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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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zusammen, in ihrer liebenswerten Hilflosigkeit einer verwirrten Dryade gleich. Er stürzte auf sie zu. In seinen Armen fühlte sie sich real an, fest und warm wie ein Mensch.
    »Wo warst du?« sagte sie, während ihre schlanken Arme ihn fest umschlangen.
    »Wo warst du ? Du warst plötzlich weg!«
    »Ich dachte, du warst verschwunden, nicht ich … ich weiß nicht. Ich habe keinen Halt in der Welt, Lucas. Ohne es zu merken, rutschte ich nach Dumannios.«
    »Und jetzt sind wir beide dort«, flüsterte er und begriff, dass die sie umgebenden Manifestationen genau das waren: das Werk von Dumannios, das die Oberfläche von Vaeth und der Schattenreiche versengte. »Das ist mein Fehler«, sagte Lucas mit erstickter Stimme. »Ich habe das getan.«
    »Nein«, sagte Iola. »Es musste geschehen.«
    »Brawth kommt. Ich konnte ihn nicht aufhalten.«
    »Es ist die Dunkelheit, vor der Lawrence sich immer gefürchtet hat«, sagte sie. »Ich hätte ihm vielleicht helfen können, aber er schob mich nur beiseite und ließ sie immer mächtiger werden, bis es zu spät war …« Sie blickte hinauf an die hohe Decke, ein Wirbel sich bewegender Schatten. »Er kommt deinetwegen. Unser aller wegen, aber vor allem deinetwegen, seinem Sohn.«
    Als Lucas ihrem Blick folgte, sah er es. Einen blendenden Schattenriss, der Teufel selbst, der aus großer Entfernung auf ihn zugerast kam. Kalt schnitt der Schmerz in seinen Kopf. Er hörte Albins Stimme: Seine Kälte wird das Fleisch von deinen Knochen sengen … »Was können wir tun?«
    Iolas goldene Augen weiteten sich verzweifelt. »Nur Lawrence kann dem ein Ende bereiten.« Das Haus erbebte unter den nach den Fenstern ausholenden Blitzen. »Das Einzige, was wir tun können, ist einen Schutzschild errichten.«
    »Was meinst du damit?«, fragte er. »O mein Gott, meine Eltern, Rosie …«
    »Du kannst ihnen nicht helfen«, sagte sie und rief eine Wortfolge, die er nicht verstand. Er sah aus dem Nichts die vier Disir herankommen, die immer dunklere und größere Gestalt annahmen. Auf Iolas Kommando hin ging jeder von ihnen in eine der vier Ecken des großen Saals und nahm dort seine Position als Wächterlöwe ein, gewaltig und mit Augen wie glühende Kohlen. »Wir können nur uns selbst schützen.«
    In der Mitte des Raums stehend, mit den vier dunklen Vertrauten, die auf ihr Kommando hörten, erinnerte sie ihn an eine Göttin. Mit ihrem trotzigen Widerstand spannen die Disir einen zarten Schutzschild. Die amorphe Macht Brawths brandete gegen das Haus an, doch nur, um jedes Mal abgewehrt zu werden, wie wenn ein Strom flammenden Öls auf dünnes Glas trifft. Irgendwann musste der Schutzschild brechen, aber solange er seine Funktion erfüllte, wollte Iola nicht aufgeben. Lucas harrte neben ihr aus und widerstand Brawth, weigerte sich, sich von der brennenden arktischen Kälte oder der Angst besiegen zu lassen. Der Sturm wütete und ließ die Kamine erbeben. Stonegate erzitterte in seinen Fundamenten und darum herum bebte die Welt, stürzte ein und zerfloss wie ein Albtraummeer.
    Narkotika aus den Schattenreichen hatten Jon weit von sich weggeführt und er hatte die Pantomime der Hirschjagd wie aus weiter Entfernung beobachtet, bevor er zusammenbrach. Nicht einmal das Gewitter vermochte ihn zu wecken. Es durchdrang jedoch seinen Stupor und verwandelte unangenehme Träume in Albträume. Stimmen kamen und gingen wie Gezeiten. Irgendwas stimmte nicht, irgendwas stimmte ganz gewaltig nicht mit dem Universum. Ihm dämmerte, dass er um sein Leben rennen musste, aber sein Körper reagierte nicht darauf.
    Ein geisterhafter, halb menschlicher Gargoyle tauchte vor ihm auf, und diese Erscheinung überraschte ihn nicht inmitten dieses Chaos. Er schoss einen glühenden Pfeil auf ihn ab, der auf seiner Hüfte einen brennenden weiß glühenden Schmerz zurückließ. Er glaubte vom Blitz getroffen worden zu sein und versuchte erneut aufzustehen, aber sein Gewicht hielt ihn unten.
    Dann saß eine Kreatur auf seiner Brust. Scharf und deutlich hob sie sich vor der verschwommenen Landschaft aus hellem grauem Stein ab: ein hübscher Knabe mit weißer Haut, schwarzen Haaren und einem gewaltigen Paar rußschwarzer Engelsflügel, die sich über seinen Schultern bogen. Er betrachtete Jon mit tiefschwarzen, verschwimmenden Augen.
    »Weißt du, wer ich bin?«, fragte der Knabe.
    »Nein«, sagte Jon.
    »Eros kennt doch jeder.« Seine Stimme hatte einen grausamen Unterton.
    Jon lachte, so gut ihm das mit dem Gewicht auf seiner Brust

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