Valentine
die auf den Schultern der Sucher lag, wurde immer erdrückender und ein Privatleben passte da überhaupt nicht hinein. Woran sollte man die Retter überhaupt erkennen? Diese Diskussion hatten sie nächtelang geführt und waren zu keinem Ergebnis gekommen. Und selbst wenn sie endlich die Retter ausfindig machten, was sollten diese tun? Es handelte sich um die Suche nach der sprichwörtlichen Stecknadel im Heuhaufen. Angesichts der letzten Nachrichten musste jedem klar sein, dass das Problem mit logarithmischer Geschwindigkeit zunahm. Jede zweite Nacht bebte irgendwo die Erde , meistens dort, wo man es am wenigstens erwartete. Die Seismologen waren längst zum Gespött unter den Wissenschaftlern geworden und verweigerten jegliche Interviews .
Ihr fehlte im Augenblick die Geduld, sich mit Texten zu befassen. Unruhig stand sie auf, ging hin und her. Am besten, sie warf einen Blick auf die Spiegel, vielleicht hatte Aliénor eine neue Nachricht hinterlassen.
* * *
Valentine transferierte sich direkt in den Ballsaal.
»Du?«, stieß sie hervor, als sie Maurice im Gespräch mit Bertrand erkannte.
Obwohl sie wusste, dass Frédéric sich mit Maurice treffen wollte, war sie doch überrascht, ihn jetzt schon hier zu sehen. Eigentlich hatte sie erwartet, Frédéric würde mit ihr über dieses Treffen sprechen, um dann eine Entscheidung zu fällen. Hatte ihr Bruder geahnt, wie unschlüssig sie war? Ihre Pulsfrequenz erhöhte sich schlagartig , und ihr Mund fühlte sich staubtrocken an. Beim Hüter, Maurice sah verdammt gut aus. Wenn man ihn besser kleidete, würde er Emanuele in nichts nachstehen. Mal abgesehen davon, dass er – leider – kein Vampir war.
Leise verließ Bertrand den Saal.
»Valentine, es tut mir leid. Ich wollte dir wirklich alles sagen, aber – ich wusste nicht , wie. Du hättest mich bestimmt nicht aussprechen lassen . Glaubst du, mir gefällt es, einen Vampirjäger zum Vater zu haben?«
Seine Miene drückte die Sorge aus, dass sie ihm jetzt eine Abfuhr erteilen würde und er umsonst gekommen wäre . W ollte sie das? Bei seinem Anblick tanzte ihr Herz einen wilden Tango , und das sehnsüchtige Ziehen in ihrem Schoß entwickelte sich von Minute zu Minute zu einem wilden Verlangen. Nichts wünschte sie sich sehnlicher, als in seinem Arm zu liegen und seine Hände überall zu spüren. Ja, sie wollte ihn. Wie hatte sie nur je daran zweifel n können? Doch zuerst würde sie ihn noch ein wenig zappeln lassen. Strafe musste sein , und außerdem brauchte sie einen Beweis seiner Liebe.
Ratlos hob Maurice die Arme und ließ sie wieder sinken. »Sag mir, wie ich dich überzeugen kann, Valentine. Es ist mir ernst damit, ich liebe dich , und ich will dich nicht verlieren.«
Mit Mühe unterdrückte sie ein amüsiertes Lächeln, als ihr eine Idee durch den Kopf schoss. Sie stand auf, ging auf ihn zu und tippte ihm mit dem Zeigefinger auf die Brust. »Eine simple Entschuldigung genügt mir nicht. Wenn du mit mir zusammen sein willst, darf es zwischen uns keine Geheimnisse geben. Nie mehr.«
»Einverstanden und versprochen. Das gilt aber auch für dich.«
»Natürlich.«
Mit Erleichterung im Blick beugte er sich vor, um sie zu küssen.
Valentine hielt ihn zurück. »Moment. Nicht so eilig. Schwöre mir Liebe, Treue und Ehrlichkeit, auf deinen Knien, bei allem was dir heilig ist.«
Ein Emanuele del Castello wäre bestimmt zu stolz, sich darauf einzulassen , und auch Maurice wirkte über ihre Forderung nicht gerade erbaut. Doch nach einigen Sekunden des Zögerns beugte er tatsächlich ein Knie vor ihr, schüttelte – vielleicht über sich selbst – den Kopf und sah sie mit zusammengekniffenen Lippen von unten herauf an. Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, als sie den skeptischen Ausdruck in seinen Augen bemerkte. Sie genoss es, so viel Macht über ihn zu haben.
Ein verhaltenes Lachen erklang aus einem der Spiegel. Möglich, dass sie beobachtet wurden.
»Ich schwöre dir alles, was du willst, mon amour. Bei meinem Leben.« Mit seinem Dackelblick hätte Maurice Stahl zum Schmelzen bringen können .
Valentine ertrug diese Situation keine Sekunde länger. In ihren Ohren surrte es, in ihrem Gesichtsfeld gab es nichts mehr außer Maurice, ihre Haut wartete sensibilisiert auf eine zärtliche Berührung von ihm , und in ihrem Schoß verlangte die Lust nach einer Form der Erlösung, die ihr eigentlich fremd war. Ohne weiter zu überlegen , sank sie vor ihm ebenfalls auf die Knie, schlang ihre Arme um
Weitere Kostenlose Bücher