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Unwiederbringlich

Unwiederbringlich

Titel: Unwiederbringlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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einen spanischen Maler in Kopenhagen gehabt hätten.«
    Schleppegrell wollte Rede stehen, aber Ebba schnitt ihm das Wort ab und sagte: »Das geht nicht, daß wir, wenn nun mal über Kunst und Bilder gesprochen werden soll, mit einem Bilde König Christians beginnen, auch wenn es wirklich von einem Spanier herrühren sollte, was ich bezweifeln möchte, genauso wie Graf Holk, mit dem ich mich wenigstens in Kunstsachen öfters zusammenfinde. Lassen wir also den unvermeidlichen König. Ich meinerseits erführe lieber« (und dabei zeigte sie nach der Wand gegenüber), »wer die beiden da sind, der Alte mit dem Spitzbart und die vornehme Dame mit der weißen Kapuze.«
    »Der mit dem Spitzbart ist Admiral Herluf Trolle, derselbe, von dem unser König Frederik der Zweite dies Schloß hier in Kauf oder Tausch nahm und es dann Frederiksborg taufte, nach seinem eigenen Namen. Von dem alten Schloß blieb kein Stein auf dem andern, und nichts wurde mit herübergenommen als diese Schildereien hier rechts und links, die den großen Seesieg bei Öland unter Admiral Herluf Trolle verherrlichen, und mit den Schildereien zugleich die dazwischen hängenden Bildnisse von Herluf Trolle selbst und von Brigitte Goje, seiner Eheliebsten, die wegen ihrer protestantischen Frömmigkeit fast noch gefeierter war als ihr Gemahl.«
    »Was, wenn sie wirklich so fromm war, niemanden überraschen darf«, sagte Pentz mit Emphase. »Denn so gewiß es mir ist, daß Schauspielerinnen und Fürstengeliebte die populärsten Erscheinungen sind, gleich nach ihnen kommen die Frommen, und mitunter sind sie sogar um einen Schritt voraus.«
    »Ja, mitunter«, lachte Ebba. »Mitunter, aber selten. Und nun, Pastor Schleppegrell, was ist es mit dieser Herluf Trolleschen Seeschlacht? Ich fürchte zwar, daß sie gegen meine lieben Landsleute, die Schweden, geschlagen wurde, jedenfalls aber, den Kostümen nach zu schließen, in einer vor-rosenbergschen Zeit, und so seh ich denn meinen Patriotismus nicht allzu direkt herausgefordert. Überdies Seeschlachten! Seeschlachten sind immer etwas, wo Freund und Feind gleichmäßig ertrinken und ein wohltätiger Pulverdampf über allem derart ausgebreitet liegt, daß ein Plus oder Minus an Toten, was man dann Sieg oder Niederlage nennt, nie festgestellt werden kann. Und nun gar hier, wo wir zu dem Pulverdampf auch noch die dreihundertjährige Nachdunkelung haben.«
    »Und doch«, sagte Holk, »scheint mir noch alles leidlich erkennbar, und wenn wir nachhelfen... Aber freilich, wo das nötige Licht dazu hernehmen?«
    »Oh, hier«, sagte die Prinzessin und wies auf die Stelle, wo die Kienfackeln lagen. »Es wird etwas Blak geben, aber das steigert nur die Illusion, und wenn ich mir dann sage, daß unser Pastor und Cicerone vielleicht seinen guten Tag hat, so werden wir die Seeschlacht noch mal wie miterleben. Also, Schleppegrell, ans Werk, und tun Sie Ihr Bestes, das sind wir einem Historiker vom Range Holks schuldig. Und vielleicht bekehren wir ihn auch noch aus dem Schleswig-Holsteinismus in den Danismus hinüber.«
    Alles stimmte zu, während Pentz mit zwei Fingern einen leisen Beifall klatschte, Schleppegrell aber, der Bilderkustode von Passion war, nahm eine der großen Kienfackeln und fuhr damit, nachdem er sie angezündet, über die linke Bildhälfte hin, auf der man nun, in düsterer und doch greller Beleuchtung, die Segel zahlloser Schiffe, Flaggen und Wimpel und vergoldete Galions, dazu die weißen Wogenkämme, nichts aber von Schlacht und Pulverdampf erkennen konnte.
    »Das ist aber doch sicher keine Schlacht«, sagte Ebba.
    »Nein, aber die Vorbereitung dazu. Die Schlacht kommt erst; die Schlacht ist an der anderen Seite, gleich rechts neben der Brigitte Goje.«
    »Ah«, sagte Ebba. »Ich versteh; ein Doppel-Schlachtbild, Anfang und Ende. Nun, ich bin Aug und Ohr. Und immer wenn Ihr Kienspan an dem Schiffe vorbeifährt, darauf Herluf Trolle kommandiert, dann muß ich bitten, ihm (oder auch mir) eine Viertelminute zu gönnen, damit ich ihm Reverenz machen und mir sein Bild, auch inmitten der Schlacht, einprägen kann.«
    »Das wird dir nicht glücken, Ebba«, sagte die Prinzessin. »Herluf Trolle steckt viel zu sehr im Pulverqualm oder ist in der Nachdunkelung untergegangen, und du mußt dir an seinem regelrechten Porträt da genug sein lassen... Aber nun beginnen Sie, Schleppegrell, und treffen Sie's im Maß, nicht so kurz, daß es nichts ist, und nicht so lang, daß wir uns ängstlich ansehen. Holk ist ein Kenner, Gott

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