Unternehmen Vendetta
Aspekt des Unternehmens läßt sich mit wenigen Sätzen darstellen. Da Bofors bedeutende Geldmittel für den Freikauf seiner Direktoren zur Verfügung gestellt hatte, die man völlig kostenlos freibekommen hatte, bat man Carl, eine Reisekostenabrechnung vorzulegen. Sie belief sich am Ende auf eine knappe Million. Womit das Unternehmen ein vergleichsweise glänzendes Geschäft gemacht hatte. Luigi Bertoni-Svensson erhielt nach einigen Manipulationen Carls nach dem Aufenthalt auf Sizilien sein erstes Monatsgehalt. Somit erfuhr er nie, daß er in Wahrheit eine private Reise unternommen oder an einer privaten Vendetta teilgenommen hatte, statt im Auftrag des Geheimdiensts Seiner Majestät tätig zu werden.
Nach einiger Zeit kam es in Schweden zu einer erregten Debatte. In der ersten Zeit, als die Wellen der Publizität noch hoch schlugen, ging es nicht nur um die dramatischen Entwicklungen auf Sizilien, sondern in erheblichen Umfang auch um die Erlebnisse der schwedischen Geiseln, ihre Gefühle, ihre Kinder und Familien sowie ihre Berichte über einen Italiener, wie sie zunächst geglaubt hätten, einen Mann, der sich jedoch als Schwede erwies und sie im Namen des schwedischen Generalstabs genau in dem Augenblick in der Freiheit begrüßte, in dem sie schon gemeint hatten, alle Hoffnung fahren lassen zu müssen. Angesicht dieser eher gefühlsbetonten journalistischen Beiträge zum Thema war für Proteste und Einwände kaum Raum. Der Jubel war zu groß, der schwedische Sieg ebenfalls. Nach einiger Zeit tauchte am Horizont jedoch die erste Sturmschwalbe auf, nämlich in Gestalt eines Diskussionsbeitrags in Dagens Nyheter. Darin wurde gefordert, Schweden dürfe sogenannte Agenten mit dem Recht zu töten nicht kreuz und quer durch die Welt schicken. Schweden solle nicht wie einige selbsternannte Weltpolizisten auftreten, und es sei im übrigen beklemmend, die kindliche Begeisterung zu sehen, die das Massenmorden ausgelöst habe.
Dieser Artikel löste eine Flut von weiteren Beiträgen und Leserbriefen aus. Nach einiger Zeit wurden Forderungen laut, man solle die Abteilung beim Generalstab, die beschönigend als operative Sektion des militärischen Nachrichtendiensts bezeichnet werde, ganz einfach abschaffen. In einer Zeit des Friedens und der Abrüstung brauche Schweden eine solche Abteilung nicht mehr zu unterhalten.
Die Antwort des Generalstabs war einfach. Carl Hamilton wurde zu einer langen Interview-Serie mit dem Auslandschef vom Echo des Tages abkommandiert. Ein recht bizarrer Beitrag war die Stunde, in der Carl die Fragen von Hörern beantworten mußte.
Danach wandelte sich das, was eine kritische Debatte hätte werden können, in eine für das OP 5 tödlich gefährliche Debatte. Nunmehr ging es plötzlich um die Verantwortung der Intellektuellen und darum, wie sie sich zu dem sizilianischen Unternehmen gestellt hätten und weshalb. In dieser Debatte ging es auch darum, wann bestimmte Kritiker geboren waren und welche Bedeutung dies möglicherweise für ihre Stellungnahmen oder ihren Mangel an Stellungnahmen haben könne.
Beim Generalstab herrschte bald wieder Ruhe. Alles kehrte wieder zu der gewohnten Ordnung zurück. Man ging überdies davon aus, daß es kaum je wieder zu extremen Situationen wie auf Sizilien kommen könne.
Diese Hoffnung erwies sich jedoch schon bald als außerordentlich naiv. Wer überlegene Waffen besitzt, wird sie auch einsetzen.
Buch
Nicht einmal eingeschrieben ist der Brief, mit dessen unappetitlichem Inhalt das schwedische Außenministerium erpreßt wird: ein abgeschnittener Finger, Absender die sizilianische Mafia. Das heikle Geschäft, mit den Erpressern zu verhandeln, überläßt die schwedische Regierung dem Spitzenagenten Coq Rouge alias Carl Gustaf Gilbert Graf Hamilton und seinem Assistenten und Freund. Beide begreifen bald, daß es nicht nur um Menschenleben und Lösegeld geht, sondern um Waffengeschäfte, die nach dem Golfkrieg die noch stark angeschlagene arabische Ehre wiederherstellen sollen. Als während der Ermittlungen sein Freund in Palermo umgebracht wird, gilt auch für Hamilton nur noch das eine Gesetz, das sonst ein Privileg der Mafia ist: Vendetta!
Autor
Jan Guillou , 1944 in Södertälje geboren, ist mit seinen »Coq-Rouge-Romanen« zum erfolgreichsten Thriller-Autor Schwedens avanciert. Der Journalist und Fernsehmoderator, der selbst unter Spionageverdacht im Gefängnis saß, nahm immer wieder illegale Spionageaktionen seines Landes kritisch unter die
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