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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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nicht dessen Geschwindigkeit besaß, da er nur auf seinen Hinterläufen und nicht auf allen vieren rannte. »Sam!«, schrie sie. Ihre Stimme war fast lautlos. Sie stolperte unter dem Gewicht ihrer Nichte. Sam wirbelte seinen Rucksack wie eine Schleuder, um die Bestie auf Abstand zu halten, aber sie kam immer näher, ungezähmt und erbarmungslos zwang sie Sam, immer wieder in Richtung der Tore zurückzuweichen.
    Sam sprintete los und hängte Matthew ab und streckte in einer beschützenden Geste die Arme aus, um sie der dunklen Spalte zuzuführen. Sie hatten nicht vorgehabt, dort unvorbereitet einzutauchen, aber plötzlich gab es keinen anderen Ausweg mehr. Rosie rannte hinein und spürte, wie die steinkalte fremde Luft sie umhüllte. Faith folgte ihr auf den Fersen.
    Matthew brüllte im Näherkommen gutturale Worte, die ihr das Blut gerinnen ließen. Seine Schreie waren voll mörderischer Wut, als hätte auf der ganzen Welt noch nie jemand so gelitten wie er und als müsste Blut fließen, um das zu sühnen … Sie drehte ihren Kopf und sah hinter sich keilförmig das Dämmerlicht und als Silhouette davor Sam, der den vollen Rucksack schwang. Sie hörte das dumpfe Geräusch, als dieser gegen den Bauch der Bestie prallte. Grunzend ging Matthew zu Boden und torkelte dann aus ihrem Blickfeld.
    Dann kam ihnen Sam nachgerannt und rief keuchend: »Das hat ihn aufgehalten. Geht weiter, er folgt uns nicht.«
    Die Felswände drückten von beiden Seiten. Rabenschwarze Dunkelheit und ein dünner Luftzug, von Angst gesättigt. Hinter ihnen streifte eine wütende Bestie über den Berg … doch vor ihnen lag lebendige Dunkelheit und alle Schatten von Lawrence’ Albträumen warteten dort auf sie. Der Lufthauch war ihr flüsternder Atem.
    Alles, was sich an menschlicher Skepsis bei ihnen eingenistet hatte, fiel von ihnen ab. Die Tore zum Elfenland waren real. Und Lucas hatte sie geöffnet.

~  17  ~
Das Feuer der Spirale
    Die Spalte im Fels war kalt und von tintiger Schwärze. Rosie, die voranging, tastete sich mit ihren Füßen und mit einer Hand voran, im anderen Arm hielt sie Heather gegen ihre Schulter gedrückt. Die Dunkelheit stemmte sich ihr wie eine körperlich spürbare Kraft entgegen.
    »Was ist da?«, fragte Sam.
    »Ich kann überhaupt nichts sehen«, sagte Rosie. »Und wenn es nun eine Sackgasse ist?«
    »Dann werden wir umkehren und zurückgehen und uns wie ein Haufen Trottel fühlen.«
    »Aber nicht, solange Matthew dort wartet«, sagte Faith mit zittriger Stimme.
    »Ich werde nicht zulassen, dass er dir was antut«, sagte Sam. »Geht weiter.«
    Es ist doch lächerlich, dass ich vor meinem eigenen Bruder Angst habe , überlegte Rosie. Kalt klebte der Schweiß an ihrem Körper, während sie, von Panik getrieben und von Angst gebremst, versuchte, zwischen den eng stehenden Felswänden voranzukommen. Der Durchgang beschrieb eine Kurve. An den Wänden entdeckte sie vertikale Steinkanten und glatte handgroße Muster aus eingelegtem Metall. Ihre Hand strich über ein eindeutiges Symbol: eine Spirale, das Emblem der Anderswelt.
    Heather griff in die Luft und sagte: »Schau da am Himmel, Mummy.«
    Rosie sah über ihnen einen Pinselstrich Blau. Sie hielt den Atem an, als wollte sie in tiefes Wasser springen. »Wir sind da«, sagte sie.
    Sie traten aus der Felsspalte heraus und wurden vom fließenden indigoblauen Zwielicht eines Waldes umfangen. Das war nicht die Welt, die sie kannte, nicht einmal die Schönheit der Schattenreiche. Hoch aufragende schwarze Stämme endeten weit oben in einem Baldachin und das Unterholz schwankte wie Seegras im Ozean. Es war ein riesiger Wald, der alles überzog. Voll sich bewegender Schatten. Ein köstlicher Duft lag in der Luft, frisch und feucht, und er zerstreute ihre Angst und ersetzte sie durch freudige Erregung. Elysium .
    »Geht vom Eingang weg«, appellierte Sam eindinglich ans sie und zog sie und Faith dabei zur Seite. Dornen verfingen sich in ihren Haaren. Das Portal war silbergrauer Fels und sah aus wie eine Miniaturausgabe von Freias Krone. Die hohe, schmale Öffnung wurde von zwei Obstbäumen gerahmt, die sich einander zuneigten und deren Zweige sich oben ineinandergeschlungen hatten. Die Felswände waren hinter Büschen und Dornensträuchern versteckt. Vor ihnen lag ein begrünter Abhang, der zu einem sich zum Waldgrund hin schlängelnden Pfad wurde und dort verschwand. Geisterhafte Gestalten brachten die Luft zum Flackern.
    Sie warteten. Das Ozeanrauschen des Waldes wurde durch

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