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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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angeschlossen im Sterben lag.
    »Äh«, sagte sie und schluckte den Kloß hinunter, der ihr im Hals steckte. »Ich wünschte mir, Dad wäre hier. Er wüsste, was zu tun ist – aber ich traue mich nicht, ihn in meine Überlegungen einzuweihen, denn dann würde er mir verbieten zu gehen. Ich kann nicht im Krankenhaus rumsitzen, wo alle uns anstarren und beschuldigen. Ich muss etwas tun. Ich muss es wenigstens versuchen, Sam. Die Grüne Frau hat mir die Entscheidung abgenommen.«
    Daraufhin wandte Sam sich abrupt ab und begann Schranktüren zu öffnen. »Wenn du auf eine Reise gehst, gibt es dann etwas, was du unbedingt mitnehmen würdest?«
    »Wasserflasche, Zahnbürste und saubere Unterwäsche«, sagte Rosie. »Warum debattierst du nicht mit mir?«
    »Weil es Zeit spart.« Er fand einen Canvasrucksack und fing an, Lebensmittel hineinzuwerfen. »Hol dir, was du brauchst, ich schreibe in der Zwischenzeit eine Nachricht.«
    »Und was steht da drin?«
    »›Haben uns auf sinnlose Suche begeben‹«, sagte Sam. »Wir werden ohnehin in zwanzig Minuten wieder zurück und kein bisschen klüger als jetzt sein, dann ist es egal, was ich schreibe. Komm schon, beeil dich!«
    »Mann, du kannst einen aber herumkommandieren«, sagte sie nüchtern, rannte aber los. Auf dem Weg nach oben in ihr altes Schlafzimmer nahm sie zwei Stufen auf einmal – fast ängstlich angesichts des unberechenbaren Zustands, in dem das Haus sich befand – und holte sich einen Pullover und eine wasserdichte Jacke. Wie würde es in den tieferen Reichen wohl sein – eiskalt oder tropisch heiß? Sie hatte keine Ahnung. Weil sie gerade dabei war, lieh sie sich auch noch ein paar von Matts Sachen für Sam aus.
    Fünf Minuten später schlossen sie und Sam die Küchentür hinter sich. Er warf sich den Rucksack über die Schulter. Draußen verschwanden die Schattenreiche. Die Oberflächenwelt war wieder ganz normal: feucht und frostig, die kahlen Bäume schwarz vor dem Grün von feuchtem Gras, Lorbeer und Stechpalme. »Weißt du, Matt und Faith könnten doch auch bei den Nachbarn sein«, meinte Sam.
    »Da hast du bestimmt recht. Ich werde die Tür nicht absperren.«
    »Warum sind wir überhaupt hinten rausgegangen? Wir können doch nach Stonegate hochfahren.«
    »Oh.« Rosie zögerte. »Aber zu Fuß können wir uns da raufschleichen, ohne gesehen zu werden. Und ich finde es richtig, zu Fuß zu gehen – es ist, als würden wir einem magischen Pfad folgen. Du hältst mich sicher für verrückt, oder?«
    »Das steht wohl außer Frage. Doch du hast recht. Wenn wir den Wagen nehmen, könnten Lawrence und Madam uns entdecken, und das können wir jetzt gar nicht gebrauchen.«
    »Genau«, stimmte sie ihm resolut zu. »Was meinst du, ob wir Kreditkarten brauchen?«
    Sam lachte; er wirkte so einnehmend, wenn er spontan lächelte wie jetzt. Sie tauchten tiefer in den Garten ein und erreichten die Lücke in der Hecke. Als sie an den Fluss kamen, der die Grenze zwischen Oakholme und Stonegate markierte, und sich ihren Weg durch das Blattwerk der immergrünen Sträucher und die winterkahlen Zweige bahnten, fühlte Rosie sich wie befreit. Fast gelang es ihr, zu glauben, dass der Albtraum nicht stattgefunden hatte.
    Völlig unaufgeregt erklomm sie mit Sam den zerklüfteten Hang, denn nichts deutete darauf hin, dass sie sich den Toren näherten. Sie musste Lucas, oder besser sein Seelenwesen, finden, das war der einzige Weg, sich von ihrer Schuld reinzuwaschen. Dann fiel ihr Lawrence ein und ein kalter Schauer durchzuckte sie. O ja, es war ein winziger Vorbote einer schrecklichen Bedrohung, deren Ziel es war, hindurchzubrechen und sie alle zu verschlingen …
    Von fern hörte sie Gebrüll.
    Sie blickte hoch und sah Felsen und ein Gewirr von Birken. Eine Gestalt bewegte sich dort und war schon wieder verschwunden – nur die Zweige schwankten. Sie ging zwei Schritte höher und hörte es ganz deutlich – ein tiefes Knurren diesmal, das von einem Ort über ihnen kam.
    »Verdammt, was ist das?«, sagte Sam. »Das klang wie ein Hund, aber einer, den ich noch nie gehört habe.«
    »Disir?«
    »Die machen meiner Erfahrung nach keinerlei Geräusche.« Der Laut ertönte wieder. Kein Tier, das in englischen Gefilden heimisch war, heulte derart. Doch es schwang ein Unterton menschlicher Qual mit. »Lass es uns hier versuchen.«
    Während sie nach links abbogen und den Hügelrand ansteuerten, hielten sie ständig wachsam Ausschau nach der Quelle dieses Knurrens. Dann rief von hinten

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