Usher Grey 1 - Vampirküsse (Usher Grey - Jäger im Zeichen der Lust) (German Edition)
Unterweltler hatte feine Antennen.
Egal, er musste das Rätsel um die Frau lösen. Angesichts ihrer überlegenen Fähigkeiten war diese nächtliche Verfolgungsjagd eigentlich überflüssig gewesen. Auch ein Vampir hätte ihm locker entwischen können: ein Luftzug, nicht mehr. Es sei denn, es machte dem Luder Spaß, ihn wie einen Bullen am Nasenring zu führen. Dann hatte sie sich ihm natürlich längst nicht offenbart. Usher fluchte, damit war wieder alles offen.
Warum hatte das Weib die Basilika als Endpunkt gewählt und das genau zu Beginn der Morgendämmerung? Was gab es in einer Kirche, das ein Geschöpf der Nacht brauchte? Usher schaute sich um, es gab jede Menge Grabstätten.
Soviel er wusste, waren dort ursprünglich die französischen Könige von Jahrhunderten bestattet. Doch die Sarkophage waren bis auf wenige Ausnahmen leer, die Knochen der ehemaligen Besitzer lagen aufgestapelt in zwei gemauerten Schreinen. Während der Französischen Revolution hatte man die Bleiauskleidungen der Särge anderweitig gebraucht und die Gebeine waren durcheinandergeraten ... jetzt war einer der Ruheplätze vielleicht wieder belegt.
Usher überprüfte seine Vermutung sofort. Er konnte sich jedoch nicht vorstellen, dass die Lady sich eines der zahlreichen öffentlichen Monumente ausgesucht hatte. Wenn er sie wäre, hätte er sich in die Krypta zurückgezogen, die unter dem Chor lag.
Möglichst leise ging er hinunter in das Gewölbe. Auch dort gab es Sarkophage, deren Deckel von liegenden Statuen gekrönt wurden. Nach genauer Untersuchung kam er zu dem Schluss, dass einer der Steinsärge geöffnet worden war. Heruntergerieselter Sand gab einen deutlichen Hinweis, genau wie die frischen Schleifspuren an der Unterseite der Steinplatte. Die Dame schien das dem Eingang nächstgelegene Behältnis ausgewählt zu haben.
Wäre sie eine Dämonin , könnte sie sich hier ohnehin nicht aufhalten. Die meisten sakralen Bauwerke aus dem Mittelalter waren durch magische Steine im Fundament gegen das Eindringen von Unterweltlern gewappnet.
Das war fast als Beweis zu werten, es mit einer Vampirin zu tun zu haben. Es kribbelte Usher in den Finger, nachzusehen. Allein das sexy Outfit zu betrachten, wäre eine Versuchung wert, aber er war unsicher, ob die Blutsauger in der schlafähnlichen Starre am Tag etwas von ihrer Umwelt mitbekamen. Wenn er sie ohne Waffen überwältigen wollte, musste sie arglos sein ... falls er überhaupt damit rechnen konnte.
Damit das Vögelchen nicht unbemerkt ausfliegen konnte, klemmte er einen Papierschnipsel unter den Deckel. Sollte sie den Sarkophag öffnen, würde er herunterfallen. Gut, er hatte das Überraschungsmoment auf seiner Seite und einen ganzen Tag Zeit, sich zu überlegen, wie er ihr gegenübertreten sollte.
Seine Ausrüstung hatte er in York gelassen. Nur die Pistole im Schulterhalfter hatte ihn begleitet und wartete nun in einem Schließfach am Leeds Bradford International Airport auf ihn. Er hätte ohnehin nichts durch die Sicherheitsschleuse bekommen. Bei weniger spontanen Trips musste er nervtötende Formalitäten über sich ergehen lassen.
Den digitalen Dietrich, der als Kugelschreiber getarnt war, übersahen die Kontrolleure regelmäßig. Da die Schreibgeräte heutzutage mit technischem Schnickschnack gespickt waren, fiel die Spezialanfertigung seines Einbruchswerkzeugs nicht auf. Das Gehäuse war aus Silber von hohem Reinheitsgrad. Sein „Opfer“ würde Augen machen, wenn er es mit einem Stift bedrohte ...
Geblendet vom Sonnenlicht trat Usher aus dem Kirchenportal. Er hatte dort auf einer Holzbank geschlafen, bis offiziell aufgeschlossen wurde und die ersten Besucher hineinströmten.
Seine Knochen schmerzten von der harten Unterlage und er hatte das Gefühl, kaum ein Auge zugemacht zu haben. Obwohl er davon ausgehen konnte, die Süße bis zum Einbruch der Dunkelheit in dem steinernen Sarkophag anzutreffen, waren seine Sinne geschärft geblieben.
„Siehst du scheiße aus!“, empfing ihn eine bekannte Stimme. Simeon! Oh nein, nicht ausgerechnet jetzt! Sein dämonischer Liebhaber hatte ein Gespür für den falschen Zeitpunkt. In der Basilika war Usher sicher vor ihm gewesen.
Die menschliche Gestalt des Feuerdämons brachte ihn immer in Verlegenheit. Er war froh, dass Simeon sich ihm noch nie in seiner wirklichen Erscheinung gezeigt hatte. „Verschwinde, ich will frühstücken. Ohne Kaffee ertrage ich dich nicht“, gab er zurück.
Da ihm nicht viel anderes übrig blieb,
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