Unvergessen wie Dein Kuss
und die bloße Matratze, auf der eine einzige schmutzige Decke lag.
“Als Gegenleistung für einen Gefallen von Ihnen will ich nicht nur schweigen, sondern ich bin bereit, Ihren Aufenthalt hier angenehmer zu machen”, erklärte sie und fügte hinzu: “Ein eigenes Zimmer, saubere Wäsche, gutes Essen und Wein …”, dabei fiel ihr das Buch auf dem Tisch ein, “und mehr Bücher zum Lesen.”
Marcus Stockhaven sah Isabella nachdenklich an. Wie in stummer Bitte trat sie noch einen Schritt auf ihn zu. Einen Augenblick lang schwieg er. Sie spürte deutlich, wie ein Zittern durch ihren Körper lief, während sie auf seine Antwort wartete.
“Wie großzügig von Ihnen”, erwiderte er spöttisch. “Aber nun heraus mit der Sprache. Was wollen Sie?” Er sprach in einem gelassenen Ton, aber in seinen dunklen Augen war Kälte.
Isabella holte tief Luft. Einen Augenblick lang zögerte sie, doch dann gab es kein Zurück.
“Ich möchte, dass Sie mich heiraten”, sagte sie, und die Überwindung war ihrer Stimme anzumerken.
2. KAPITEL
E s war ausgesprochen empörend.
Marcus John Ellis, siebter Earl of Stockhaven, hatte auf eine solche Gelegenheit zwölf lange Jahre gewartet. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie sich ausgerechnet hier im Fleet-Gefängnis ergeben würde.
Marcus war geübt darin, mit dem Unvorhergesehen umzugehen. Acht Jahre Dienst in der Marine Seiner Majestät, ehe er den Titel von einem entfernten Cousin erbte, hatten ihm eine reiche und vielgestaltige Lebenserfahrung gegeben. Dies hier jedoch war etwas, das er niemals hätte vorhersehen können.
“Sie kommen zwölf Jahre zu spät, mein Schatz”, sagte er spöttisch. Bei dem beiläufigen Gebrauch des Kosewortes, das einst so viel bedeutet hatte, röteten sich ihre Wangen, stellte er beiläufig fest.
“Die Kirche war bereit, der Bräutigam war da, das Einzige, was fehlte, war die Braut – wenn Sie sich erinnern.”
Er beobachtete Isabella nachdenklich. Sie sah fast aus wie damals und war doch herzzerreißend anders als die siebzehnjährige Debütantin, die ihm am Altar den Laufpass gegeben hatte. In den modrigen Verliesen dieses Gefängnisses schien sie hoffnungslos fehl am Platze. Es machte keinen Unterschied, dass sie versucht hatte, sich mit ihrem schwarzen Umhang und ihren zweckmäßigen Stiefeln nahezu unkenntlich zu machen. Sie war, und das fiel sofort ins Auge, erheblich sauberer als alle anderen, die in den letzten drei Monaten ihren Fuß in seine Zelle gesetzt hatten. An ihr hing kein strenger Schweiß- oder Tabakgeruch, stattdessen duftete sie zart nach Jasmin. Er erinnerte sich an diesen Duft auf ihrer Haut und in ihrem Haar. Und er erinnerte sich daran, wie er ihr einmal gesagt hatte, ihr Haar lasse ihn an einen Herbstwald denken, mit Gold- und Kupfertönen und rötlichen Nuancen des Herbstlaubs durchzogen. Bei dem Gedanken daran musste er schlucken. Die Bilder, die nun vor seinem inneren Auge standen, erregten ihn genauso wie vor zwölf Jahren: Isabella in seinen Armen, seine Hände dunkel auf ihrer zarten, weißen Haut, ihr lustvolles Stöhnen bei jeder Berührung, voll rasenden Verlangens, das alles um sie herum vergessen ließ außer der glühenden, brennenden Sehnsucht zwischen ihnen. Er hatte sie ungestüm genommen, ohne ihre Jungfräulichkeit zu beachten; und ihre Erwiderung war ungezügelte Leidenschaft gewesen. Dann später in dem anheimelnden Dunkel der Gartenlaube …
“Ich hätte nicht so zügellos sein dürfen …”, hatte sie voll ungläubigem Staunen gesagt, noch ganz überwältigt von der Lust, die sie miteinander geteilt hatten. Er hatte ihren erhitzten Körper nahe an sich gezogen und sie mit Demut und glücklichem Entzücken geküsst.
“Du bist wunderbar, und ich werde dich immer lieben.”
Es waren sentimentale, jungenhafte Worte gewesen, und das Band zwischen ihnen war in dem Augenblick jäh zerrissen worden, als sie ihn am Altar hatte stehen lassen, um einen anderen zu heiraten. Aber wie er sich widerwillig eingestehen musste, hatte in all den Jahren, seit er Isabella zuletzt gesehen hatte, keine Frau sich mit ihr messen können.
Sie hatten sich so oft wie möglich in den Gärten von Salterton Hall getroffen. Die Heimlichkeit hatte ihrem Zusammensein eine gewisse Spannung verliehen, die manchmal fast nicht mehr zu ertragen war. Marcus glühte vor immer stärker werdendem Verlangen, sie zu besitzen. Jeder Kuss war wie ein Brandzeichen auf ihrer Haut, das ihn jedes Mal aufs Neue entflammte. Im kühlen
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