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Unwiederbringlich

Unwiederbringlich

Titel: Unwiederbringlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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mit einem Tuche wehen, nahm aber bald wahr, daß es nutzlos sein werde, weil er um Sicherheits willen in einer zurückgelehnten Stellung, die jedes Gesehenwerden vom Schloßhof ausschloß, verbleiben mußte. So stand denn alle Hoffnung bei Karin, von der sich annehmen ließ, daß sie nicht bloß persönlich nach ihnen aussehen, sondern auch anderer Blicke nach dem Turmdach hinauflenken würde. Und wirklich, so geschah es, und so kam ihnen zuletzt auch die Rettung aus ihrer furchtbaren Lage. Schon eine Viertelstunde mochte vergangen sein, als sie wahrnahmen, daß etliche Personen um die Seespitze herumgegangen waren, und fast im selben Augenblicke hörten sie auch schon Zurufe von der einen besseren Überblick gewährenden Hilleröder Uferseite her, Zurufe, deren Worte sie freilich nicht verstanden, deren freudiger Ton aber keinen Zweifel ließ, daß man nun sicher sei, sie aus der Gefahr befreien zu können. Und nicht lange mehr, so hörten sie hinter sich auch schon ein Schlagen wie von Hämmern und Äxten, und gleich danach wurden allerlei Köpfe sichtbar, die durch die gewonnene Dachöffnung hindurch nach ihnen ausschauten. Freilich man hatte die rechte Stelle verfehlt, aber das war leicht ausgeglichen, und nur eine kleine Weile noch, so streckten sich ihnen starke Arme von innen her entgegen und zogen erst Ebba und dann Holk auf den Schloßboden hinauf, von wo aus man beide wie im Triumph erst die Treppen hinunter und dann auf den Schloßhof trug. Der erste, der ihnen hier entgegentrat, war der König.
    Erst um Mitternacht, eine Stunde vor Ausbruch des Feuers, von Skodsborg nach Frederiksborg zurückgekehrt, war er doch der gewesen, der, allen anderen vorauf, die Rettungsarbeiten geleitet und sich an Bergung seiner geliebten Altertumsschätze glücklicher und erfolgreicher als irgend sonst wer beteiligt hatte. Was gerettet worden, war persönlich sein Werk. Die beiden Adjutanten waren ihm zur Seite.
    »Sieh da, Holk«, sagte der König, als er des Grafen gewahr wurde. »Und als Ritter seiner Dame. Ich werde drüben in Skodsborg ein Rühmens davon machen.« Und in die leicht hingeworfenen Worte mischte sich, trotz des Ernstes der Situation, ein Anflug von Spott.
    Westergaard und Lundbye mühten sich um Ebba. »Wo ist die Prinzessin?« fragte diese.
    »Auf dem Bahnhofe«, war die Antwort; »man will einen Extrazug für sie einstellen. Der Boden brennt ihr hier unter den Füßen.«
    Es war ein ganz unbeabsichtigtes Wortspiel, und niemand nahm es als solches. Nur Ebba, die selbst in diesem Augenblicke noch auf zugespitzte Worte gestellt blieb, hörte heraus, was gar nicht hineingelegt war, und sagte: »Ja, der Boden unter den Füßen! Die Prinzessin darf es kaum sagen... aber Holk und ich.«
     
Achtundzwanzigstes Kapitel
     
    Ebba, voll Verlangen, den Extrazug mit zu benutzen, wollte nach dem Bahnhof; aber ihr Schwächezustand war doch so groß, daß sowohl Holk wie die beiden jungen Adjutanten in sie drangen, davon Abstand zu nehmen. Sie willigte denn auch ein und ließ sich nach dem vom Feuer verschont gebliebenen linken Flügel des Schlosses hinüberführen. In diesem befand sich die vorläufig als Unterkunftsstätte dienende Schloßkirche, deren Altarlichter brannten, während um den Altar selbst herum die Frauen und Kinder der Beamten und Schloßdienerschaften saßen oder lagerten, die Kinder mit allerlei Gewändern zugedeckt, darunter auch Meßgewänder noch aus der katholischen Zeit her, die man aus der Sakristei herbeigeholt hatte. Für Ebba war nichts mehr da; nur ein paar Kissen fanden sich, um sie wenigstens gegen die bittere Kälte des Fußbodens zu schützen. Aber es war zuwenig, und als Holk in dem kleinen angrenzenden Kastellanshause vergeblich nach etwas Besserem gesucht hatte, schlug er der immer heftiger fröstelnden Ebba vor, den Weg nach dem Bahnhofe hin, von dem man vorher ihrer Erschöpfung halber Abstand genommen hatte, doch lieber wagen zu wollen. Ein alter Schloßdiener war auch bereit, den nächsten Weg zu zeigen, und so brach man denn auf und hörte die Bahnhofsuhr eben sechs schlagen, als man ankam. Die Prinzessin war schon seit länger als einer Stunde fort, und der nächste von Helsingör her erwartete Zug kam erst in dreißig Minuten. Auf dem Bahnhofe selbst lief alles durcheinander, und das kleine Wartezimmer bot keinen Platz mehr, war vielmehr überfüllt von Hillerödern, alten und jungen, die sämtlich nach Kopenhagen hinein wollten, um über alle vorgekommene Schrecknisse, deren

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