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V wie Viktor

V wie Viktor

Titel: V wie Viktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Schwarz
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1.
    Ein zum Sterben langweiliger Abend. Was würde wohl passieren, wenn ich mich jetzt mitten im Gespräch einfach umdrehe und gehe? Er würde wohl noch dümmer aus der Wäsche schauen – falls das überhaupt möglich war.
    Dieser Gedanke schoss mir durch den Kopf, während ich krampfhaft versuchte, mein Gegenüber nicht anzugähnen. Der redselige Mittvierziger mit den drei B – Brille, Bart und Bauch — erging sich seit geschlagenen 20 Minuten in verbalen Ergüssen über seine phänomenalen beruflichen Erfolge. Nach etwa sieben Minuten hatte ich auf Durchzug gestellt. Ich lächelte und nickte nur noch und sah mich verstohlen nach jemandem um, der mich hätte retten können.
    Der kleine Saal war voll. Überall standen Gruppen von Menschen, die sich mehr oder weniger auffällig langweilten, daran konnten auch der Champagner und die wirklich vorzüglichen Kanapees nichts ändern. Diese geschäftlichen Veranstaltungen waren immer grausam und ich hasste sie! Aber weil ich mir nicht noch mehr den Zorn meines Chefs zuziehen wollte, hatte ich keine Wahl. Dieser stand nicht weit von mir entfernt, ebenfalls in ein Gespräch verwickelt. Sein Blick wanderte immer wieder in meine Richtung. Wir hatten die letzte Zeit ein paar Kommunikationsprobleme, was wohl daran lag, dass ich seine nicht sehr subtilen Annäherungsversuche abgewiesen hatte. Möglich, dass es in seiner Ehe kriselte und er deshalb nicht genug Sex bekam, aber das war sicher nicht Grund genug, bei der letzten Tagung »ganz versehentlich« ein Doppelzimmer zu buchen. So sehr liebte ich meinen Job nun auch wieder nicht.
    Auch heute Abend hatte er es sich nicht nehmen lassen, mich auf seine besondere Art zu begrüßen. Was im Detail hieß, dass er mich mit den Augen auszog, meine Hand viel zu lange in seiner hielt und mir zuflüsterte, wie scharf ich aussehe und wie gerne er jetzt doch woanders mit mir wäre. Großer Gott! Er war mein Chef und damit für mich so oder so tabu. Abgesehen davon war er genau der Typ Mann, der in mir den Wunsch weckte, sofort in ein Kloster einzutreten. Klein, ein wenig korpulent, die letzten verbliebenen Haare mit Pomade quer über die Glatze geklebt.Immer irgendwie verschwitzt und immer ein anzügliches Grinsen und einen sexistischen Spruch auf den Lippen.
    Schon der Gedanke, dass er mich mit diesen schweißnassen Händen anfassen wollte, verursachte mir Brechreiz. Wäre dieser Job nicht so gut bezahlt und würde mir meine Arbeit nicht wirklich Spaß machen, wäre ich schon lange weg. Um dem Ganzen noch die Krone der Peinlichkeit aufzusetzen, hatte seine kriselnde Ehefrau uns die ganze Zeit in ihrem scharfen Blick. Ich versuchte, so schnell wie möglich auf Abstand zu gehen, was ihm gar nicht gefiel. Als Chef, als Mann und als Möchtegern-Macho war er es nicht gewohnt, einen ›Korb zu bekommen, schon gar nicht von einer »kleinen Angestellten«. Das konnte er nicht auf sich sitzen lassen und suchte offensichtlich nach einer Möglichkeit, mir wieder »näher« zu kommen.
    Hilfe! Ich will hier weg!
    Seitdem schleppte ich mich von einem Small Talk zum anderen, bis ich bei Hans oder Horst oder wie auch immer gelandet war. Naja, eigentlich war er je bei mir gelandet. Er hatte mich quer durch den Saal erspäht und, wie ein Albatros im Landeanflug, zielstrebig auf mich zugehalten. An Rückzug war nicht mehr zu denken. Ich fluchte innerlich. Wir kannte uns schon von einigen dieser Veranstaltungen und er wurde nicht müde, mich beeindrucken zu wollen. Wenigstens versuchte er nicht, mich zu betatschen, das musste ich ihm zugutehalten. Gerade jetzt hatte er mich wohl etwas gefragt, denn er sah mich gespannt an.
    Verdammt!
    Wenn dieser Langweiler nicht ein wichtiger Geschäftspartner wäre, würde ich einen Teufel tun und mich von ihm zu labern lassen. Nun steckte ich in einer misslichen Lage. Ich öffnete den Mund, um irgendeinen belanglosen, peinlichen Unsinn von mir zu geben, als ich eine Stimme hinter mir hörte.
    »Darf ich kurz stören?«
    Ich drehte mich um und schaute in fremde, veilchenblaue Augen. Mein Herz begann, heftig zu klopfen.
    »Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich Ihnen die Dame für einen Moment entführe? Es ist wirklich wichtig.«
    Mein Gesprächspartner zuckte genervt die Schultern und murmelte irgendwas in seinen Bart.
    Mr. Unbekannt nahm mich am Arm, zwinkerte mir zu und lotste mich ans andere Ende des Raumes in Richtung der Terrassentür. Unterwegs schnappte er sich zwei Gläser Champagner von einem Tablett,

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