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Vaeter und Soehne

Vaeter und Soehne

Titel: Vaeter und Soehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivan Sergejevich Turgenev
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Baumstammes, war aber nichtsdestoweniger gezwungen, sich mit ihm zu schlagen. Peter weckte ihn um vier Uhr morgens; er kleidete sich an und verließ sofort mit ihm das Haus.
    Der Morgen war prächtig und frischer als an den vorhergehenden Tagen. Buntscheckige Wölkchen zogen wie Flocken über den blaßblauen Himmel; die Blätter der Bäume waren leicht betaut, die Spinnweben funkelten wie Silber auf den Grashalmen; auf dem feuchten dunkeln Boden schien noch ein Hauch des Frührots zu liegen, und der Gesang der Lerchen tönte ringsum aus der Höhe.
    Bazaroff ging bis zu dem Gehölz, setzte sich im Schatten nieder und belehrte Peter über den Dienst, den man von ihm verlangte. Der gebildete Kammerdiener wurde von einem Todesschrecken ergriffen; Bazaroff beruhigte ihn indes durch die Versicherung, daß er nichts zu tun habe, als aus der Ferne zuzusehen ohne die geringste Verantwortung.
    »Inzwischen«, setzte er hinzu, »überleg dir die wichtige Rolle, die du ausfüllen wirst.«
    Peter rang die Hände, ließ den Kopf hängen und lehnte sich, das Gesicht ganz grün vor Furcht, an einen Baum.
    Die Straße, welche nach Marino führte, lief an einem Wäldchen entlang; der leichte Staub, der auf ihr lag, war seit dem Tag zuvor weder von einem Rad noch von einem Fuß berührt worden. Bazaroff blickte unwillkürlich die Straße entlang, pflückte und kaute einen Grashalm, und wiederholte sich unaufhörlich: »Welche Dummheit!« In der Kühle des Morgens schauerte er ein paarmal … Peter sah ihn traurigen Blickes an; aber Bazaroff begnügte sich, zu lachen; er hatte nicht die mindeste Furcht.
    Auf der Straße hörte man Pferdegetrappel … Gleich darauf erschien ein Bauer; er kam aus dem Dorfe und trieb zwei Pferde vor sich her, die Fesseln an den Füßen hatten. Als er an Bazaroff vorbeiging, sah er ihn verwundert an, ohne an die Mütze zu greifen, was Peter eine schlimme Vorbedeutung zu sein schien und ihn sichtlich beunruhigte. »Dieser Mensch«, dachte Bazaroff, »ist auch früh aufgestanden, er tut aber wenigstens etwas Nützliches, während wir …«
    »Ich glaube, der Herr kommt,« sagte Peter plötzlich halblaut.
    Bazaroff blickte auf und erkannte Paul, welcher eiligst auf der Straße daherkam, bekleidet mit einem farbigen Wams und schneeweißen Beinkleidern; er trug ein grünes Etui unter dem Arm.
    »Entschuldigen Sie, ich fürchte, ich habe Sie warten lassen,« sagte er, zuerst Bazaroff und dann Peter begrüßend, den er in diesem Augenblick als eine Art Sekundanten betrachtete; »ich wollte meinen Kammerdiener nicht wecken.«
    »Schon gut,« erwiderte Bazaroff, »wir kommen eben erst an.«
    »Ah! um so besser!« Paul warf die Augen ringsumher. »Niemand sieht uns, wir werden ungestört sein. Gehen wir ans Werk!«
    »Mit Vergnügen!«
    »Ich setze voraus, daß Sie keine weiteren Erklärungen wünschen?«
    »Nicht die geringsten.«
    »Wollen Sie sich der Mühe des Ladens unterziehen?« sagte Paul, während er die Pistolen aus dem Kästchen nahm.
    »Nein, laden Sie selbst. Ich will die Distanz messen. Ich habe längere Beine,« fügte Bazaroff mit boshaftem Lächeln hinzu. »Eins … zwei … drei …«
    »Eugen Wassiliewitsch,« stotterte Peter mit Anstrengung – er zitterte wie in einem Fieberanfall –, »tun Sie, was Sie wollen, ich werde mich ein wenig zurückziehen.«
    »Vier … fünf … Zieh dich zurück, mein Braver, zieh dich zurück, du darfst dich sogar hinter einen Baum stellen und dir die Ohren verstopfen, aber die Augen halte offen; wenn einer von uns fällt, lauf, fliege, eile, ihn aufzuheben. Sechs … sieben … acht …« Bazaroff hielt an. – »Genug?« fragte er, gegen Paul gewandt, »oder noch zwei kleine Schritte?«
    »Wie Sie wollen,« antwortete Paul, indem er die zweite Kugel in den Lauf stieß.
    »Also zwei Schritte weiter!« – Bazaroff zog mit der Stiefelspitze einen Strich auf dem Boden; – »das ist die Barriere! Apropos, wir haben die Entfernung nicht festgestellt, in der wir uns von der Barriere aufstellen? Das ist auch wichtig. Wir haben diese ernste Frage gestern nicht debattiert.«
    »Zehn Schritte, denk ich,« erwiderte Paul und hielt ihm die beiden Pistolen hin; »machen Sie mir das Vergnügen, zu wählen.«
    »Ich werde Ihnen dies Vergnügen verschaffen, Sie müssen mir aber zugeben, daß unser Duell bis zur Lächerlichkeit sonderbar ist; sehen Sie sich einmal die Physiognomie unseres Sekundanten an.«
    »Sie scherzen noch immer,« erwiderte Paul; »ich leugne nicht, daß

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