Untitled
desselben Jahres
dekretiert
ARTIKEL 1. Dem Signor Filippo Genuardi wird die Konzession für eine Telephonleitung zum privaten Gebrauche von einer Länge von nicht über drei Kilometer gewährt, um sein Holzlager mit der Wohnung des Signor Emanuele Schilirò, seines Schwiegervaters, in Vigàta, Provinz Montelusa, verbinden zu können.
ARTIKEL 2. Die Konzession wird für fünf Jahre vom Datum dieses Dekretes an gewährt und unterliegt der strengen Beachtung der in dem oben genannten Gesetze und der o. g. Ausführungsbestimmung formulierten Verfügungen.
ARTIKEL 3. Die jährliche Grundgebühr wird auf Lire zwanzig festgesetzt und dem Kapitel 37 der Jahreseröffnungsbilanz des Unternehmens für das laufende Jahr und der entsprechenden der nachfolgenden Jahre zugerechnet.
ARTIKEL 4. Die Konzession unterliegt dem Risiko des Konzessionärs. Der Regierung obliegt keinerlei Verantwortung hinsichtlich des Baues und der Wartung der Telephonleitung sowie der Wahrnehmung der Konzession. Die Abgeltungsbeträge für die Mastenfundamente und die Wegerechte oder für jedweden anderen Grund gehen zu Lasten des Konzessionärs.
Das vorliegende Dekret wird beim Rechnungshofe
registriert.
Rom, am 30. Juni 1892
Registriert beim Rechnungshofe
am 4. Juli 1892
Register 677 Spalte Bl. 398
(G. Cappiello)
Der Minister
Sini
(Vertraulich)
An
Signor Emanuele Schilirò Vigàta
Messina, am 18. Juli 1892
Signor Schilirò,
ich hoffe, daß dieser Brief Sie erreicht, auch wenn ich mich in diesem Augenblicke nicht an Ihre genaue Adresse erinnere. Den Brief, welchen Sie jetzt lesen werden, habe ich in Messina aufgegeben (das können Sie anhand der Briefmarke auf dem Umschlag kontrollieren), und zwar wenige Augenblicke vor Auslaufen der Fähre, die mich zum Festlande bringt, wo ich Arbeit in einer Stadt gefunden habe, die ich nicht nenne und die niemand jemals erfahren wird, auch mein Bruder nicht. Nach Sizilien werde ich nie wieder zurückkehren, nicht einmal im Sarge. Ich hätte Ihnen diesen Brief anonym schreiben können, habe mich dann aber doch entschlossen, meine Unterschrift deutlich, in großen Lettern darunter zu setzen, weil Sie sich so überzeugen können, daß ich Ihnen die Wahrheit schreibe.
Ich sage Ihnen gleich, daß ich aus reiner Rachsucht gegenüber diesem Verbrecher Pippo Genuardi, Ihrem Schwiegersohne, handele, der auf mich geschossen und mich so fürs ganze Leben zum hinkenden Krüppel gemacht hat.
Filippo Genuardi ist ein Verräter an der Freundschaft. Aus niedrigen Beweggründen hat er sich an Commendatore Calogero Longhitano, genannt Don Lollò, verkauft, den Mafiachef der »Bruderhand«. Weil ich mir gegenüber dem Bruder Don Lollòs eine Verfehlung geleistet habe, hat dieser es sich in den Kopf gesetzt, mich theuer dafür bezahlen zu lassen. So habe ich mich aus Vigàta auf und davon gemacht, nach Palermo, doch jedesmal, wenn ich gezwungen war, die Wohnung zu wechseln, hat Ihr Schwiegersohn dem Commendatore schleunigst meine neue Adresse mitgetheilt, und ich habe mich wie der von einem Hunde gehatzte Hase gefühlt. Don Lollòs Männer haben es nicht geschafft, mich zu kriegen, da haben sie es ihn probieren lassen. Und er hatte Erfolg.
Daher wiederhole ich: Dieser Brief will Rache nehmen. Wie Sie sehen, bin ich ehrlich.
Wie Sie vielleicht wissen, waren wir Freunde, Pippo und ich. Wir haben uns gegenseitig alles anvertraut.
Und so sagte mir Pippo vor mindestens zwei Jahren unter dem Schwur der Verschwiegenheit, daß er Signora Lillina gefickt habe, Ihre Frau.
Beide waren allein in Ihrer Villa außerhalb von Vigàta, nicht einmal das Dienstmädchen war im Hause, und irgendwie, sagte er, fanden sie sich dann nackt auf einem Bette wieder.
Unter Lachen und Witzeln erzählte er alle Einzelheiten, alle kleinsten Kleinigkeiten.
Sie haben sich noch zwei weitere Male geliebt, stets in Ihrer Villa, die Augenblicke nutzend, in denen niemand im Hause war. Und auch von diesen beiden Malen erzählte er mir alles ausführlich, weil er, wie er mir sagte, nun besser anfing zu verstehen, was Lillina im Bett denn gerne so treibe.
Sie können mir glauben oder auch nicht, aber ich sagte ihm, er solle mit dieser Geschichte aufhören, weil die Sache gefährlich werden und es irgendwann krachen könne.
Er antwortete mir, daß er die Gefährlichkeit einsehe, aber außerstande wäre, die Sache aufzugeben, er denke nicht im Traume
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