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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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auf, Dad. Was willst du denn machen?«
    »Ich muss rennen. Um ihn wegzulocken. Er kommt. Spürst du das nicht?«
    »Doch, wir spüren es, aber Wegrennen wird nicht helfen. Du bist im hinteren Teil unseres Gartens. Offenbar bist du im Kreis gelaufen.«
    »Ich weiß.« Lawrence presste seine Augen zusammen, sein Gesicht war von Schmerz gezeichnet. »Es ist überall. In meinem Kopf. Ich glaubte tapferer zu sein.« Der Sturm heulte traurig und die Wolken ballten sich dick und dunkel zusammen, von innen durch Feuerblitze erhellt.
    »Tapfer ist jetzt keiner mehr, glaub mir. Wir werden dir helfen.«
    »Das könnt ihr nicht. Ich habe ihn freigelassen. Jetzt wird er sich nicht eher zufriedengeben, bis er mich findet, und ich dachte, ich sei bereit, mich ihm zu stellen, aber das bin ich nicht – ich muss, aber ich weiß nicht wie …«
    Rosie kniete sich neben ihn. Ihr Instinkt befahl ihr, ihn zu trösten, aber er war immer noch Lawrence Wilder – berühren konnte sie ihn nicht. »Was wird denn passieren, wenn Sie sich Brawth nicht stellen?«
    »Er wird wüten, bis er alles vernichtet hat«, sagte Lawrence, »und nur noch die trockene Hülle von Dumannios zurücklassen. Er wird mich auf ewig verfolgen – ich muss mich ihm stellen oder er wird meine Söhne vernichten, um an mich ranzukommen. Ich dachte, ich sei stark genug, aber ich bin schwach. Die Angst lähmt uns. Das ist seine Stärke: Er setzt die Angst gegen uns ein, wie Spinnen ihr Gift einsetzen – um uns zu lähmen.«
    »Und wenn du ihm die Stirn bietest?«, fragte Sam.
    »Dann … könnte Brawth zufrieden sein.« Seine Stimme war rau und gebrochen. »Wenn ich ihn dazu bringen könnte, sich allein auf mich zu fixieren, würde er meine lieben Söhne und all die anderen vielleicht in Ruhe lassen. Wenn ich den Mut aufbrächte, mich ihm zu stellen – wenn ich stark genug wäre – wenn er seine Wut an mir austoben könnte, dann könnte dies alles ein Ende finden.«
    »Und du hättest keine Angst mehr«, sagte Sam leise.
    »Nein.« Lawrence richtete sich auf und strich sich das wilde Haar aus dem Gesicht. »Obwohl meine Angst eigentlich nicht zählt. Standhalten und ihm die Stirn bieten, darauf kommt es an. Das Maß des Schreckens, das ich in diesem Moment empfinde, ist irrelevant. Standhalten …«
    »Ich werde ihn mit dir bekämpfen«, sagte Sam.
    »Und ich auch«, fiel Rosie ein.
    Lawrence lachte kurz auf. »Ihr könnt es nicht bekämpfen. Ich muss …« Seine Hände, weiße Klauen, öffneten und schlossen sich. »Muss standhalten, aber ich möchte nicht, dass er mich ohne Vorwarnung überrascht. Ich muss darauf vorbereitet sein.«
    Rosie und Sam sahen einander an. Sie erkannte, dass Sam, obwohl um Haltung bemüht, völlig verzweifelt war, aber sie wusste, dass er vor schwierigen Entscheidungen niemals zurückschreckte. Sie erhob ihre Stimme, um den Donner zu übertönen, und sagte: »Gibt es einen Ort, Mr Wilder, der Ihnen helfen könnte, sich stark zu fühlen? Stonegate vielleicht?«
    »Nein, dort nicht«, erwiderte er keuchend und schüttelte den Kopf. Rosie spürte, dass keiner ihrer Vorschläge hilfreich wäre. »Ich brauche einen Ort, der ihn zu mir heranzieht, aber sein Kommen verlangsamt, damit ich mich darauf vorbereiten kann. Einen Ort, der uns aneinanderbindet, sodass er nicht anders kann, als auf mich zuzukommen, ich aber auch nicht entfliehen kann. Ich weiß selbst nicht, was mir dabei vorschwebt.«
    »So einen Ort gibt es«, sagte sie.
    Lawrence grinste freudlos und herablassend. »Du kannst mir nicht helfen, meine Liebe.«
    Rosie presste ihre Lippen aufeinander. »Der Spiralgarten«, sagte sie und wusste mit klarer Intuition, dass dies der richtige Ort war. Sie beschrieb ihn. Es war nicht leicht, sich gegen das Gebrüll des Windes Gehör zu verschaffen, aber Lawrence schien zu verstehen. »Mein Vater sagte, die Spirale beschwört die Anderswelt herauf. Und es ist auf jeden Fall ein Ort der Ruhe. Dort werden Sie sich besser fühlen.«
    »Warum hast du ihn gebaut?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Rosie. »Inspiration, innerer Zwang.«
    »Du hast es für mich gebaut«, sagte er fast anklagend. »Du wusstest es.«
    »Nein.« Sie wandte sich entnervt von ihm ab.
    »Bring mich dorthin. Schnell.« Während er sprach, erhob er sich zitternd. »Ich muss in Bewegung bleiben, ich kann hier nicht verharren.«
    Sie halfen ihm bergabwärts, geduckt, als würden sie Feindbeschuss ausweichen. Zweihundert Meter vor ihnen schlug ein Blitz in eine Eiche ein, dessen

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