Unternehmen Hongkong
das Messer hielt, zur Seite, und
versetzte ihm mit der Handkante einen Schlag auf das Nasenbein. Der Knochen
splitterte, und der Mann taumelte nach rückwärts.
Der zweite Eindringling hielt
Tess am Négligé fest, während er zum tödlichen Stich
ausholte. Er sah mich kommen und ließ Tess unvermittelt los, um seine
Aufmerksamkeit auf mich zu konzentrieren. Ich ließ mich aufs Knie fallen,
umschlang sein Bein und sprang dann rasch wieder auf. Mein Vorteil lag darin,
daß ich bestimmt neunzig Pfund schwerer war als er, und das machte sich
sogleich bemerkbar. Wie eine Rakete sauste er in die Luft, und in letzter
Minute fiel mir ein, daß ich jetzt schnell sein Bein loslassen mußte. Er flog
durch den Raum, prallte an die Wand und sackte dann langsam zu Boden, wo er
reglos liegenblieb.
Auch der andere Angreifer lag noch
auf dem Boden, die Hände vor sein Gesicht geschlagen, und jammerte leise. Ich
versetzte ihm einen Fußtritt, und das Gewimmer hörte
auf.
Tess blickte mich aus
aufgerissenen Augen an.
»Wer sind sie ?« fragte sie mit zitternder Stimme.
»Keine Ahnung«, erwiderte ich.
»Aber warum...?«
»Schauen wir mal, was wir
feststellen können«, schlug ich vor.
Ich kniete mich neben den
Chinesen, der mir am nächsten lag, und durchsuchte seine Taschen. Abgesehen von
einer kleinen Summe Geldes fand ich nichts. Plötzlich kam mir ein Gedanke, und
ich zog den Ärmel seines Jacketts hoch. Unmittelbar über dem Handgelenk befand
sich die Tätowierung einer Lilie. Ich trat zu dem anderen Mann und entdeckte
die gleiche Tätowierung an der gleichen Stelle.
»Was bedeutet dieses Zeichen ?« fragte Tess.
»Sie gehören zu den >Brüdern
der Goldenen Lilie<«, erklärte ich.
»Was ?« fragte sie verständnislos.
Ich wiederholte den Namen.
»Ich komme immer noch nicht
mit«, bekannte sie.
»Ich auch nicht ganz«, meinte
ich. »Haben Sie ihre Augen gesehen ?«
»Die werde ich mein Leben lang
nicht vergessen .« Sie schauderte. »Sie sahen aus wie
Wahnsinnige .«
»Im Tran«, sagte ich.
»Rauschgift. Und sie hatten nur einen Gedanken im Kopf: Sie oder uns beide zu
ermorden. Ich möchte gern wissen, wen von uns beiden sie erstechen wollten,
aber das werde ich wohl nie erfahren .«
»Und was werden Sie jetzt mit
ihnen tun ?« fragte sie. »Wollen Sie die Polizei rufen ?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Wenn wir das tun, werden Sie
in die Sache hineingezogen. Die Polizei interessiert sich sowieso schon viel zu
eingehend für meine Belange .«
Ich streckte meine Hand aus.
Tess drückte mir ein Glas zwischen die Finger, und ich trank dankbar einen
tiefen Zug. Neue Tatkraft erwachte in mir. Ich stieß und rollte die beiden
Körper durch das Zimmer zur Tür. Wenig später, durch ein paar wohlgezielte
Püffe wieder zum Leben erweckt, schleppten sich zwei torkelnde, halbbetäubte
chinesische Messerstecher durch den Korridor.
Ich drehte mich um und sah, daß
Tess mich mit leicht geöffnetem Mund anstarrte.
»Andy« — ihre Stimme schwankte.
»Diese Burschen sind gedungene
Mörder«, warnte ich. »Man hat ihnen Geld gegeben, und sie werden wiederkommen .« Ich bückte mich, um den Schmutz von meinen Schuhen zu
wischen. »Wir mögen alle Brüder sein«, fuhr ich fort, »aber für einen Bruder,
der mir das Lebenslicht ausblasen will, empfinde ich nicht die geringste
Sympathie .«
Tess mixte sich noch einen
Drink, und ich war klug genug, mein leeres Glas gleich neben das ihre zu
stellen, damit sie es noch einmal auffüllen konnte. Sie trank einen Schluck und
sah mich dann an.
»Eigentlich sollte ich Ihnen
jetzt danken, daß Sie mir das Leben gerettet haben«, meinte sie.
»Bemühen Sie sich nicht«,
erwiderte ich. »Wird alles auf die Rechnung gesetzt .«
»Sie fallen wohl nie aus der
Rolle, was ?«
»Selten«, stimmte ich zu. »Ich
möchte fünftausend Dollar, ehe wir anfangen. Bei diesem Punkt wurde unsere
Unterhaltung unterbrochen .«
Sie ging zurück zur Couch und
setzte sich.
»Mir ist es recht«, meinte sie
und nickte. »Doch das hängt davon ab, ob Phillippe einverstanden ist .«
»Okay«, sagte ich.
Ihr Atem ging immer noch
hastig.
»Allmählich glaube ich, daß Sie
nicht menschlich sind, Andy«, erklärte sie. »Denken Sie nie an etwas anderes
als ans Geschäft ?«
»Doch«, erwiderte ich. »Alles
zu seiner Zeit, wie der Mann sagte, als seine Frau tot umfiel, bevor sie das
Essen gekocht hatte .«
Wieder klopfte es. Ich blickte
Tess an. »Wollen Sie, daß ich öffne ?«
»Ich glaube, diesmal ist
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