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Vaeter und Soehne

Vaeter und Soehne

Titel: Vaeter und Soehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivan Sergejevich Turgenev
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sehr war sein Gesicht verdüstert.
    »Du weißt, daß ich an Gallenergießungen leide,« antwortete ihm Paul ruhig.

Dreiundzwanzigstes Kapitel.

    Zwei Stunden später klopfte es an Bazaroffs Tür. »Entschuldigen Sie, wenn ich Sie in Ihren gelehrten Beschäftigungen störe,« sagte Paul Petrowitsch, nahm auf einem Sessel am Fenster Platz und stützte sich mit beiden Händen auf einen eleganten Stock mit Elfenbeinknopf (er ging gewöhnlich ohne Stock); »aber ich sehe mich gezwungen, Sie um fünf Minuten Ihrer Zeit zu bitten, nicht mehr.«
    »Meine Zeit steht ganz zu Ihrer Verfügung,« antwortete Bazaroff, der ein leichtes Zucken über sein Gesicht gleiten fühlte, sobald Paul über die Schwelle des Zimmers trat.
    »Fünf Minuten werden hinreichen; ich bin gekommen, eine Frage an Sie zu richten.«
    »Eine Frage? und welche?«
    »Hören Sie mich an. Im Anfang Ihres hiesigen Aufenthalts, als ich mir noch nicht das Vergnügen Ihrer Unterhaltung versagte, war es mir vergönnt, Ihre Meinung über viele Gegenstände kennen zu lernen; aber soviel ich mich erinnere, haben Sie in meiner Gegenwart nie gesagt, wie Sie über das Duell denken … das Duell im allgemeinen. Erlauben Sie mir, Sie darum zu fragen?«
    Bazaroff, der sich erhoben hatte, um Paul entgegenzugehen, setzte sich auf den Rand des Tisches und schlug die Arme übereinander.
    »Meine Meinung«, sagte er, »ist die … Das Duell ist vom theoretischen Standpunkt aus eine Abgeschmacktheit; etwas anders aber ist es in der Praxis.«
    »Sie wollen sagen, wenn ich Sie recht verstehe, daß Sie in der Praxis Ihre theoretische Ansicht über das Duell beiseitesetzen und nicht gestatten würden, daß man Sie beschimpft, ohne Genugtuung zu verlangen.«
    »Sie haben meine Gedanken vollkommen richtig aufgefaßt.«
    »Das ist sehr gut. Ich bin entzückt, zu erfahren, daß Sie die Sache so ansehen. Das macht meiner Unwissenheit ein Ende …«
    »Ihrer Ungewißheit wollen Sie sagen.«
    »Das ist gleichgültig, mein Herr; es liegt mir einzig daran, mich verständlich zu machen; ich bin keine ›Seminarratte‹. Ihre Worte entheben mich einer gewissen ziemlich traurigen Notwendigkeit. Ich bin entschlossen, mich mit Ihnen zu schlagen.«
    Bazaroff riß die Augen auf.
    »Mit mir?«
    »Ja, mit Ihnen in Person.«
    »Aus welcher Ursache? Ich begreife nichts davon.«
    »Ich könnte Ihnen das auseinandersetzen,« erwiderte Paul; »aber ich ziehe vor, es nicht zu tun. Ich finde Sie hier zuviel; ich kann Sie nicht leiden, ich verachte Sie, und wenn Ihnen das nicht genug scheint …«
    Die Augen Pauls funkelten vor Zorn; die Bazaroffs erglänzten ebenfalls urplötzlich.
    »Sehr wohl,« sagte er, »jede weitere Erklärung ist überflüssig. Sie sind in der Laune, Ihre ritterliche Glut an mir auszulassen. Ich hätte mich weigern können, Ihnen dies Vergnügen zu verschaffen, aber es mag sein.«
    »Ich bin Ihnen sehr verbunden,« versetzte Paul, »ich darf also hoffen, Sie nehmen meine Herausforderung an, ohne daß Sie mich nötigen, zu Zwangsmitteln meine Zuflucht zu nehmen.«
    »Was, ohne Metapher gesprochen, heißen soll, zu diesem Stock?« erwiderte Bazaroff kalt. »Sie haben vollkommen recht. Sie können sichs ersparen, mich zu beschimpfen, um so mehr, als das nicht unbedingt ohne Gefahr für Sie wäre. Fahren Sie fort, sich als Gentleman zu betragen, ich werde meinerseits Ihre Herausforderung als Gentleman annehmen.«
    »Gut,« versetzte Paul und stellte seinen Stock in die Ecke. – »Wir haben also nur noch die Bedingungen des Kampfes festzustellen; ich möchte aber vorher wissen, ob es Ihnen notwendig scheint, irgendeinen Streit zu erfinden, der als Vorwand für die Affäre dienen könnte?«
    »Nein; das scheint mir gänzlich unnütz.«
    »Das ist auch meine Ansicht, ich denke ebenfalls, daß es unnütz ist, die wahre Ursache unseres Zwists genau zu untersuchen. Wir können uns nicht leiden, was braucht es mehr.«
    »Ganz richtig, was braucht es mehr,« wiederholte Bazaroff ironisch.
    »Was die Bedingungen unserer Affäre betrifft, so erlaube ich mir, da wir keine Zeugen haben … denn wo sollen wir sie hernehmen? …«
    »Ganz richtig, wo sollen wir sie hernehmen?«
    »Ich erlaube mir, Ihnen folgenden Vorschlag zu machen: Wir schießen uns morgen, etwa um sechs Uhr, hinter dem Gehölze mit Pistolen; auf zehn Schritt Distanz.«
    »Auf zehn Schritt, gut. Wir verabscheuen uns hinlänglich, um uns auf diese Entfernung zu schlagen.«
    »Auf acht Schritte, wenn Sie wollen!«
    »Warum nicht?

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