Untitled
gleichmäßig atmen.
Weil Gina nämlich nicht in ihrem Hotelzimmer auf ihn warten würde. So leicht und einfach war das Leben eben nicht.
Er hatte immer noch keine Ahnung, wieso sie überhaupt aus Kenia abgereist oder mit wem sie eigentlich unterwegs war.
»Soll ich mitkommen?«, wollte Jules nun wissen. »Ins Hotel? Damit du nicht noch einmal stolperst und dir dabei vielleicht die Nase brichst und …«
Max schüttelte den Kopf. »Ich brauche dich hier.« Jules war außer Max der Einzige, der Gina identifizieren konnte.
Es bestand ja immer noch die Möglichkeit, dass sie in einer dieser Kisten lag, dass ihre Leiche einfach vertauscht worden war.
Und es bestand immer noch die noch viel größere Möglichkeit, dass sie für die Heimreise eine dieser Kisten benötigen würde.
Das durfte er nicht vergessen.
Selbst wenn sie noch am Leben sein sollte – sie wurde vermisst.
Aber wahrscheinlich war sie nicht mehr am Leben. Denn selbst wenn sie nicht bei der Bombenexplosion getötet worden war, dann war ihr Pass vielleicht von jemandem g e stohlen worden, der nicht wollte, dass sie den Diebstahl a n zeigte. Im besten Fall lag sie irgendwo gefesselt und g e knebelt in einem alten Keller. Im schlechtesten Fall bereits unter dem lehmigen Boden des Kellers.
Trotz alledem: Max’ Chancen, Gina lebendig wieder zu finden, waren größer, als sie gewesen waren, bevor er diesen Raum betreten hatte. Und dafür war er dankbar.
Jules hatte die Hand an der Türklinke. Seine Körpersprache war eindeutig: Bist du bereit?
Max wischte sich noch ein letztes Mal die Tränen aus dem Gesicht. Er war so bereit, wie es nur irgend ging, aber zuerst räusperte er sich. »Danke.«
Vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben versuchte Jules Cassidy nicht, witzig zu sein. Er machte auch sonst kein großes Aufhebens. Er nickte nur, stieß die Tür auf und sagte: »Mehr als gern geschehen, Sir.« Dann gingen sie beide hinaus.
Sir.
Nicht »Süßer«. Nicht einmal Max.
Nicht hier draußen, wo vielleicht jemand mithörte.
Aber als sie den Flur entlanggingen und sich Frisk und dem Sicherheitsbeamten näherten, konnte Jules sich nicht länger beherrschen. »Um noch mal auf die Beförderung zurückzukommen«, murmelte er so leise, dass selbst Max ihn kaum verstehen konnte. »Die ist doch jetzt in trockenen Tüchern, oder, Mr. Heulsuse?«
Und Max machte etwas, was er noch vor einer Stunde, als er den Hamburger Flughafen betreten hatte, um Ginas Leiche für den Heimtransport zu identifizieren, niemals mehr für möglich gehalten hätte.
Er lachte.
Kenia, Afrika
23. Februar 2005
Vor vier Monaten
Es war schon nach Mitternacht, als Molly endlich zu ihm ins Zelt kam.
Jones hatte darauf gewartet, hatte auf sie gewartet, und er wusste, was er zu tun hatte.
Ihm war nur nicht klar gewesen, wie schwierig es werden würde.
»Du kannst hier nicht reinkommen«, sagte er, aber sie fiel ihm ins Wort, noch während sie sich ins Innere schob.
»Niemand hat mich gesehen«, widersprach sie, und dann küsste sie ihn.
Was hatte er sich eigentlich gedacht? Dass Molly in aller Demut draußen warten würde, dass sie verstehen würde, dass die Bedrohung zwar minimal, aber eben nicht völlig aus der Welt war und dass sie nicht sicher sein konnten, dass sie nicht doch gesehen worden war?
Und, mein Gott, hatte er wirklich – wie blöd von ihm – g e glaubt, dass er, wenn er so wie jetzt mit ihr alleine war, in der Lage sein würde zurückzuweichen und sie zu bitten, ihn nicht zu küssen?
Er hatte sich eine Ewigkeit lang danach gesehnt, bei ihr sein zu können – es war eine gottverdammt lange Zeit g e wesen …
Sie küsste ihn wie der Teufel. Und er, Held der er war, hielt sich nicht zurück und küsste sie wie der Teufel zurück.
Er küsste sie, obwohl er wusste, dass er das nicht sollte, nicht durfte. Weil, scheiß drauf. Sie drückte sich an ihn und loderte in seinen Armen, während seine Augen beinahe in den Höhlen rotierten, so sehr hatte er sie die ganzen letzten Jahre über begehrt.
Sie fasste ihn an, ließ die Hände über seinen Rücken und seine Schultern gleiten, seinen Hals hinauf und durch seine Haare, als wollte sie sich versichern, dass er auch wirklich vollständig war. Als wahrer Gentleman lagen all seine Konzentration und seine Hände auf ihrem bewundernswerten Arsch. Da öffnete sie sich, schlang ein Bein um ihn und ve r suchte ihm dadurch noch näher zu kommen.
»Du bist so dünn«, keuchte sie. »Und dann der Stock … ist
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