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Urlaub mit Papa

Urlaub mit Papa

Titel: Urlaub mit Papa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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etwas verspätet, Schönheit dauert. Erleichtert sah ich die vier Kinogänger bereits an einem Fenstertisch sitzen, ohne Gisbert von Meyer und das Damenduo. Deren Suche war wohl erfolglos geblieben, vielleicht schob Gisbert gerade Mechthild über das Tanzteeparkett. Oder Hannelore. Oder beide auf einmal. Mit schadenfrohem Lächeln trat ich an den Tisch. Niemand beachtete mich, es lag eine eigenartige Stimmung in der Luft. Die Zwillinge hatten ihre Köpfe zusammengesteckt und tuschelten leise. Mein Vater starrte auf den Tisch, Kalli auf seine verschränkten Hände. Ich räusperte mich laut.
    »Hallo. Na, wie war der Film?«
    Kalli und Heinz hoben ihre Köpfe und sahen mich ernst an. Mein Vater warf den Kindern einen schnellen Blick zu und winkte mich näher zu sich.
    »Was ist passiert?« In Erwartung einer grauenvollen Nachricht ließ ich mich auf einen Stuhl sinken. Die Stimme meines Vaters klang belegt.
    »Hast du das gewusst?«
    »Was?«
    »Das so viele sterben müssen? Hunderte. Und auch so viele Kinder.«
    »Wo denn? Wieso?«
    »In der Antarktis.« Mein Vater schnäuzte sich.
    Ich sah Kalli fragend an. »Diese Kaiserpinguine«, erklärte er, »die Schwachen bleiben einfach zurück. Uns hat es sehr mitgenommen.«
    »Die Pinguine.« Ich versuchte, ein betroffenes Gesicht zu machen, was mir nicht so schnell gelang. Obwohl ich Pinguine mochte.
    Emily bemerkte mich jetzt erst und lächelte. »Das war ein schöner Film. Aber da sind welche gestorben. Pinguine legen auch Eier. Heinz wird jetzt Eierkönig für Pinguine.«
    »Oh.« Vor meinem geistigen Auge sah ich meinen Vater im Schneeanzug durch die Antarktis stapfen, um Pinguine zu retten. Na gut, es gibt schlimmere Alterskarrieren. Es blieb die Frage, was meine Mutter dazu sagen würde. Mit einem schmerzenden Knie durch den Schnee zu stiefeln war ein Problem, zumal sie immer friert. Und das alles für fremde Pinguine. Ich befürchtete, dass ich albern wurde. Lena legte ihre kleine Hand auf die meines Vaters.
    »Du musst nicht traurig sein. Das war ja nur ein Film. Können wir jetzt Saft trinken?«
    »Ach, Lena…«
    Das ganze Leid der Welt und der Kaiserpinguine legte mein Vater in diese kurze Antwort. Dann besann er sich auf seine Verantwortung.
    »Du hast bestimmt recht. So, und jetzt bestellen wir etwas.«
    »Das ist doch eine Ansage.«
    Mein Vater strafte mich für diesen forschen Ton mit Blicken. Wie konnte so ein Mann eine so unsensible Tochter haben? Ich ignorierte sein Unverständnis und winkte der Bedienung zu.
    Die Zwillinge waren die einzigen, die nach einigen Minuten vor sich hin plapperten, wir Erwachsenen schwiegen. Mein Vater war sehr nachdenklich. Plötzlich beugte Kalli sich vor, um besser auf den Kurplatz sehen zu können.
    »Guck mal, da ist doch Gisbert von Meyer mit den beiden Damen. Macht er eine Führung?«
    Mein Vater folgte seinem Blick. »Das kann er doch gar nicht. Für einen Gästeführer ist er viel zu jung, dafür braucht man Erfahrung.«
    Kalli sah aus, als würde er gleich ans Fenster klopfen. Ich hielt seinen Arm fest. »Kalli, willst du sie jetzt ranwinken? Mechthild und Hannelore sind immer so laut, das kann Heinz im Moment doch gar nicht vertragen.«
    Mein Vater guckte sofort wieder traurig. »Sie hat recht, ich kann das im Moment wirklich nicht. Duckt euch ein bisschen, damit sie uns nicht sehen.«
    Kalli gehorchte, ich atmete erleichtert auf. Mein Vater würde sich früh genug in die Ermittlungen einschalten, jetzt sollte er erst mal in Ruhe um die kleinen Pinguine trauern.
    Gut gelaunt stellte ich Marleens Fahrrad wieder in den Schuppen. Kalli hatte vorgeschlagen, mit den Mädchen zum Trampolinspringen an den Weststrand zu gehen. Die Zwillinge waren Feuer und Flamme, mein Vater schloss sich zwar lustlos, aber sofort an. Er fühlte sich schließlich für die Kinder verantwortlich, außerdem gab es im Moment keine konkrete Möglichkeit, die Pinguinrettung zu starten.
    Ich lehnte Kallis Aufforderung, sie zu begleiten, ab, zumal mein Vater mir mit angewidertem Gesicht mitgeteilt hatte, er bekäme Kopfschmerzen von meinem Geruch.
    »Irgendwie riechst du aufdringlich. Oder hast du was Komisches gegessen?«
    Ich verzichtete auf eine Antwort und verabschiedete mich mit Würde. Marleen hörte das Klappen der Tür und kam mir entgegen.
    »Ich habe Tee gekocht. Willst du auch eine Tasse?« Ihr Blick traf meine Einkaufstüten. »Ich dachte, du wolltest zum Strand. Das habe ich auch Herrn Thiess erklärt. Hast du ihn überhaupt getroffen?

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