Untitled
Friesgalt zurückkehren. Nach seiner Rückkehr geht der Schoner und alles, was er an Bord hat, in seinen Besitz über. Meine Tochter Ulrica und mein Neffe Manfred sollen Kapitän Arflane auf seiner Expedition begleiten. Kapitän Arflane hat die volle Befehlsgewalt über alle Personen, die sich auf dem Schoner befinden. – Pyotr Rorsefne von Friesgalt.‹«
Ulsenn, der zusammengesunken war, richtete sich wieder auf und funkelte Arflane an. »Der Alte hatte Fieber und war bei der Abfassung des Testaments nicht zurechnungsfähig. Vergiß diese Bedingungen, entlasse Kapitän Arflane und teile das Vermögen auf. Würdest du vielleicht an einem weiteren Wahnsinnsausflug teilnehmen? Die erste Reise stand unter einem schlechten Vorzeichen, was auch für die zweite Reise Gültigkeit haben dürfte.«
»Bei der Mutter des Eises, Cousin, wie abergläubisch bist du geworden«, murmelte Manfred Rorsefne. »Du weißt, daß das Testament ungültig wird, wenn wir einen Teil davon unbeachtet lassen. Bedenke, daß es nur von Vorteil für dich ist, wenn wir für alle Zeiten verschwinden. Mein Anteil und der Anteil deiner Frau würden dich zum mächtigsten Mann machen, der jemals auf dem Plateau der acht Städte geherrscht hat.« »Reichtum kümmert mich nicht, denn ich bin schon reich genug. Aber ich möchte meine Frau beschützen!«
Wieder lächelte Manfred Rorsefne sein zynisches Lächeln und erinnerte damit Ulsenn daran, daß er seine Frau an Bord der Jacht im Stich gelassen hatte.
Steinernen Gesichts stand Ulrica Ulsenn auf und sagte: »Man sollte meinen Mann am besten zu Bett bringen.«
Arflane und Manfred hoben die Tragbahre auf und folgten Ulrica in Ulsenns Schlafzimmer. Dort hoben ihn Diener von der Bahre und legten ihn ins Bett. Er war einer Ohnmacht nahe; sein Gesicht war blaß vor Schmerz, aber er schimpfte weiter. »Ich frage mich, ob er den Entschluß fassen wird, uns zu begleiten«, sagte Manfred, als sie das Zimmer verlassen hatten. »Oder er stellt letzten Endes fest, daß seine neuen Pflichten als Lord ihn in der Stadt zurückhalten.«
Zu dritt kehrten sie in einen der Haupträume zurück. Arflane ließ sich auf eine Couch sinken. Ulrica nahm ihm gegenüber Platz und senkte den Blick. Nur ihre schmalgliedrigen, langen Finger bewegten sich rastlos. Manfred blieb stehen.
»Ich muß den Letzten Willen meines Onkels proklamieren«, sagte er. »Wenigstens den größten Teil davon.«
Zu diesem Zweck mußte er in der obersten Etage Aufstellung nehmen, zu allen Bürgern sprechen und durch ein Megaphon den Wortlaut des Testaments wiederholen.
Friesgalt betrauerte Pyotr Rorsefne in der traditionellen Weise. Es wurde nicht gearbeitet, und die Einwohner hielten sich drei Tage lang in ihren Wohnhöhlen auf.
Manfred ging, Ulrica blieb noch im Raum und befahl einem Diener, heißen Tee zu bringen. »Möchten Sie auch etwas trinken, Kapitän?« fragte sie leise.
Arflane nickte und sah sie neugierig an. Sie stand auf, ging planlos herum und tat, als interessiere sie sich für die Motive der Wandbehänge, die ihr mehr als bekannt sein mußten. Schließlich sagte Arflane: »Sie sollten sich wirklich keine Vorwürfe machen, Lady Ulsenn.«
Sie drehte sich nach ihm um und zog ihre Augenbrauen empor. »Vorwürfe? Was meinen Sie damit?«
»Sie haben Ihren Vater nicht verlassen. Wir alle glaubten, daß er sich wieder völlig erholen würde. Das sagte er selbst. Nein, Sie haben keine Schuld.«
»Ich danke Ihnen«, sagte sie und senkte wieder den Kopf. »Ich wußte übrigens gar nicht, daß ich etwas damit zu tun habe …«
»Tut mir leid, daß ich darauf zu sprechen kam.« Er stand auf, ging auf sie zu und nahm ihre Hände ungeschickt in die seinen. »Sie sind stark, Kapitän Arflane«, murmelte sie. »Ich bin so schwach.«
»Das ist nicht wahr, Ma’am«, sagte er mit schwerer Stimme. Sie entzog ihm behutsam ihre Hände und nahm wieder auf der Couch Platz. Der Diener servierte den Tee auf dem kleinen Tisch und ging hinaus. Sie goß eine Tasse ein und reichte sie ihm.
»Ich dachte gerade daran, daß Sie die Energie Ihres Vaters haben«, sagte er.
»Sie haben meinen Vater nicht gekannt«, erwiderte sie leise. »Gut genug, denke ich. Sie vergessen, daß ich ihn gesehen habe, als er dem Tode nahe war und sich völlig allein glaubte. Was ich damals für ihn empfand, das empfinde ich jetzt für Sie. Ich würde ihm nie das Leben gerettet haben, wenn ich nicht seine charakterlichen Qualitäten erkannt hätte.« Sie seufzte tief, und
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