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Urmel fährt Ballon

Urmel fährt Ballon

Titel: Urmel fährt Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
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und landete auf
einem Segelschiff. Er hüpfte hinab und stakste zur offenen Hintertür der
Werkstatt.
    Der
Meister war ein kräftiger Mann, auf dessen Mopsgesicht Brillengläser blitzten.
Schusch stolzierte unbemerkt über die Türschwelle. Er legte die Rolle ab und krächzte:
»Gut Schäff! Oder wä euer Gruß här heißt!«
    Der
Meister und seine beiden Gesellen drehten sich ruckartig um. Dem Meister fiel
der Hammer aus der Hand. Die Gesellen sperrten Mund und Augen auf.
    »Regt
euch bätte nächt auf!«, bat Schusch.
    Der
Schiffsbaumeister fasste sich als Erster. Er hatte ja bereits Anweisungen vom
Schloss bekommen. Trotzdem — jetzt knetete er seine Hände. Dann stammelte er:
»Gut Schiffeste! Äh, gu-gu-guten Tageste!«
    Schusch
blieb stehen und sah den Meister furchtlos an. Er hob dem Schiffsbaumeister die
Rolle entgegen. Dieser rollte die Zeichnung auseinander. Er legte sie auf eine
Hobelbank.
    Schusch
hüpfte empor. Er setzte einen Fuß auf eine Ecke. Dann plapperte er gelehrt: »Wä
ähr säht, äst das ein Ballonkorb!«
    Der
Meister nickte, allerdings nur aus Höflichkeit. Weder er noch seine Gesellen
hatten jemals einen Ballon gesehen, also auch keinen Ballonkorb.
    »Überall
stehen Maße«, erläuterte Schusch den Plan. »Dä Zeichnung äst sehr genau. Na ja,
sä äst ja auch von Professor Habakuk Täbatong, wenn ähr wässt, was äch meine!
Der Korb soll aus festen, aber bägsamen Weidenruten geflochten werden. Er muss
so fest sein, dass er uns alle trägt, natürläch auch dä Majestät und dä
Pränzessän. Äch kann euch dafür schon jetzt zu könäglächen Ballonkorbflechtern
ernennen.«
    Dem
Meister tropfte der Schweiß von der Stirn. Das war ein Auftrag, wie er noch nie
einen erhalten hatte. Seine kräftigen Hände zitterten. Er beugte sich noch
tiefer über die Zeichnung und fuhr mit den Fingern die Linien nach. Da er auf
seinem Gebiet ein großer Könner war, begriff er schnell, worum es ging. Es
wurde nichts Unmögliches von ihm verlangt. »Wir das erledigen! Gern-gernig!«
    »Und
schnell-schnelläg!«, setzte Schusch hinzu. Gönnerhaft plapperte er: »Macht euch
keine Sorgen. Äch komme jeden Tag vorbei und helfe euch! Ähr wässt doch, dass
wär Vögel Nester flechten!«
    Der
Meister und seine Gesellen starrten ihn fragend an. »Verzeihungeste«, stammelte
der Meister. »Wir nicht wissigen, was Nestereste und Vogeleste seiigen!«
    »Natürläch!
Ähr wässt ja nächt, was ein Vogel äst! Äch bän ein Vogel. Äch bän än einem Nest
aufgewachsen... Na, egal. Välleicht kann äch es euch ein andermal erklären. Es
heißt übrägens Vogel und Vögel oder Nest und Nester. Für euch sänd das wohl
Fremdwörter. Also sprecht sä auch so, wä wär sä aussprechen: der Vogel, des
Vogels, dem Vogel, den Vogel, kapärt? Na, wärd schon werden, wär haben ja noch
ein bässchen Zeit zum Üben. Aber der Auftrag äst sehr eiläg! Der Korb muss än
zehn Tagen fertäg sein, kapärt? Und keinen Tag später!«
    »Keinen
Tageste längerig!«, nickte der Meister.
    Schusch
breitete seine Flügel aus und hüpfte über die Hobelbank. »Toll-tollig!«, riefen
der Meister und seine Gesellen. Schusch ließ sich wieder nieder. »Komäsch«,
knarrte er, »äch habe es bäsher noch nä als toll empfunden! Es äst doch völläg
normal! Na, tschüss also, äch bän bald wäder här.«
    Schusch
stolzierte zum Hintereingang, durch den er auch eingetreten war. Der Meister
und die Gesellen sahen, atemlos vor Bewunderung, wie Schusch auf ein
umgedrehtes Ruderboot flatterte, »Bäs bald!« krähte und sich mit zwei
Flügelschlägen in die Luft erhob.
    Im
Schloss stand das Fenster zum Speisesaal offen. Schusch legte die Flügel an und
schoss wie eine Rakete hindurch. Er landete auf dem Marmortisch und schlidderte
auf der anderen Seite über den Rand. »Mäst!«, schimpfte er auf dem Fußboden.
    Dann
flog er behutsam auf den Tisch zurück. Überall lagen Papierbogen, Stoffe,
Bleistifte und Maßbänder. Der Professor zeichnete Schnitte in Form von
geteilten Orangenschalen, riesengroße Schnitte. Sie sollten Wutz als Muster für
die Ballonhülle dienen. Sie liefen oben spitz zu, unten aber waren sie gerade
geschnitten. Dort musste eine Öffnung ausgespart werden, durch die die heiße
Luft aus dem Ofen in den Ballon steigen und ihn füllen sollte.
    Der
Professor blickte kurz auf. »Hallo, Schusch!«, murmelte er, ohne seine Arbeit
zu unterbrechen.
    Schusch
stieg vorsichtig zwischen den Papierbahnen herum und beguckte sich alles.

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