Urmels toller Traum
ob sich sein schwarzer Bärenpelz nach
allen Seiten sträubte, und das tat er auch wirklich, als das Urmel ihn anfuhr:
»Du sollst mich mit Majestät anreden!«
»Wenn es dirrr Spaß macht«,
brummte der Bär. Doch er beschloss, lieber zu schweigen.
»Hähähä!«, machte Schusch.
Irgendwie fand er alles ganz lustig. Und wenn es ihm nicht mehr passte, nun,
dann flog er einfach davon, hinaus auf seinen Baum. Er blickte durchs Fenster —
und da erschrak er: Die gemütlichen, vertrauten Bäume waren verschwunden, weit
dehnte sich eine Parkwiese vor dem Schloss, da standen nur vereinzelte, grausam
zu seltsamen Formen verschnittene Bäume. Sie sahen nicht nach günstigen
Zufluchtsorten aus. Das »Hähä!« blieb ihm im Schnabel stecken.
»Das geschieht dir recht«,
sagte Urmel-König, als habe er Schuschs Gedanken erraten. Er sah nun Tim
Tintenklecks an, der im Türrahmen lehnte, bisher beharrlich geschwiegen hatte
und die Arme vor der Brust verschränkt hielt. Ihm war nicht anzusehen, was er
von all den Veränderungen hielt.
Urmel-König wollte es auch
lieber nicht wissen. Er traute sich nicht so recht, mit Tim Tintenklecks
genauso umzugehen wie mit den anderen.
»Ich gedenke, mich jetzt zu
erheben«, sagte er endlich. Er schlug die Decke zurück und der Traumkobold im
grauen Gehrock stand urplötzlich neben ihm und hängte ihm einen roten
Königsmantel über die Schultern, setzte ihm eine Krone auf das Haupt mit der
Nilpferdschnauze — oben guckten die Fledermausohren heraus — und drückte ihm
ein Zepter in die Hand.
Urmel-König trat vor den
Spiegel, der von der Decke bis zum Fußboden reichte, und betrachtete sich
lange. »Prächtig, prächtig«, murmelte er. »Aber umso schwerer wird es, die
richtige Königin zu finden. Hier auf Titiwu gibt es sie bestimmt nicht, das
dürfte wohl klar sein.«
»Das Urmel pfnappt über!«,
flüsterte Ping Pinguin Wawa zu. »Ich hätte es doch lieber nicht wählen sollen.«
»Tschu spät«, zischte Wawa und
rollte mit den Augen.
Urmel-König wandte sich um:
»Ich warte auf die Vorschläge meiner Diener!«
Da kannst du lange warten,
dachte Schusch. Er machte nur leise mit dem Schnabel klapp-klapp.
Tim Tintenklecks wechselte das
Bein, auf dem er stand.
Babu fragte: »Gibt es in diesem
Schloss wenigstens Honig?«
»Vielleicht zu meiner
Hochzeit«, sagte Urmel-König. »Ich denke, ich werde mir meine Frau woanders
suchen, in einem anderen Erdteil, in einem anderen Land, wir müssen Krieg
führen, Eroberungen machen...«
Jetzt sagte Tim Tintenklecks:
»Vielleicht könnten wir Urwapingschu erobern.«
Das sollte wohl ein Scherz
sein, denn Urwapingschu war ja nur eine erloschene Vulkaninsel, auf der gewiss
nichts anderes zu finden war als erkaltete Lava und Asche. Aber Urmel-König war
von dem Vorschlag sehr angetan. Er nickte Tim Tintenklecks anerkennend zu und
meinte: »Ich werde dich zum Minister ernennen.«
»Ganz, wie es beliebt!«,
antwortete Tim Tintenklecks.
»Und was wird mit mir,
öfföff?«, fragte Wutz.
»Irgendwann fällt es mir ein«,
meinte Urmel-König. »Jetzt aber keine Zeit mehr verloren! Auf zur Eroberung von
Urwapingschu! Dort vermute ich Reichtümer in Hülle und Fülle. Ich mache
Urwapingschu zur Kolonie. Dort holen wir uns Diener und Sklaven.«
»Hoffentlich werden wir nicht
zu Sklaven gemacht«, meinte Ping Pinguin, was ihm einen strafenden Blick vom
Urmel-König eintrug: »Ich siege immer!«, sagte Seine Majestät.
»Und womit?«, fragte Babu.
»Mit euch natürlich!«
Da wurden die Gesichter ringsum
lang und länger. Jedoch Urmel-König winkte, man möge ihm folgen, und schritt
aus der Tür. Er durchschritt die lange Flucht der Säle und trat über die geschwungene
Treppe hinaus ins Freie. Selbstverständlich liefen alle hinter ihm her.
Es war doch zu interessant, was
noch alles geschehen würde.
Der Traumkobold machte
eigenhändig das Schlossportal zu. Hinab ging’s zum Strand. Aber nicht etwa über
den altbekannten Abhang, sondern über breit angelegte, sanft geschwungene
Alleen.
Drunten am Meer war ein
Hafenbecken entstanden. Da lag ein Segelschiff. Die Segel waren schon
aufgezogen. Aus den Luken unter Deck schauten die Mündungsrohre altmodischer
Eisenkanonen heraus. Und eine Fahne flatterte am Mast, die zeigte auf
goldgelbem Grund den grünen Urmelkopf, über dem eine Krone schwebte, fast wie
ein Heiligenschein.
An Bord war die Besatzung
angetreten — ein gutes Dutzend Pelikane in Matrosenanzügen. Und als Urmel-König
über die
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