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Urmel im Vulkan

Urmel im Vulkan

Titel: Urmel im Vulkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
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hinab. Und dazu müßt ihr sehr
klein sein. Hier ist der Eingang — er ist mehr als winzig.«
    »Wo ist der Eingang?« fragte ich schnell mit begreiflichem
Interesse.
    »Wo du deine Nase hast.«
    »Hier sehe ich aber nur Staub und Lehm — allerhöchstens einen
fadenbreiten Spalt. Und was sollen wir überhaupt im Erdinneren?«
    »Ihr werdet die Auszeichnung haben, Glutos Erdmama zu sehen,
und den Meergreis, Glutos Papa. Noch nie ist das einem Sterblichen gewährt
worden! Bittet sie, Titiwu zu schützen, sie haben die Macht dazu, Gluto
umzustimmen.«
    »Ich freue mich!« rief das Urmel. »Aber wie kommen wir da
hinab?«
    »Ihr habt eine Prüfung zu bestehen. Die Erdkruste ist schwer
zu durchdringen. Ihr werdet verwandelt.«
    »Hoffentlich nicht in Maulwürfe!« sagte ich voll Ekel.
    »In Würmer«, schnarrte der Abgesandte teilnahmslos.
    Da schüttelte es mich durch und durch, ich schrie: »Nie, nie,
öfföff, und wenn ich auf der Stelle sterben müßte! Ich ekele mich vor
Würmern...«
    »Wenn du einer bist, nicht mehr«, sagte der Abgesandte.
    Auch das Urmel zog einen Flunsch, es schob die Unterlippe
weit, weit vor.
    Ich sagte: »Bitte richte der Schweinefee einen schönen Gruß
aus, aber das kann sie nicht von uns verlangen. Ich werde die Rüstung
ausziehen!«
    »Dann ist Titiwu verloren! Aber seid getrost, es ist nicht
schlimm. Außerdem werden nur eure Körper wurmähnlich, eure Köpfe bleiben, wie
sie sind. Freilich winzig wie Stecknadelköpfchen...«
    Wir konnten nicht länger mit ihm reden, schnell zauberte er
unter seinem Panzer die Rute hervor, berührte erst mich und dann das Urmel —
und augenblicklich verwandelten wir uns in wurmähnliche, winzig kleine
Geschöpfe, wie sie normale Augen höchstens mit einer Lupe noch sehen können. Am
wurstförmigen Körper vom Urmel war sein Kopf mit der Nilpferdschnauze — für
mich genau zu erkennen. Ihm ging es umgekehrt wohl genauso.
    Ja — und als hätten wir mit der richtigen Gestalt gleich den
richtigen Instinkt bekommen, fingen wir sofort an, uns in den winzigen Schlitz
einzubohren, der sich uns jetzt allerdings wie ein breiter Spalt öffnete — in
die Erde hinein.



Wutz erzählt, wie sie in die Erde gelangen, wo sie sich
waschen kann
     
     
    Dunkler als dunkel war es um uns. Die Erdkrümel kratzten an
unserer Haut. Doch fürchteten wir uns nicht. Das war sehr weise: Mit dem Körper
des Wurmes hatten wir auch dessen Empfindungen bekommen. Und Würmer fühlen sich
im Erdreich nun einmal pudel-, oder besser wurmwohl.
    Ich kann das heute kaum mehr verstehen, aber es war so.
    Eifrig arbeiteten und fraßen wir uns durch die Erde, immer
tiefer hinab. Wir kamen an den verschiedenartigsten Maden, Eiern und anderem
Gewürm vorbei. Maulwürfe erschienen uns so groß wie Gebirge, Schwämme und Pilze
nicht minder. Wie lange wir uns in die Tiefe bohrten, wußten wir nicht. Nur
einmal dachte ich: Endet das denn nie, wöffwöff...? und wunderte mich gleich
selbst über das wurmige W, das ich unwillkürlich meinem Öff vorangesetzt hatte.
    Doch da war unsere Bohrfahrt auch schon zu Ende. Unsere Köpfe
durchbrachen unvermittelt eine Schicht, Krümel unter uns stürzten in eine
bodenlose, finstere Tiefe — wir befanden uns an der Decke einer Höhle, einer
gewaltigen, unermeßlichen Höhle. Wir waren so winzig, sie erschien uns wie das
unendliche Weltall.
    Und unsere Köpfe baumelten da oben wie Glocken.
    Auch die Höhle war also finster, wir hätten sie eigentlich
nicht erkennen können, wenn uns nicht die Gabe verliehen worden wäre, im
Dunkeln zu sehen. Deshalb japste ich nach einer Pause des Erschreckens: »Hilfe,
mir wird schwindelig, wöffwöff!« Würmer sind nämlich nicht schwindelfrei, wie
sollten sie auch!
    Und das Urmel piepste neben mir aus dem baumelnden Köpfchen:
»Ich fühle mich gar nicht wohl hier oben! So wurmig!« Und dann kreischte es:
»Nicht, nicht!«
    Zu meinem unermeßlichen Schrecken sah ich, wie sein Körperchen
schlangengleich aus der Decke rutschte und abwärts segelte. Ich segelte gleich
hinter ihm her.
    Der Flug ging abwärts, natürlich. Die Erdkruste bröckelte, und
wir stürzten durch den unermeßlichen Raum, tiefer und immer tiefer. Wir
schlugen Kobolz, wir jammerten: »Warum haben wir keine Flügel — es gibt doch
auch kleine Insekten...?« Wir kringelten uns im Flug, sausten, sausten... und
landeten schließlich am Boden der Höhle.
    Seitdem werfe ich seltener Würmer einfach so aus einem
Fenster. Ich weiß ja nun, wie ihnen dabei

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