Usher Grey 1 - Vampirküsse (Usher Grey - Jäger im Zeichen der Lust) (German Edition)
etwas anderes lieber gewesen.
Wie zumeist hatte sich der Dämon für alle Menschen unsichtbar gemacht, doch für Usher war er deutlich zu sehen gewesen. Um nichts in der Welt hätte er das zufriedene Grinsen auf Simeons Lippen verpassen wollen ... es hatte ihm Hoffnung gegeben, dass der Unterweltler nach wie vor zu seinem Wort stand. Mit Recht, denn wenig später hatte Usher durch einen Ring aus blauen Flämmchen den Vorplatz der Kathedrale von Saint-Denis betreten. Zum Glück war er nicht direkt vor dem Portal aus dem Nichts erschienen, sondern an einer wenig belebten Ecke. Niemand hatte ihn bemerkt.
Leider hatte sich Simeon nicht von ihm verabschiedet, sondern war einfach „auf der anderen Seite“ geblieben. Nach einem wunderbaren Schäferstündchen hätte Usher zumindest einen dieser samtigen Küsse erwartet. Aber solche Dinge waren Simeon fremd, er hatte nur die offensichtlich lästige Pflicht erfüllt, das versprochene Portal für ihn zu schaffen. Wie nobel von ihm.
Seinen feurigen Liebhaber gedanklich wieder zu verlassen, fiel Usher schwer. Bis zur Dämmerung waren es gute zwei Stunden. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte Simeon ihn erneut lieben können – oder er den Dämon, der heute ungewohnt freigiebig gewesen war.
Wie schaffte es Simeon, sich so schnell auszuziehen? Ein Vorspiel war überflüssig, wenn sein Gespiele bereits nackt war, meist kam es zu einem direkten Einstieg. Soweit Usher wusste, waren die Klamotten nur eine Illusion, wie auch seine menschliche Gestalt. Er mochte nicht darüber nachdenken, wie Simeon wirklich aussah, denn die meisten Höllenknechte waren nicht gerade eine Freude fürs Auge.
Doch langsam musste er sich wieder der Dame mit den rattenscharfen Kleidern zuwenden, die in ihrer Kiste auf ihn wartete. Mit Simeons Duft in der Nase war es eine Leistung, sich Zimt und Vanille vorzustellen. So schnell konnte er nicht umschalten. Vielleicht war es auch gut, zunächst ganz cool auf die Blutsaugerin zuzugehen. Sein Verstand arbeitete wieder in den üblichen logischen Bahnen.
Dank seiner Ausrüstung fühlte er sich der Begegnung mit der Untoten jetzt problemlos gewachsen. Usher hatte keine Angst vor ihr, sie würde ihm schon nicht gefährlich werden – aber sie konnte auch keine Mätzchen mehr mit ihm machen. Die Geschosse seiner Pistole waren mit flüssigem Silbernitrat gefüllt. Nicht nur in Filmen wie Blade oder Underworld waren diese wirksam gegen Vampire, auch in der Realität waren sie ein hilfreiches Mittel, die flinken Wesen aus der Distanz zu kontrollieren.
Für den Ernstfall hatte er noch eine spezielle Taschenlampe an seinem Gürtel, die mit über 2000 Lux intensive Helligkeit im Spektrum des Tageslichts verströmte. Das konnte einen Blutsauger nicht töten, aber im entscheidenden Moment schwächen.
Ihre Schnelligkeit war die wirksamste Waffe der Kleinen. Diesmal würde sie ihn nicht zum Narren machen, sondern sich schön mit ihm unterhalten, wie er es schon früher vorgehabt hatte. Er musste einfach wissen, ob sie seinen Auftraggeber kannte und wusste, was er von ihr wollte. Aus welchem Grund hatte er ihn gegen die Wand laufen lassen? Wenn er ihn persönlich danach fragen musste, konnte der Kerl sich warm anziehen.
Usher wollte schon vor Einsetzen der Dämmerung auf seinem Wachposten sein. Innerhalb der Basilika konnte sie den Sarkophag verlassen, während draußen noch die letzten Sonnenstrahlen vergingen. Das verwinkelte Kirchenschiff bot tausende guter Verstecke und er hatte zu viel investiert, um jetzt ein Risiko einzugehen.
Als er die Kathedrale betrat, war das hohe Gebäude bis auf vereinzelte Besucher menschenleer. Trotzdem hallte jeder Schritt. Seine Sneakers machten dank ihrer Gummisohlen nur leise Quietschgeräusche. Wie gut, dass er noch nicht ganz allein war und dem scharfen Gehör der Vampirin zwangsläufig auffallen musste. Usher schlich in die Krypta und untersuchte den Sarkophag. Der kleine Zettel war noch an seinem Platz. Es hatte sich also nichts getan, sie musste in dem Steinsarg sein.
Die flache Statue auf dem Deckel brachte ihn auf eine Idee: Wenn sie die schwere Platte zur Seite schob, sollte sie direkt in seine Augen und die Mündung der Pistole schauen. Dann gäbe es kein Wenn und Aber mehr – ihre Gesprächsbereitschaft war ihm sicher.
Behutsam legte er sich auf die große Steinfigur und grinste einem majestätischen Typen ins Gesicht, das einen verklärten Ausdruck trug. Was der ehemalige Herrscher wohl von seinem
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