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V wie Verrat

V wie Verrat

Titel: V wie Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Schwarz
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Verzweiflung, schnitt mir mitten ins Herz und trieb mir die Tränen in die Augen. Pierre hatte den Kopf in den Nacken geworfen und heulte wie eine Wölfin, die ihr totes Welpen beklagt. Als der Schrei abrupt endete, war es sekundenlang totenstill.
    Ganz langsam senkte er den Kopf und sah Markus an. Das Rot begann zu lodern, ging in grell leuchtendes Orange über, Flammen schienen aus seinen Augen zu lodern. Sein schönes Gesicht war nicht wiederzuerkennen, verzerrt zu einer hasserfüllten Fratze. Die spitzen, voll ausgefahrenen Reiszähne nahmen diesem Anblick den letzten Rest von Menschlichkeit. Ein Knurren stieg aus seiner Kehle, schwoll an und brachte meinen Stuhl zum Vibrieren. Es steigerte sich zu einem ohrenbetäubenden Brüllen, während er sich wieder und wieder gegen die Blockade stemmte. Plötzlich war er frei.
    Ohne zu zögern, warf er sich auf Markus, schlug die Zähne in dessen abwehrend ausgestreckten Arm, bevor dieser reagieren konnte und schleuderte ihn mit einer Drehung des Kopfes quer durch den ganzen Raum. Markus prallte mit einem dumpfen Schlag an die Wand und fiel zu Boden. Die beiden Männer neben mir keuchten überrascht auf.
    Doch der Angegriffene richtete sich auf, klopfte den Staub von seiner Hose und lachte leise. Pierre stand ihm lauernd gegenüber. Eine Bestie, in deren Augen nur noch die blanke Mordlust brannte. Er duckte sich, nahm zwei Schritte Anlauf und sprang!
    Noch in der Luft brach er zusammen. Stürzte wie ein Stein zu Boden und blieb regungslos liegen. Ich schrie auf und schlug die Hände vor den Mund.
    Meine Fesseln. Sie sind weg.
    In meine Erleichterung mischte sich Verstehen und Entsetzen und ich starrte fassungslos das zusammengekrümmte, leblose Bündel an. Markus zischte: »Das reicht. Ich habe genug von diesem Theater. Ihr ödet mich an. Aber ich verspreche euch, wir sehen uns bald wieder.«
    Er verschwand so plötzlich, dass mein Hirn diese Information nicht schnell genug an meine Augen weitergeben konnte und ich an der Stelle einen Schatten sah, als hätte ich in den Blitz einer Kamera geschaut.

    »Engel!«
    Viktor stürzte zu mir und riss mich vom Stuhl. Andrew stürmte gleichzeitig los, blieb aber nach zwei Schritten wieder stehen. Während Vik mich an sich presste, mein Haar mit Küssen bedeckte, starrte Andrew mich über dessen Schulter hinweg stumm an. Ich konnte nicht wegsehen, konnte mich von diesem leuchtend hellblauen Blick nicht lösen. Er biss die Zähne zusammen und nickte. Nichts, was ich hätte sagen oder tun können, hätte diese bittere Enttäuschung in seinen Augen wieder gelöscht.
    In diesem Moment verstand ich den Sinn des Satzes ›Es tut mir in der Seele weh‹. Die Tränen, die mir jetzt über die Wangen liefen, vergoss ich lautlos und mit der Gefühl, etwas sehr Wertvolles unwiederbringlich verloren zu haben. Er senkte Blick, wandte sich ab und ging zu Pierre, der immer noch regungslos am Boden lag.
    »Engel. Was hat er dir angetan?«
    Viktor tastete mich hastig ab, hob behutsam meine zerschnittenen Arme, sah mich entsetzt an.
    »Du blutest! Ich bring dich sofort ins Krankenhaus.«
    Mac sagte, ohne sich umzudrehen: »Das ist nicht so einfach. Hier gibt es keine Tür.«
    Überrascht sah Vik sich um.
    »Dann müssen wir das eben ändern. Und wenn ich diesen ganzen Laden dafür zertrümmern muss. Was ist mit Pierre?«
    Andrew hatte sich zu ihm heruntergebeugt und richtete sich jetzt kopfschüttelnd wieder auf. Er öffnete den Mund, doch ich kam ihm zuvor.
    »Er ist tot. Ich habe es gefühlt … als er mich losgelassen hat. Jetzt hat er doch losgelassen. Alles!«
    Andrew holte tief Luft und schloss resigniert die Augen.

    Für mich war die Grenze des Ertragbaren überschritten. Alle Dämme brachen. Ich sank in die Knie, schlug die Hände vors Gesicht und begann haltlos zu schluchzen. Weinte um Pierre, der in seinem Inneren immer ein kleiner Junge geblieben war, der seine über alles geliebte Schwester verloren hatte und den sein einziger Halt, sein Schöpfer, sein Vater, sein ganzes Vampirleben lang nur betrogen und benutzt hatte. Weinte um Katja, die so blutjung dieser Bestie in die Hände gefallen war und durch ihren Tod Viktor in tiefe Schuldgefühle und Selbstzweifel gestürzt hatte. Weinte um Andrew, um eine verlorene Liebe, deren ganzes Ausmaß ich wahrscheinlich nie begreifen und niemals erfahren würde. Viktor kniete sich neben mich, zog mich an seine Brust und hielt mich einfach nur fest. Er verstand, ohne zu fragen, dass all dieser

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