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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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Bogen flog und nach unten stürzte. Ihr ganzer Körper zuckte und ihre Augen öffneten sich von selbst. Im selben Moment stieß Lucas einen Schrei aus.
    »Was habt ihr gesehen?«, fragte ihr Vater sie mit sanfter Stimme.
    »Ich weiß es nicht«, keuchte sie. »Ich habe das Gefühl, bereits alles zu wissen, was du uns erzählt hast, aber ich kann diese Erinnerung nicht greifen. Es ist wie in einem Albtraum, in dem du in einer Prüfung sitzt und keine einzige Frage beantworten kannst.«
    »Der Berg neben Stonegate«, sagte Lucas. »Die Felsen, die man Freias Krone nennt. Dort sind die Tore.«
    »Wer hat dir das erzählt?«
    »Keiner.« Lucas sah ihn verdutzt an. »Ich habe es gesehen.«
    »Der Zugang zur Spirale soll uns also erlaubt sein, wenn wir sechzehn sind?«, hakte Rosie nach. »Das sind bei mir noch zwei Jahre. Vielleicht hat Lawrence bis dahin ja seine Meinung geändert.«
    »Vielleicht. Oder du kannst von Glück sprechen, denn auch die Initiation birgt ihre Gefahren«, meinte Auberon mit sich verdüsternder Miene. Bei aller Güte hatte er etwas Hartes, das Rosie aufhorchen ließ. »Die Situation ist schwierig. Ihr habt selbst gesehen, wie frustriert die Vaethyr angesichts Wilders Sturköpfigkeit sind. Wenn er nicht nachgibt, weiß ich nicht, was passieren wird.«
    »Glaubst du, sie werden ihn lynchen?«, erkundigte Lucas sich erwartungsvoll.
    Auberon lachte. »In einem Western, ja, da wäre das möglich. In der Realität, nein. Seine Position ist sakrosankt. Es wäre ein verheerender Bruch mit der Tradition. Ein Sakrileg.«
    Rosie biss sich auf die Lippe und beobachtete das besorgte Gesicht ihres Vaters. »Er wird einen Grund dafür gehabt haben.«
    »Es ist schon mal vorgekommen; Liliana hat zweimal die Tore verriegelt, um uns vor Stürmen zu schützen, die auf der anderen Seite tobten. Doch nur für zwei Wochen, nicht für Jahre. Jetzt spricht Lawrence von einer vergleichbaren Gefahr.«
    Rosie durchzuckte es kalt. »Glaubst du ihm?«, fragte sie.
    »Diesem alten Lump kann man kein Wort glauben«, erwiderte Auberon mit ungewohnter Gehässigkeit. »Aber … diesmal, ja, ich vermute, es steckt etwas dahinter. Und ich fürchte sogar, dass es schlimmer ist, als er zugeben kann. Das ist sein Problem: Er ist zu niemandem aufrichtig, am allerwenigsten zu mir. Doch er ist der ernannte Torhüter und uns bleibt keine andere Wahl, als ihm zu vertrauen, egal wie stur er ist und wie sehr er sich querstellt. Was seine Söhne angeht … sie können nichts für ihren Vater, aber man sieht ja, was für einen Schaden das bei seinem älteren Jungen angerichtet hat. Der hat nichts als Schwierigkeiten in der Schule und Lawrence spendet ungeheure Summen, um alles wieder glattzubügeln.«
    Rosies Herz machte einen Satz, als er auf Jon und Sam zu sprechen kam. Dutzende Fragen drängten sich ihr auf. »Weißt du denn wirklich ganz genau, Dad, wer in Cloudcroft Vaethyr ist und wer nicht? Kannst du das immer erkennen?«
    Die Frage schien ihn zu überraschen. »Für gewöhnlich schon, aber …« Er zögerte. »Ihr werdet es lernen. Manche von uns sind besser getarnt als andere. Es gibt eine Aura, so zart sie auch sein mag, die man wahrnimmt, aber unfehlbar ist sie nicht. Einige Aelyr sind ein wenig versnobt und beharren darauf, Vaethyr seien nicht rein und aufgrund von Mischehen fließe viel zu viel menschliches Blut in unseren Adern. Normalerweise ist unsere Identität ganz klar festgelegt, aber es mag hin und wieder Individuen geben, bei denen die Grenzen sich verwischen. Es scheint einen Punkt zu geben, an dem es kippt, eine gewisse Genbalance, die dazu führt, dass ein potenzielles Elfenwesen einfach nicht »erwacht« und sich deshalb nicht vorstellen kann, etwas anderes als ein Mensch zu sein. Ebenso könnte es uns passieren, dass wir, wenn wir die Verbindung zur Spirale verlören, einschlafen und vergessen, wer wir gewesen sind … Wir brauchen Elysium, wie wir Wasser brauchen, wir müssen dorthin gehen, um das Wesen unserer Natur wieder aufzufrischen, aber …«
    Er brach ab. Wieder hörte Rosie die unirdische Stimme und plötzlich traf sie die erschreckende Erkenntnis, dass Jessica nicht in Wirklichkeit sang, sondern ihr Lied aus dem Äther eines verlorenen Ortes und einer anderen Zeit zu ihr kam.
All die Dämonen von Dumannios
Malikets Feuer und Melusiels Flut,
All die ernsten Türme von Tyrynaia
Vermögen nicht, mich fernzuhalten von dir,
Mein geliebtes Elysium.
Als legte ich mich mit einem Geliebten nieder,
Werde ich mich in

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