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Urlaub mit Papa

Urlaub mit Papa

Titel: Urlaub mit Papa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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Freitag kommen die ganzen Möbel, da brauchen wir jeden.«
    Mein Vater schnaubte. »Ja, jeden. Kalli hat gesagt, er ist 76.Was soll der denn noch schleppen?«
    »Papa, bitte. Ihr seid auch nicht mehr die Jüngsten.«
    »
Dich
 habe ich überhaupt nicht gefragt. So, und jetzt bedanke ich mich für das Essen und gehe zu Bett. Nacht allerseits.«
    Er stand auf und ging zur Tür. Ich unterdrückte den Impuls, ihm nachzugehen. Auf der Schwelle drehte er sich noch einmal um.
    »Christine, mach nicht mehr so lange. Morgen früh geht es weiter.«
    Mein Impuls verschwand, ich blieb sitzen und sah auf die Tür, die hinter ihm zufiel.
    »Er meint es nicht so.« Kalli nahm meinen Vater natürlich in Schutz. »Er hatte einen anstrengenden Tag. Erst die Zwillinge, dann die Pinguine, das war zu viel für sein weiches Herz.«
    »Schon gut.« Marleen erhob sich und begann, die Teller einzusammeln. »Christine, hilfst du mir?«
    »Natürlich.«
    Während wir den Tisch abräumten, tranken die drei Männer ihre Gläser aus und machten sich langsam bereit zum Aufbruch. Wir hörten sie leise reden, dann ein dreistimmiges, »Tschüss, danke, bis morgen.«
    Marleen nahm mir den Teller aus der Hand und sah mich aufmunternd an. »Worauf wartest du noch? Los, viel Spaß.«
    Ich atmete tief durch. »Danke, und…«
    »Beeil dich. Und übrigens…«
    »Was?«
    »Macht keinen Lärm auf dem Flur, wenn ihr in sein Zimmer geht.«
    »Marleen. Was du immer gleich denkst…«
    Ich hörte sie pfeifen, während ich das Fahrrad aus dem Schuppen zog.
     

Nichts haut mich um, aber du!
     
    – Daliah Lavi –
    Stunden später, bereits im Morgengrauen, stand ich wieder vor der Tür der Ferienwohnung und drehte den Schlüssel mit angehaltenem Atem im Schloss. Dann schob ich die Tür vorsichtig auf, Millimeter für Millimeter. Nichts war zu hören. Fünf Minuten später stand ich barfuß im Flur und wiederholte die Prozedur beim Schließen der Tür. Ein leises Schnarchen drang aus dem Zimmer meines Vaters, der bei offener Tür schlief, ich betete, dass es so blieb. Mit meinen Schuhen in der Hand verharrte ich einen Moment, dann schlich ich auf Zehenspitzen ins Wohnzimmer. Unterwegs bahnte sich ein Schluckauf seinen Weg, der Hickser kam unvermittelt und viel zu laut, ich presste eine Hand auf meinen Mund und blieb wieder stehen. Das Schnarchen hörte nicht auf, eine Welle voller Gefühl für meinen Vater und seine Schlafgeräusche stieg in mir hoch. Ich lächelte so gerührt, dass ich mir selbst albern vorkam. Erleichtert ließ ich mich im Dunkeln auf das Gästebett sinken und schob meine Tasche und meine Schuhe darunter, zog mich aus und kroch unter die Decke. Sofort kam die Erleichterung und dann dieses unbändige Glücksgefühl: Was für eine Nacht! Ich versuchte, die Uhrzeit auf dem Wecker zu erkennen: 5.20Uhr. In einer Stunde musste ich aufstehen und war hellwach. Ich hatte Johanns Geruch in der Nase, seine Stimme im Ohr und seine Hände auf der Haut. Und meinen Vater zwei Türen weiter.
    Johanns grünes Hemd hatte mir entgegen geleuchtet, als ich auf das ›Surfcafé‹ zufuhr, mit jedem Meter hatte sich mein Pulsschlag erhöht. Er sah so schön aus. Umständlich hatte ich mein Fahrrad angekettet, ich brauchte jede Sekunde Zeit, um mich in den Griff zu kriegen, schließlich wollte ich nicht wie eine verknallte Sechzehnjährige auf ihn zustürmen. Dass ich über ihn herfallen könnte, sollte er zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht wissen. Vorher hatten wir noch einiges zu klären. Er war lächelnd aufgestanden, als ich ihm entgegenging.
    Ich drehte mich auf den Rücken und seufzte. Einschlafen wollte ich jetzt nicht mehr, lieber den ganzen Abend noch einmal durchleben, Szene für Szene, wie im Kino, die Kamera auf Johann gerichtet, alles in Großaufnahme.
    Johann hatte eine Flasche Weißwein im Kühler vor sich stehen, daneben eine Flasche Wasser und vier Gläser, zwei waren unbenutzt.
    »Oder möchtest du etwas anderes?«
    Ich schüttelte den Kopf, er nahm die Flasche und schenkte ein. Seine Hände gefielen mir.
    »Und?« Er wartete mit erhobenem Glas auf eine Reaktion von mir. Ich riss mich vom Anblick seiner Hände los und starrte stattdessen ihn an. Mein Hals war trocken.
    »Christine? Alles in Ordnung?«
    Was sollte ich ihm sagen? Sollte ich mit der Tür ins Haus fallen und ihn auf Mausi ansprechen? Auf sein Interesse an Marleen? Auf die falsche Adresse in Bremen? Oder auf die Fotos, die er von der Pension gemacht hatte? Er würde mich für eine

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