- und Textilgeschäften, Buchhändlern und einem Laden, der sich auf nautisches Zubehör, darunter Messinginstrumente und
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