Unverhofft verliebt
Hals sah sie langsam auf und begegnete seinem durchdringenden Blick.
„Manchmal kann ich nicht zeigen, was in mir vorgeht“, führte er mit rauer Stimme aus. „Aber du sollst wissen, dass ich dich mag. Sogar sehr. Und ich freue mich auf das Baby.“
„Wirklich?“
Grant nickte. „Ja. Anfangs habe ich mich völlig falsch verhalten. Das tut mir leid.“
Claire lächelte zittrig. „Schon gut. Das ist nicht schlimm.“
Seine Finger streichelten federleicht über ihre Oberarme, was in Claire ein heißes Kribbeln auslöste. Lange Zeit sagte er kein Wort, bis er mit abwesender Miene ein tiefes Stöhnen ausstieß.
„ Claire ... es gibt ein paar Dinge, die du nicht von mir weißt ...“
Abwartend schaute sie ihn an und hatte Mitleid, als er sie gequält ansah.
Sie schüttelte den Kopf und erklärte weich: „Du musst mir nichts sagen, was du nicht willst.“
„Ich möchte es dir erzählen.“
„Vielleicht ein anderes Mal“, Claire hob eine Hand und strich ihm eine verirrte Strähne aus der Stirn.
Er umschloss ihre Hand mit seiner und presste seine Lippen auf ihre Fingerspitzen.
„Danke für dein Verständnis.“
Claire schluckte die letzten Tränen hinunter und schmiegte sich langsam an ihn. Als er seinen Arm um sie legte, verbarg sie lächelnd das Gesicht an seinem Hals.
Genau das hatte sie sich den ganzen Abend lang gewünscht.
„Komm, ich bringe dich nach Hause“, murmelte er in ihr Haar. „Mein Sohn braucht seinen Schlaf.“
Amüsiert schlang sie einen Arm um seine Taille und schaute von unten zu ihm auf. „Ich sollte dich vorwarnen, Grant, denn ich werde dich nicht auf einen Kaffee nach oben bitten.“
Seine Mundwinkel kräuselten sich. „Dann muss ich mir wohl schon jetzt einen Gute-Nacht-Kuss nehmen.“
„Scheint so“, flüsterte sie atemlos.
Als er endlich den Kopf senkte und ihr einen unbeschreiblich zärtlichen Kuss gab, bei dem ihr Herz zu explodieren schien, hatte Claire das Gefühl, dass alles gut werden würde.
12. Kapitel
September
„Dein Vater ist noch im Krankenhaus, Grant. Er wird sich freuen, wenn er hört, dass du angerufen hast.“
Grant gab einen undefinierbaren Laut von sich und goss sich ein Glas Wasser ein, während er mit seiner Mom telefonierte. Er hatte nicht umsonst am frühen Nachmittag in Boston angerufen, schließlich konnte er davon ausgehen, dass zu der Zeit entweder eine OP oder eine Visite anstand. Für ihn hieß dies, dass sein Dad nicht zuhause war und nicht mit ihm sprechen konnte. Es war nicht so, dass er sich mit seinem Vater nicht verstand – im Gegenteil, es hatte keinen besseren Lehrer gegeben als ihn. Schon während seiner Studienzeit hatte er mit seinem Vater stundenlang über Diagnostikverfahren, seltene Eingriffe oder minimal invasive Methoden gesprochen. Er war es auch gewesen, der Grants Leidenschaft für die Medizin geweckt hatte, als dieser noch ein kleiner Junge gewesen war und seinen Dad bei der Arbeit hatte besuchen dürfen.
Sein Vater war ein hochangesehener Gefäßchirurg , der über jahrzehntelange Erfahrung verfügte, die Grant zunutze gekommen war, als er das erste Mal selbst im OP gestanden hatte. Für ihn war schon sehr früh klar gewesen, dass er der Familientradition folgen und auch Chirurg werden wollte. Doch anders als sein Dad hätte er sich für ein anderes Fachgebiet entschieden.
Noch während seiner Ausbildung hatte er Dienst auf der Neugeborenen-Station gehabt und ein Frühchen begleitet, das mit einer Notoperation vor einer Bauchfellentzündung gerettet wurde. Der Anblick des winzigen Babys, das einige Monate später wohlgenährt und kerngesund entlassen werden konnte, hatte ihn dazu bewogen, kein Gefäßchirurg zu werden, sondern sich auf kleine Babys zu spezialisieren. Seine Eltern waren stolz gewesen, als er sich zusätzlich der Pränatalmedizin gewidmet hatte und nach seiner Ausbildung die erste Operation an dem Krankenhaus durchgeführt hatte, bei der das Baby im Mutterleib operiert wurde. Weniger stolz waren sie gewesen, als er nach einer tragischen OP den Job an den Nagel gehangen hatte, um sich als Gynäkologe in einer Praxis niederzulassen.
Seine Mom hatte sich noch zurückgehalten, aber sein Dad hatte mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg gehalten, dass sich Grant unprofessionell verhielt und lernen musste, mit solchen tragischen Kunstfehlern zu leben.
Genau diese Kaltherzigkeit hatte ihn an dem Berufsstand eines Chirurgen gestört. Chirurgen waren nur dann
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