Unternehmen Vendetta
eindeutige Versicherungen der italienischen Geschäftspartner zu erhalten, daß es bei dem Geschäft keinen verborgenen Besteller gebe.
Der Verkaufschef von Bofors, Gustaf Hansson, ehemals Major bei der Küstenartillerie, sowie der technische Direktor Johan Carlemar waren daraufhin nach Rom geflogen. Nach Auskunft der schwedischen Botschaft hatten sie jedoch nur ein einziges Treffen mit ihren italienischen Geschäftspartnern gehabt, eine Besprechung, die offenbar nur kurz gewesen und dann vertagt worden sei. Anschließend seien die beiden Männer ganz einfach verschwunden.
Genau das, verschwunden. Die Botschaft in Rom hatte Kontakt mit dem Hotel der beiden Männer aufgenommen, in dem diese ihr Gepäck und andere Dinge zurückgelassen hatten. Sie selbst aber waren wie vom Erdboden verschluckt.
»Der Brief aus Palermo«, fuhr Peter Sorman fort, »wirft also ein bezeichnendes Licht auf die Sache, gibt aber auch zu größter Sorge Anlaß. Dem Inhalt des Briefes nach zu urteilen dürfte der Zeigefinger entweder Carlemar oder Hansson gehören. In der Sache drückt sich der Absender nicht kristallklar aus, aber trotzdem gibt es keinen Zweifel, worauf das Ganze hinausläuft.«
Das Schreiben war an Peter Sorman persönlich adressiert, und nach einigen höflichen einleitenden Phrasen, die angesichts des biologischen Inhalts einen fast makabren Eindruck machten, wurde eine Einladung ausgesprochen, man möge einen Unterhändler ins Grand Hotel et Des Palmes in Palermo schicken, um über »die weitere Entwicklung unserer Geschäfte zu diskutieren, bei denen die Herren Carlemar und Hansson selbstverständlich einen Teil des Preises ausmachen«.
Der Brief war in anscheinend mühelosem, fehlerfreiem Englisch abgefaßt, jedoch auf amerikanische Weise geschrieben. Er wanderte bei den Konferenzteilnehmern von Hand zu Hand.
»Und jetzt«, erklärte Peter Sorman, »können wir zur Diskussion übergehen und eventuell Beschlüsse fassen.«
Den Vorsitz übernahm wie selbstverständlich der Außenminister, nicht nur, weil die Konferenz in seinem Zimmer stattfand - die Herren saßen in einer leicht ächzenden gustavianischen Sofagruppe -, sondern auch, weil er der politische Anführer dieser Gesellschaft war, der erfahrenste Mann. Wäre er zehn Jahre jünger gewesen, wäre er Nachfolger Olof Palmes als Ministerpräsident geworden.
»Also«, begann er. »Unsere offizielle Politik besteht natürlich darin, daß wir niemals mit Terroristen und Verbrechern verhandeln. Das ist ein ausgezeichneter Grundsatz, gegen den wir nur dann verstoßen, wenn es sich als nötig erweist. Prinzipien einerseits, zwei schwedische Menschenleben andererseits. Wollen wir mit der Rechtslage anfangen?«
Aller Augen wandten sich Agnes Corell zu, der Leiterin der Rechtsabteilung. Sie hatte diesen Posten erst vor relativ kurzer Zeit übernommen, war aber kein weiblicher Karriere-Politruk, sondern eine anerkannt tüchtige Richterin, die ebensogut Oberlandesgerichtspräsidentin hätte werden können. Sie war keine Frau, die man einfach überfahren konnte. Sie war höchst korrekt, grauhaarig, für ihren Scharfblick berühmt und dampfte förmlich vor Intelligenz. Dennoch war unmißverständlich zu spüren, daß sie sich unter Politikern nicht ganz wohl fühlte. Ihr Gebiet war die Jurisprudenz, nicht die Politik, und schon die etwas leichtsinnige Darstellung des Problems durch den Außenminister bewirkte, daß sie zwar unbewußt, jedoch für alle sichtbar Lunte roch.
»Was die Rechtslage angeht, läßt sich folgendes sagen«, begann sie kühl, aber ohne zu zögern. »Falls Straftaten dieser Art auf schwedischem Territorium begegnet werden soll, also im Geltungsbereich der schwedischen Rechtsprechung, könnte man für die Anwendung des Notstandsrechts grünes Licht geben. Wenn ich mich recht erinnere, hat sich die Regierung bei mehreren Gelegenheiten solche Freiheiten genommen, die anschließend vom Verfassungsausschuß untersucht und gebilligt worden sind. Dabei ging es um verschiedene Entführungsdramen, die Geiselnahme auf Norrmalmstorg, die Bulltofta-Geschichte und vielleicht ein paar andere Fälle. Insoweit gibt es keine rechtlichen Probleme, da sind wir der ermessensmäßigen Beurteilung durch die Regierung ausgeliefert.«
»Na, na«, sagte der Außenminister - er war ein wenig verletzt -, »wir könnten dem mehr oder weniger klugen Ermessen der Regierung ausgeliefert sein. Aber es geht doch jetzt um Italien?«
»Völlig richtig«, fuhr die Leiterin der
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