Untitled
über. »Kapitän Arflane rettete Ulrica das Leben. Später tat Cousin Urquart noch einmal dasselbe, indem er den Wal tötete. Wollen Sie den Rettern nicht danken, Mylord?«
»Ich habe mir beide Beine gebrochen«, sagte Janek Ulsenn.
Ulrica sprach zum erstenmal. Ihre Stimme klang unsicher, so als habe sie sich noch nicht ganz von dem Schock erholt. »Ich bin Ihnen sehr dankbar, Kapitän Arflane. Sie scheinen es sich zur Aufgabe gemacht zu haben, die Rorsefnes zu retten.« Sie sah Urquart an. »Danke, Long Lance. Ihr seid tapfere Männer.« Aus dem Blick, den sie ihrem Mann zuwarf, sprach reine Verachtung. Janeks Gesichtsausdruck, schon verzerrt von den Schmerzen seiner gebrochenen Beine, nahm etwas Drohendes an. Er sagte scharf: »Dort ist ein Schiff, mit dem wir zurückfahren werden.« Er machte eine Kopfbewegung.
Als Ulrica ihrem Mann, der von den beiden Männern wegge
tragen wurde, gehorsam folgte, trat Arflane einen Schritt vor. Doch Manfred Rorsefne griff nach seiner Schulter und sagte ernst: »Ulrica ist seine Frau.« Als Arflane die Hand abschütteln wollte, fügte Manfred hinzu: »Sicher respektieren Sie unsere alten Sitten und Gebräuche – nicht wahr, Kapitän?« Arflane spie auf das Eis.
7
Lord Pyotr Rorsefne war während der Waljagd zu Hause gestorben. Zwei Tage später fand das Begräbnis statt.
An jenem Tag wurden auch Brenn von der Tender Maiden und Haeber, der Erste Offizier der Jacht, zur letzten Ruhe gebettet. Noch drei weitere Begräbnisse fanden statt, aber nur Lord Rorsefne war offensichtlich eine große Trauerfeier wert. Arflane blickte über das Eis mit den kleinen Schneewirbeln und konnte die drei getrennten Gruppen sehen. Er dachte daran, daß die Rorsefnes den Tod von Haeber und seines alten Freundes Brenn verschuldet hatten, aber er spürte keine Verbitterung.
Etwas entfernt sah er rechts und links die schwarzen Schlitten mit den Leichen Brenns und Haebers. Vor ihm zog die Trauerprozession Pyotr Rorsefnes, der er selbst angehörte. Er fuhr hinter den Angehörigen und vor den Dienern des Hauses und anderen Trauergästen. Arflanes Gesicht war ernst, aber er spürte keinerlei nennenswerte Rührung, obwohl ihn der Tod Pyotr Rorsefnes anfangs erschüttert hatte.
Arflane trug einen schwarzen Trauermantel aus Robbenfell, auf den die roten Insignien der Rorsefne-Sippe gestickt waren. Er saß auf einem von Wölfen gezogenen Schlitten mit schwarzgefärbten Pelzdecken. Er führte die Leinen selbst. Manfred Rorsefne und Ulrica, die Tochter des Toten, saßen – ebenfalls in Schwarz – auf einem anderen Schlitten, der von schwarzen Wölfen gezogen wurde. Hinter ihnen kamen die verschiedenen Angehörigen der Rorsefne- und UlsennFamilien. Janek Ulsenn konnte infolge seiner Verletzungen nicht an der Trauerfeier teilnehmen. Der erste Schlitten dieser Prozession trug den Sarg mit dem toten Lord.
Dichte weiße Wolken verdeckten die Sonne. Es schneite leicht, als das Grab sichtbar wurde. Die Eisblöcke, die ausgehoben waren, standen glitzernd daneben. Über dem Grab war ein großer Ladebaum, mit dessen Hilfe man die Blöcke herausgehoben hatte. Er zeichnete sich schon von weitem auf der kalten Himmelsfläche ab und erinnerte an einen Galgen. Eine reglose Gestalt stand neben den Eisblöcken. Es war Urquart, dessen Gesicht so ernst aussah wie immer und der auch seine Harpune trug wie immer. Schneeflocken fielen auf seine aufgetürmte Haartracht und seine Schultern. Er sah aus wie ein Angehöriger der Hierarchie der Mutter des Eises.
Schließlich hielt die Prozession neben dem schwarzen Loch im Eis. Wind kam auf, zerrte an den Mänteln der Trauernden und riß die Kapuze von Ulricas Kopf. Arflane sah ihr tränenüberströmtes Gesicht, als sie die Kapuze wieder aufsetzte. Manfred Rorsefne, seinen gebrochenen Arm in einer Schlinge unter dem Mantel, nickte Arflane zu. Sie stiegen von ihren Schlitten und näherten sich, zusammen mit vier männlichen Verwandten, dem Sarg.
Manfred schirrte, gemeinsam mit einem ungefähr fünfzehnjährigen Jungen, die schwarzen Wölfe ab und reichte die Leinen zwei Dienern, die schon bereitstanden. Dann wurde der schwere Schlitten in die Grube geschoben.
Er balancierte einen Moment auf der Kante, glitt dann zögernd darüber hinweg und verschwand in der Dunkelheit. Sie hörten den polternden Aufschlag. Dann gingen sie zu den aufgetürmten Eisblöcken, um sie hinunterzuwerfen. Aber Urquart hatte schon den ersten Block mit beiden Händen ge
packt. Die Harpune lag neben
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