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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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bestückt mit dicken schwarzen Klauen wie Säbel. Seine Augen hatten menschliche Form, waren aber schwarz wie die eines Tieres und darin brannte der Blutdurst des Raubtiers. Das über seinen Nacken fallende Haar wurde eins mit dem gezahnten Rückgrat. Matthew war monströs, erschreckend und prächtig zugleich.
    Er brüllte wieder. Das Gebrüll formte ein schlichtes Wort: » Faith! «
    Sie sah seine gebogenen Fangzähne schimmern, die den Nacken eines Wassergeists zermalmen würden wie eine Stange Sellerie. In seinen Augen glitzerte nur irre Wut. Ob er sich noch an seine menschliche Gestalt erinnern konnte? Und wenn er sich nun nicht mehr zurückverwandeln konnte?
    Der schwere Kopf wirbelte herum. Er nahm Witterung auf und lief dann am Wasser entlang in Richtung Oakholme. Dabei schlich er im Unterholz hin und her und nahm ihnen somit jegliche Hoffnung, Faith und Heather in die Sicherheit des Hauses zurückbringen zu können.
    »Du kümmerst dich um Faith«, sagte Sam eindringlich. »Geht flussaufwärts und dann hoch nach Stonegate. Geht diesen Weg«, sein Finger zeigte auf den westlichen Hang, »vorbei an Freias Krone, damit ich euch unterwegs irgendwo finden kann.«
    »Was hast du vor?«
    »Ich werde Matthew lang genug ablenken, damit du Faith und das Kind in Sicherheit bringen kannst.«
    »Sei vorsichtig«, sagte sie, aber Sam war schon weg, rannte geduckt hinter Felsen und Büschen, bis sie ihn nicht mehr sehen konnte. Rosie stolperte ans Ufer und berührte die Wasserpest, aus der Faith erstand, sobald sie durch das Gekräusel nach oben kam. Heather tauchte neben ihr auf und war zu Rosies Erleichterung unverletzt, aber den Tränen nah. »Sam versucht ihn abzulenken, während ich euch nach Stonegate bringe.«
    »Wir haben ihn wieder an der Nase herumgeführt, siehst du?«, sagte Faith zu ihrer Tochter. Doch ihre belegte Stimme strafte ihre falsche Fröhlichkeit Lügen. Heather fing zu weinen an. »Pst, pst. Sonst hört uns Daddy.«
    »Fai, sie ist erschöpft. Und du ebenso. Ihr müsst völlig durchgefroren sein.«
    »Das spüre ich gar nicht.« Ihre Freundin kletterte mit dem Kind im Arm ans Ufer. Das Wasser perlte an ihnen ab wie silbrige Tropfen von Entenfedern. »Was soll ich denn tun?«, sagte Faith. »Ich wusste, er würde irgendwann dahinterkommen. Aber ich hätte nie – Ro, wusstest du, dass Matthew sich derart verwandeln kann?«
    »Nein«, sagte Rosie, der der Schreck noch in den Gliedern saß. Wie hatte er das die ganzen Jahre über geheim halten können? »Ich hatte keine Ahnung. Folg mir und geh geduckt. Sollte Matt wieder auftauchen, werde ich ihn aufhalten, während ihr zuseht, dass ihr zu Freias Krone hochkommt. Verstanden?«
    Rosie begann den Berg zu ihrer Linken zu umrunden, erklomm Pfade, die durch abgestorbene Farne, kahle Eichen und Stechpalmen führten. Faith folgte ihr mit Heather im Arm dicht auf den Fersen, schwer atmend vor Anstrengung und Angst.
    Noch nie in ihrem Leben hatte Rosie solche Angst gehabt.
    Sie hörte noch ein-, zweimal das Grollen von Matthews Stimme, weiter unten und in östlicher Richtung, aber sie ging weiter, versteckt im Baumgürtel, der sich um den Berg zog. Auf halbem Weg nahm Rosie Heather auf den Arm und machte die Erfahrung, wie schwer ein so kleines Kind sein konnte. Schließlich ließen sie das Rhododendrongebüsch hinter sich und näherten sich dem kahlen Gipfel mit seiner in den Himmel ragenden Felskrone. Ihr Herz hämmerte. Dann sah sie Sam, der aus der anderen Richtung auf sie zugerannt kam, den Rucksack in der Hand schwenkte und sich ständig umschaute. Kein Anzeichen von der Bestie.
    Sein schlanker Körper war voller Energie, sein Gesicht vor Anstrengung verzerrt. »Lauft!«, schrie er und zeigte dabei auf die Felsen. »Er kommt!«
    Es war nicht weit, aber es war steil. Es schien, als würden die Schattenreiche sich ausdehnen, um sie zu umhüllen, und Rosie sah die Großen Tore in ihrer wahrhaftigen Ehrfurcht gebietenden Gestalt – ein glänzender Monolith wie ein geheimnisvoll alter Grabhügel. Rosie entdeckte den Spalt in der Oberfläche des Felsens. Er war deutlich zu erkennen, schmal, aber nichtsdestoweniger eine Öffnung.
    »Er ist verrückt, ich konnte ihn nicht zurückhalten«, keuchte Sam. »Seht zu, dass ihr in den Felsspalt kommt. Schnell!«
    Sie sah, wie Matthew, die Bestie, aus seiner Deckung am anderen Ende der Lichtung hervorbrach. Wütend kam er ihnen wie ein von der Kette gelassener, geifernder Wachhund nach. Der einzige Vorteil war, dass er

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