Unwiederbringlich
geworden, sei das Lachen über seine lieben Mitmenschen so ziemlich das Vergnüglichste, was man haben könne. Nach diesen gnädigen Worten trennte man sich, und eine halbe Stunde später konnte jeder, der über den Schloßhof ging, deutlich erkennen, welche Zimmer von den Neuangekommenen bezogen worden waren. In dem von der Prinzessin selbst bewohnten ersten Stockwerke des Corps de logis sah man nur zwei hohe gotische Fenster schwach erleuchtet, während die beiden flankierenden Türme bis hoch hinauf in hellem Lichterglanze standen. Im wesentlichen war alles bei den ersten, von der Prinzessin gegebenen Anordnungen geblieben: unten wohnten die Dienerinnen, in der ersten Etage die beiden Hofdamen, über der Schimmelmann Pentz und Erichsen und über Ebba Holk.
Sieben Uhr rückte heran; die Schloßuhr schlug halb, als das Schleppegrellsche Ehepaar, eine Magd mit einer Laterne vorauf, von Hilleröd her über den Schloßhof kam. Bald danach rüstete sich auch Holk. Unten im Flur des von ihm bewohnten Rechtsturmes traf er Ebbas Jungfer und beinah Freundin, Karin, eine Stockholmerin, von der er erfuhr, daß das Fräulein schon bei der Prinzessin sei. Der noch zurückzulegende Weg an der halben Front des Hauptgebäudes hin war nur kurz, und als Holk eine Minute später die Treppe hinauf war, trat er in eine hohe Halle, die, solange sich die Prinzessin in Frederiksborg aufhielt, als Empfangs- und Gesellschaftszimmer diente. Nach dem Schloßhof, wie rückseitig nach dem Park hin, hatte diese Halle nur eine schmale Front, trotzdem war es ein großer Raum, weil er an Tiefe ersetzte, was ihm an Breite abging. In der Mitte der einen Längswand befand sich ein hoher Renaissancekamin und über demselben ein überlebensgroßes Bildnis König Christians IV., der Schloß Frederiksborg seinerzeit sehr geliebt und diese Halle, ganz wie jetzt die Prinzessin, allen anderen Räumen im Schlosse vorgezogen hatte. Links neben dem Kamine standen Körbe, teils mit großen Holzscheiten, teils mit Tannäpfeln und Wacholderzweigen gefüllt, während zur Rechten, außer einem mächtigen Schüreisen, ein paar Kienfackeln lagen, die den Zweck hatten, spät abends, beim Aufbruch über die dunklen Korridore hin, den Gästen zu leuchten. Alles in der Ausschmückung der Halle war noch halb mittelalterlich wie die Halle selbst, über deren Paneelen, des König-Christians-Porträts über dem Kamine zu geschweigen, große, stark nachgedunkelte Bilder sichtbar wurden. Weit zurück stand ein Schenktisch; die sonst üblichen hohen Stühle fehlten, und statt ihrer war eine Anzahl moderner Fauteuils um die Feuerstelle herum gruppiert.
Holk schritt auf die Prinzessin zu, verbeugte sich und sprach ihr aus, wie schön er die Halle fände, darin müsse sich ein wunderbares Julfest feiern lassen, alles sei da, nicht bloß große Kienfackeln, sondern auch Tannäpfel und Wacholder. Die Prinzessin antwortete, daß sie solche Feier auch vorhabe; Weihnachten in Frederiksborg sei ihr der beste Tag im Jahr, und nachdem sie noch ein paar weitere Worte gesprochen und schon für den nächsten Tag eine Art Julvorfeier angekündigt hatte, forderte sie die Frau Pastorin Schleppegrell auf, an ihrer Seite Platz zu nehmen. Die Pastorin war eine kleine dicke Frau mit aufgesetztem schwarzen Scheitel und roten Backen, überhaupt von großer Unscheinbarkeit, aber nie darunter leidend, weil sie zu den Glücklichen gehörte, die sich gar nicht mit sich selbst und am wenigsten mit ihrer äußeren Erscheinung beschäftigen. Ebba hatte dies gleich herausgefühlt und eine Vorliebe für sie gefaßt.
»Wird es Ihnen nicht schwer, liebe Frau Pastorin«, so wandte sie sich an diese, »sich einen ganzen Abend lang von Ihren Kindern zu trennen?«
»Ich habe keine«, sagte diese und lachte dabei so herzlich, daß die Prinzessin fragte, was es eigentlich sei. Da gab es denn eine allgemeine Heiterkeit, in die schließlich auch Schleppegrell mit einstimmen mußte, trotzdem er sich, weil ihn die Komik in erster Reihe mittraf, ein wenig unbehaglich dabei fühlte. Holk, dies wahrnehmend, hielt es für seine Pflicht, dem Gespräch eine andere Wendung zu geben, und fragte leicht und wie von ungefähr nach dem Porträt über dem Kamin. »Ich sehe, daß es König Christian ist (wo begegnete man ihm nicht), und so kann von einem besonderen Interesse kaum die Rede sein. Aber desto mehr interessiert mich die Frage, von wem es herrührt. Ich würde einen Spanier vermuten, wenn ich nur wüßte, daß wir jemals
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