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Unterwegs im Namen des Herrn

Unterwegs im Namen des Herrn

Titel: Unterwegs im Namen des Herrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Glavinic
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Muttergottes den Kindern zum ersten Mal erschienen und so weiter. Ich kriege nicht alle Details mit, weil ich, meinen achten Travelgum kauend, geradeaus schaue und möglichst selten den Kopf drehe.
    »Ja, zwei Sachen noch«, sagt der Reiseleiter. »Erstens, wenns Not habts, gehts lieber in die Hotels, die öffentlichen Klos sind überlaufen, da stehts eine Stunde an, und es druckt. Und zweitens, den Bettlern nix geben! Die kriegen einmal die Woche von der Kirche was! Aber weil das den meisten Bettlern wohl zu wenig ist, betteln sie im Ort, da kriegen sie mehr! Denen gebts nix!«

4. Kapitel
    Ingo ohne Empfang – Zimmer beziehen – Wir brechen das Brot mit den anderen Pilgern – Die Liebe Gottes erfahren – Was ist eine Anbetung? – Gospastände – Gin Tonic und der unfreundliche Kellner – Der Postbote kommt – Der Perseidenschauer
     
    Medjugorje sieht aus, wie man sich als Mitteleuropäer einen Ort in Bosnien vorstellt. Das Dorf, durch das wir rollen, hat eine gut asphaltierte Hauptstraße, doch manche Seitenstraßen bestehen nur aus ein paar Häusern, vor denen Kinder in einer Staubwolke Fußball spielen, träge beobachtet von klapprigen Hunden mit struppigem Fell.
    Viel Gelegenheit, erste Eindrücke zu sammeln, habe ich allerdings nicht, denn die Pension von Frau Ljudmila ist rasch gefunden. Wir laden unser Gepäck aus und stellen uns für die Zimmervergabe an. Der Reiseleiter verteilt die Schlüssel. Ich übernehme unseren, der Reiseleiter würdigt mich dabei wieder keines Blickes. Allmählich frage ich mich, ob ich ihm einmal unter vier Augen erklären sollte, dass ich mich über ihn und all das hier nicht lustig machen will, sondern bloß neugierig bin. Ich befürchte jedoch, das würde nicht viel helfen.
    »Hast du Empfang?«, fragt mich Ingo, als ich mit dem Schlüssel zu ihm trete, während er nervös mit seinem Handy herumspielt.
    »Ja«, sage ich nach einem kurzen Blick auf das Display.
    »Wieso habe ich dann keinen?«
    »Gibt’s ja nicht, lass sehen … ja, stimmt.«
    »Na, und was mache ich jetzt?«
    »Das klärt sich schon. Komm, lass uns rauf …«
    »Ohne Empfang kann mich Tanja nicht erreichen!«
    »Du wirst schon deinen Empfang haben. Wir lösen das …«
    »Verstehst du, wenn es heute losgeht – die erreicht mich nicht! Die glaubt wer weiß was!«
    »Also hör doch auf, erstens weiß die, dass du nicht in Mitteleuropa unterwegs bist, und zweitens lösen wir das Problem, du wirst sehen! Lass uns mal duschen, was essen und so.«
    Ich schnappe mir meinen Koffer. Ingo folgt mir zögernd.
    »Außerdem, sie kann ja mich anrufen!«, sage ich über die Schulter nach hinten.
     
    Es gibt keine Minibar und keinen Fernseher. Das Zimmer ist winzig, und ich hadere einige Minuten lang mit meiner Entscheidung, ein Doppel- anstatt zwei Einzelzimmer gebucht zu haben. Damals war mir der Gedanke logisch und amüsant erschienen, aber ich weiß, was sich Ingo gerade denkt, nach vierzehn Stunden im Bus. Nämlich dasselbe wie ich: Platz! Ruhe! Wir sind aufeinander jedoch erstaunlich gut eingespielt, und es gibt keine Probleme. Jeder legt sich für zehn Minuten auf sein Bett, er mit seinem Handy, ich mit einem Buch, ich gehe duschen, er geht duschen, wir ziehen uns um, das wars.
    »Und, wie stehts mit Empfang?«, frage ich.
    Er knurrt etwas, er sieht nicht gerade glücklich aus. Um ihn abzulenken, schlage ich vor, eine Kneipe zu suchen undein Bier zu trinken. Im Speisesaal erfahren wir jedoch, dass es in zwanzig Minuten Abendessen gibt. Der Reiseleiter fehlt, die meisten Pilger sind schon da, sie scheinen sich nicht lange im Zimmer aufgehalten zu haben.
    Es sind drei große Tische vorbereitet, an allen wird bereits der Hauswein getrunken, der eine etwas dubiose Farbe hat. Ich bediene mich, aber nach dem ersten Schluck stelle ich das Glas weg und nehme mir lieber Mineralwasser. Mit Frau Ljudmila, die eine sehr herzliche Ausstrahlung und einen Schnurrbart hat, wechsle ich am Tresen drei Sätze auf Kroatisch. Neben mir steht der Postbote, er wirkt ziemlich weggetreten. Auch Intschu-Tschuna ist da, er stärkt sich mit einem Schokoriegel und versucht Fliegen zu fangen.
    Ingo und der Kappenmann unterhalten sich. Sie finden heraus, dass der alte Herr aus dem Salzburger Ort kommt, in dem Ingo ein Wochenendhaus hat.
    »Was?«
    »Mein Wochenendhaus ist dort.«
    »Die Firma?«
    »Nein, mein Haus. Am Wochenende sind wir manchmal dort.«
    »Wie heißt die Firma?«
    »Wo-chen-end-haus!«
    Im Saal hat es gefühlte 40 Grad bei

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