Untitled
nur eindeutig fertig gemalte Bilder, und das nicht, weil Pirandello die vorausgehenden Versuche vernichtet hat. Er war in der Lage ein Bild innerhalb von zweieinhalb Stunden fertigzustellen und begriff daher nicht das Zögern, die Zweifel, die Überlegungen, die nur halb ausgeführten Leinwände seines Sohnes.
Übrigens gibt es eine bezeichnende Episode, die sogar auf den Juli 1919 zurückgeht. Während eines Ferienaufenthalts der Pirandellos in Viareggio mit ihren Freunden Frateili wollte Fausto ein Porträt von Signora Frateili anfertigen. Signora Frateili saß geduldig einige Tage lang Modell, und schließlich war das Porträt fertig. Doch Fausto war nicht zufrieden damit, und mit einem Spachtelschlag zerstörte er es. Luigi, der dabei war, ärgerte sich:
»Was soll das? Hast du Signora Frateili etwa so lange Zeit für nichts und wieder nichts bemüht?«
Er ließ sich von Fausto eine Holzplatte und Farben geben und machte das Porträt in zwei Stunden. Zufrieden zeigte er es herum, ohne auch nur im geringsten an die Demütigung zu denken, die er seinem Sohn zufügte. Vielleicht glaubte Luigi, bei einem dieser Malwettstreite zu sein, die er in der Vergangenheit mit seinem Freund Ugo Fleres ausgetragen hatte.
Scheu, eigenbrödlerisch, qualvoll suchend, begreift Fausto auf der Stelle, welche Gefahr die Einmischung seines Vaters in seine Kunst mit sich bringt und entzieht sich dem gekonnt (D u weißt ja, wie Fausto ist).
Ende 1927 begibt sich Fausto mit Capogrossi nach Paris. Dort bleibt er drei Jahre, vertieft seine Beobachtung von Picasso und Cézanne und besucht die Gruppe der Italiener, zu der unter anderem Severini und de Chirico, Campigli und Savinio gehören.
Am 5. August 1928 wird in Paris sein Sohn Pier Luigi geboren. Er bemerkt in einer Art Tagebuch:
»… der Sohn ist geboren: er wirkt nun wirklich gewalttätig… Ich habe im Atelier geweint über dieses freudige Ereignis, denn die wichtige Funktion eines Vaters war für mich neu: was sie bedeutet, worauf es ankommt, wie sie gesehen und gelöst werden muß. Und weil das mit Malerei gar nichts zu tun hat, habe ich von mir ein unnützes Bild mit Gefühl geschaffen, vor dem Spiegel.«
Eifersüchtig auf sein Leben, teilt er niemandem ein Wort mit. Luigi erfahrt nur zufällig von einem Freund, daß Fausto einen Hausstand gründet hat und daß es ein Kind gibt, einen Jungen. Sein ganzes Leben lang wird Fausto für ihn der vielgeliebte Fremdling bleiben. Was hat er nur getan, daß der Sohn sich so fern von ihm hält?
Er ist ebenfalls eine Wiederholung, eine schmerzliche, eine Wiederholung dessen, was zwischen ihm und Don Stefano vorgefallen war, nur daß es hier nicht um Auseinandersetzungen oder Dramatisches ging. Du weißt doch, wie Fausto ist. Und Maria Luisa Aguirre D'Amico schreibt über Fausto:
»Ihm Vorhaltungen über seine Entscheidungen zu machen, war, wie wenn man ihn daran hindern würde zu arbeiten. Und sein Leben identifizierte sich in seiner Arbeit. Er wollte nicht von ihr abgelenkt werden.«
Und sein Vater hielt ihm seine Entscheidungen vor, sobald sich eine Gelegenheit dazu bot. Am 1. Juni 1928 schreibt Pirandello von Pordenone aus an seinen Sohn in Paris:
Es ist eigentümlich, wie Du, der Du das, was in Dir vorgeht, so gut erkennen und, ausdrücken kannst, dann nicht den Weg findest, um aus diesen bedrückenden Geistesverfassungen herauszukommen. Warum schaust Du, wenn Du zu malen beginnst, mit den Augen der anderen, Du, der Du so gute Augen hast, um in Dich hineinzusehen? Du mußt Dich von jeder quälenden Sorge um Modernität frei machen und aufhören, so zu malen, wie heute alle malen, nämlich häßlich. In Venedig habe ich Maler des zwanzigsten Jahrhunderts gesehen: Grauenvolles auf der einen Seite und fader Akademismus auf der anderen. Und alle gleich. Das ist wirklich eine scheußliche Verirrung, deren Ende noch nicht abzusehen ist. Um wieder unschuldig zu werden, kritzeln sie wie kleine Kinder, um sich als Wissende darzustellen, kopieren sie kalt und töricht. Keinerlei Aufrichtigkeit. Nichtiges Bemühen. Abscheu vor aller Natürlichkeit, vor jeder spontanen Hingabe. Und niemand denkt, daß der einzige moderne Maler, der wirklich etwas geschaffen hat, das er selbst ist, Spadini war, und zwar aus dem einzigen und überaus einfachen Grund: irgendwann wollte er einfach nichts mehr wissen und gab sich nur der Freude am Malen dessen hin, wie er sah, und dessen, was er sah. Einen anderen Weg, eine
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