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Untitled

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: nanu
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aber es war immer noch ein ziemlich grimmiges Grinsen. »Du hättest mich lassen sollen. Ich hätte ihn für dich umgebracht.«
    »Es bringt dich immer noch um den Verstand, stimmt’s?«, fragte Gina. »Das, was mir im Flugzeug zugestoßen ist.« Sie wartete seine Antwort nicht ab. »Du hättest mal sehen sollen, wie verkrampft du geworden bist, als er diese blöde B e merkung über die Entschädigung gemacht hat. Wir müssen unbedingt einmal darüber reden. In zwei Wochen vielleicht …?«
    Sie hatte gehofft, dass ihre Anspielung auf das Gespräch von vorhin ihm zumindest ein Lächeln entlocken würde, aber er biss die Zähne nur noch fester aufeinander.
    Sie beugte sich über den Tisch und küsste ihn. Er kam ihr zwar nicht gerade entgegen, wich aber auch nicht zurück.
    »Sein Flug geht morgen um halb eins«, sagte sie dann. »Ich bringe ihn zum Flughafen. Dann treffen wir uns nach deinem Billardspiel in deinem Zimmer. Du wirst mich ohne Schwierigkeiten erkennen: Ich bin die Frau, die mit einem Picknickkorb auf deinem Bett sitzt und bald schon nackt ist.«
    Sie küsste ihn noch einmal und war auf dem Weg zur Tür, noch bevor er etwas sagen konnte.
    Natürlich war es durchaus möglich, dass er gar nicht kommen würde. Dass er – wie hatte Victor es formuliert? – diesen Reizen einfach den Rücken kehrte.
    Doch dann blickte sie noch einmal zurück und sah das Feuer in seinen Augen.
    Und wusste, dass er da sein würde.

5
    Hamburg, Deutschland
    21. Juni 2005
    Gegenwart
     
    Ginas Leiche war am Flughafen aufgebahrt.
    Der hochrangige FBI-Teamleiter Walter Frisk persönlich holte Max im Flugzeug ab – das musste Jules Cassidy ve r anlasst haben.
    Frisk beschränkte sich darauf, Max die Hand zu schütteln und eine extrem kurze Bemerkung über Trauer und Verlust vor sich hinzunuscheln. Dann nutzte er seinen Einfluss bei den hiesigen Dienststellen und brachte sie ohne Aufenthalt durch den Zoll, durch den Flughafen und hinunter in die Leichenhalle des Flughafens.
    Auch das geschah alles auf Jules’ Veranlassung hin. Der Junior-Agent hatte Mut, so viel stand jedenfalls fest. Vor der Tür, hinter der die Leiche lag, bedankte sich Jules bei Frisk und schickte ihn dann höflich, aber bestimmt weg, indem er ihm sagte – nicht ihn bat –, er solle draußen im Hauptflur bei den Sicherheitsbeamten warten.
    Damit Max die Gelegenheit hatte, alleine hineinzugehen.
    Was er auch tat. Urplötzlich hatte er Bleigewichte an den Beinen. So schlimm die vergangenen gut zwanzig Stunden gewesen waren, die nächsten Minuten würden weit schlimmer werden, und er wappnete sich.
    Gina lag nicht als Einzige dort. Dutzende der weißen, Raumkapseln ähnelnden Särge standen, mit Namensschildern versehen, an der Wand aufgereiht. Darin lagen zweifellos die anderen Opfer des Terroranschlags, dazu Touristen, die Opfer von Herzinfarkten und Autounfällen geworden waren, sowie ein paar Exilanten, die endlich bereit waren, die Heimreise anzutreten.
    Irgendjemand hatte Ginas geöffneten Behälter – Max war einfach nicht in der Lage, darin einen Sarg zu sehen – auf einen Tisch in der Mitte des Raumes gestellt. Außerdem hatten sie ihr ein weißes Laken über das Gesicht gezogen. Er stand da und starrte die Konturen ihres Gesichts an, die sich unter dem Tuch abzeichneten.
    Ihre auffällige Nase.
    Gina hatte immer lachend von ihrem Schnabel gesprochen. Ihre Freikarte für eine extra große Portion Tiramisu, wenn sie in Little Italy essen ging.
    Er hatte ihr nie gesagt, dass diese Nase ihr eine noch größere, exotische Schönheit verlieh. Er hatte ihr nie gesagt, wie sehr er diese Nase geliebt hatte.
    Wie sehr er sie geliebt hatte.
    Die Zeit verging. Minuten. Viele, viele Minuten.
    Und Max nahm das Laken nicht hoch. Er schaffte es ei n fach nicht, sich zu bewegen.
    Er wollte sie nicht als Tote sehen.
    Und doch wusste er, dass er nachschauen musste. Er konnte sie nicht ohne positive Identifizierung auf die Hei m reise schicken.
    Aber so lange, bis er sie sah, bis er ihr kaltes, lebloses G e sicht berührte, konnte er so tun, als hätten sie Unrecht. Als wäre Gina gar nicht tot.
    Als würden ihre Augen immer noch funkeln, so wie sie jedes Mal gefunkelt hatten, wenn sie gelacht oder sich zu ihm heruntergebeugt hatte, um ihn zu küssen.
    Ich bleibe so lange bei dir, wie du mich brauchst.
    Aber sie war nicht bei ihm geblieben. Wahrscheinlich, weil Max sie davon überzeugt hatte, dass er sie nicht brauchte.
    Und jetzt würde sie ihn nie wieder

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