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Urban Gothic (German Edition)

Urban Gothic (German Edition)

Titel: Urban Gothic (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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weißt ja, wie die Jugend in der Gegend letztlich endet. Verkommen. Oder tot. Es ist, als ob dieses Viertel sie vergiftet.«
    »Nicht immer«, widersprach Lawanda, obwohl sie mit widerwilliger Zustimmung nickte. »Was machen sie jetzt?«
    »Sieht so aus, als ob sie ... Kacke, nein! Sie kommen auf unsere Veranda. Was wollen die von uns? Ich lass mich nicht in die Scheiße reinziehen.«
    Wie aufs Stichwort ertönten Schritte auf ihren Verandastufen. Gleich darauf klopfte jemand an die Tür, anscheinend mit der Faust. Die Tür wackelte im Rahmen, die vorgehängte Kette rasselte.
    Perry brummte vor sich hin und stand auf. Lawanda hielt ihn am Arm zurück.
    »Geh nicht hin, Perry.«
    Er befreite seinen Arm. »Wenn ich’s nicht tue, schlagen sie noch die verdammte Tür ein. Bleib einfach hier.«
    Das Hämmern klang jetzt intensiver. Donnergleiche Schläge, die das gesamte Haus erschütterten.
    »Immer langsam mit den Pferden, verflucht noch eins! Ich komm ja schon.«
    In der Ecke neben der Tür befanden sich ein Garderobenständer und ein kleiner Rollsekretär. Perry öffnete die Schublade des Sekretärs und holte eine Pistole heraus, beinahe so alt wie er selbst. Er brauchte nicht zu überprüfen, ob die Waffe geladen war, da er die Patronen nie herausnahm. Nachdem er die Handfeuerwaffe unter den Hosenbund gesteckt hatte, bewegte er sich auf den Eingang zu. Die Waffe drückte beruhigend gegen sein Kreuz.
    Als er die Tür öffnete, erblickte er Leo mit erhobener Faust, drauf und dran, erneut zu klopfen. Hinter ihm standen Jamal, Chris, Markus, ein Bursche, den alle Dookie nannten. Perry wusste nicht, wie er wirklich hieß. Dazu kamen noch einige andere Jugendliche, die Perry nicht kannte.
    »Mr. Watkins«, grüßte Leo. »Haben Sie geschlafen?«
    »Seh ich aus, als hätt ich geschlafen, Junge? Was hämmert ihr um die Zeit nachts gegen meine Tür?« Argwöhnisch verengte Perry die Augen zu Schlitzen. »Seid ihr auf Drogen?«
    »Nein, verdammt, wir sind nicht auf Drogen! Dafür müssten Sie mich gut genug kennen, Mr. Watkins.«
    »Mag sein«, räumte Perry ein. »Aber heutzutage kann man sich bei nichts mehr sicher sein. Ich dachte, ihr wollt vielleicht reinstürmen, um mich auszurauben.«
    Leo wirkte aufrichtig verletzt. »Wieso denken Sie so etwas?«
    »Was ist mit diesen weißen Kids passiert? Habt ihr sie erschreckt?«
    »Wir haben gar nichts gemacht!«, rief Jamal, verstummte jedoch, als Leo ihm einen finsteren Blick zuwarf.
    »Vielleicht ein wenig«, gestand Leo, der sich wieder Perry zudrehte. »Aber wir haben uns nichts dabei gedacht. Wollten bloß ein wenig rumalbern und so. Wir hatten vor, ihnen mit dem Auto zu helfen.«
    Perrys Miene verfinsterte sich. »Ihnen helfen? Ihr seid keine Mechaniker.«
    »Nein, sind wir nicht. Aber Angel ist einer. Wir dachten ...«
    »Der Bursche, der die Autoschieberwerkstatt betreibt?«
    »Ja. Wir dachten, diese Kids haben Geld, verstehen Sie? Ich meine, die trugen feine Klamotten. Ziemlich offensichtlich, dass sie nicht aus der Gegend sind. Wir wollten sie mit Angel zusammenbringen, ihn den Wagen reparieren lassen und anschließend dafür kassieren – Sie wissen schon, so was wie ’ne Provision.«
    Perry warf den Kopf zurück und lachte. »Eine Provision? Junge, ihr seid nicht der verdammte Automobilclub.«
    Leo ging nicht näher darauf ein. »Dürfen wir Ihr Telefon benutzen, Mr. Watkins?«
    »Wofür?«
    »Um die Polizei anzurufen und denen die Sache mit den Weißen zu melden.«
    »Habt ihr keine Handys?«
    Die Jugendlichen zuckten mit den Schultern und schüttelten die Köpfe.
    »Nein«, antwortete Chris schließlich. »Können wir uns nicht leisten.«
    »Tja, ich hab auch kein Telefon«, log Perry. »Die verflixte Telefongesellschaft hat es vor zwei Wochen abgeschaltet. Die sagen, ich ...«
    Er verstummte, als Lawanda leise hinter ihn trat und ihn sanft von der Tür wegzog.
    »Kommt nur rein, Jungs. Aber ohne Schuhe. Zieht sie an der Tür aus. Ich will nicht, dass ihr Dreck reinschleppt. Ich hab erst heute Vormittag geputzt.«
    Lächelnd betrat Leo das Haus und kam der Aufforderung nach. Der große Zeh seines linken Fußes ragte durch ein Loch in seiner Socke. Die anderen zogen ihre Schuhe aus und folgten ihm.
    Perry stöhnte. »Um Himmels willen, Lawanda ...«
    Sie brachte ihn mit einem strengen Blick zum Schweigen. »Leo und seine Freunde wollen Zivilcourage zeigen und das Richtige tun. Und das ist einiges mehr, als in dieser Gegend heutzutage sonst jemand zu tun bereit ist.

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