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Urmel taucht ins Meer

Urmel taucht ins Meer

Titel: Urmel taucht ins Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
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würde er nicht so oft
aufgerufen. Freilich mußte er auf der Hut sein, daß weder seine Schwanzspitze noch
eine Pfote unter die Kufen gerieten, wenn Wutz sich schaukelnd hin und her
wiegte — dann: «Tschhhhh — aua!» Schusch hockte auf einem Aststück, das ihm Tim
Tintenklecks hereingeschleppt hatte. Was für ein Schulkind die Bank ist, war
für ihn der Ast. Und das Urmel lümmelte sich auf einer Decke, die Wutz
fürsorglich ausgebreitet hatte, damit es sich nicht den süßen, zarten Bauch
erkältete...
    Vor ihnen stand der Professor.
Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare und rief: «Seid doch bitte ruhig! Wir
wollen anfangen!»
    «Täm Täntenklecks äst nächt
da!» bemerkte Schusch.
    «Petze!» Tim Tintenklecks
tauchte vor dem Fenster auf. Dort hatte er sich versteckt gehalten. «Ich kann
ja schon lange rechnen!» Er schlenderte über die verkleckerte Türschwelle
herein.
    «Die Wiederholung wird dir
guttun!» meinte der Professor. «Und jetzt nehmt einmal an, Schusch würde
heiraten...»
    «Ach, wie aufregend, öfföff»,
grunzte Wutz, die dieses Thema ganz besonders fesselte, «hast du dich verliebt,
Schusch? Wie heißt denn die Glückliche?»
    Schusch öffnete empört den
Schnabel, um zu widersprechen, aber der Professor kam ihm zuvor: «Ich sagte
doch ausdrücklich ‹angenommen›, Schusch würde heiraten, dann wäre er nicht mehr
ein Schuhschnabel, sondern...?»
    «Mann und Frau!» quäkte das
Urmel.
    «Richtig! Und Mann und Frau
sind wieviel Personen?»
    «Zwei!» sagte Tim Tintenklecks.
    «Gut! Aber laß bitte die Tiere
antworten, Tim. So einfache Rechnungen kannst du natürlich!»
    «Das habe ich doch gleich
gesagt...»
    «Also, merkt euch bitte ein für
allemal: eins und eins ist zwei — verstanden?»
    «Was is’n aber, wenn es kein
Zweites gibt, kein zweites Urmel zum Beispiel?» fragte dieses. «Wozu soll ich
wissen, daß ein Schusch und noch ein Schusch zwei Schuschs sind, wenn es doch
nie ein Urmel und noch ein Urmel geben wird? Zwei Schuschs interessieren mich
gar nicht! Das brauch’ ich nicht zu lernen!»
    «Du hast es schon gelernt! So
einfach ist das. Und wenn Herr und Frau Schusch — also zwei Vögel — nun ein Ei
ausbrüten, wieviel werden es dann?»
    «Eine Familie!» zischte Wawa unter
dem Stuhl hervor. Und Wutz rief begeistert: «Wie goldig! Ein Baby!» Vor Wonne
warf sie sich gegen die Rückenlehne, so daß der Schaukelstuhl unter ihrem
Gewicht nach hinten kippte und die linke Kufe Wawas Schwanzspitze einquetschte.
Mit einem Wehschrei schoß der arme Kerl hervor und schubste dabei Ping Pinguin
um.
    «Paß doch auf!» schnatterte
dieser, während er sich mühsam aufrappelte.
    Der Professor seufzte: «So geht
es nicht! Ihr sollt in Zahlen denken lernen. Zwei und eins ist drei... Tim
Tintenklecks, du mußt mir eine schwarze Tafel an die Wand malen, damit ich
Zahlen dar auf schreiben kann!»
    «Das nützt gar nichts, öfföff!»
rief Wutz. «Wir können ja nicht lesen. Das mußt du uns zuerst beibringen, mir
jedenfalls, wenn die anderen zu faul sind! Ich möchte schreiben lernen!»
    Wutz hatte recht. Aber wenn der
Professor Lese-, Schreib- und Rechenunterricht geben sollte, wann blieb ihm
dann noch Zeit für seine Studien?
    «Ob du mir wohl helfen
könntest, Tim Tintenklecks?» fragte er.
    «Soll ich Lehrer werden?» Tim
Tintenklecks war entsetzt.
    «Das wärd välleicht ein ganz
lustäger Unterrächt...», krähte Schusch.
    Aber Wutz rief: «Ich will
keinen lustigen Unterricht, ich will schnell lesen und schreiben lernen. Ich
will gleich damit anfangen. Ich hole jetzt Papier und Bleistift!» Wutz erhob
sich und trottete ins Arbeitszimmer.
    Als sie wiederkam, trug sie
Papier und Bleistift im Maul. Sie setzte sich auf den Boden, legte beides vor
sich und betrachtete betrübt das Blatt. Es war an einer Stelle feucht geworden
und zeigte die Abdrücke ihrer Zähne. Es waren sogar Löcher darin. «Ich kann nur
auf schneeweißem Papier schreiben...» Wutz seufzte. «Das sieht
so schön aus — schöne Gedanken brauchen auch eine schöne Unterlage!»
    «Wir versuchen es trotzdem!»
sagte der Professor tröstend. «Tim Tintenklecks, bitte fang mit dem A an!»
    Tim Tintenklecks rümpfte die
Nase. So gern er Wutz hatte und so gern er bastelte, malte, hobelte und
zimmerte — Schulunterricht mochte er nicht geben. Trotzdem steckte er Wutz den
Bleistift zwischen die rechten Vorderklauen. Dann nahm er ihr Bein und führte
es über das Papier: einmal schräg links herunter, einmal schräg

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