Valentine
beschäftigte.
»Normalerweise leuchtet der Kristall nur, wenn man ihn ins Mondlicht hält«, erklärte Bertrand. »Außer, man ist der auserkorene Besitzer. Monsieur Le Duc, wäre es nicht einen Versuch wert?«
Der Vampir nickte mechanisch. Er schien nicht überzeugt, dass es sich bei Maurice ’ Exemplar um einen magischen Kristall handeln würde. Aber es war die einzige Option, die sie hatten.
»Wir holen ihn. Aber selbst wenn dies der zweite wäre, woher bekommen wir den dritten?«, unterbrach Frédéric resigniert.
»Von mir.«
Alle drei fuhren verdutzt herum. Keiner von ihnen hatte gehört oder gesehen, wie Emanuele den Saal betreten hatte. Für Sekunden sprach niemand ein Wort. Dann machte Bertrand eine Handbewegung, um den Ankömmling Maurice vorzustellen. »Monsieur Emanuele del Castello – Monsieur Maurice Boux, der Sohn von Madame Chantal.«
Der Spanier zog kurz eine Augenbraue hoch, dann deutete er eine Verbeugung an. »Sehr erfreut. Willkommen in dieser illustren Runde.«
»Wo befindet sich dein Kristall, Maurice?«, unterbrach Frédéric mit heiserer Stimme.
Maurice kratzte sich verlegen am Kopf. »Wenn ich das wüsste. Am besten fahre ich gleich zurück und suche.«
»Nein, das dauert zu lange. Ich gehe. Denk nach, wo kann er sein?«
Maurice schloss die Augen und wanderte im Geist durch sein Zimmer. Es standen nicht mehr allzu viele Sachen in den Regalen herum, und der Schrank war auch fast leer. Das meiste hatte er nach England mitgenommen. Der Kristall war nicht dabei gewesen, soweit er sich erinnerte, und er befand sich auch nicht in seinem Zimmer. Ruckartig öffnete er die Augen. »Auf dem Dachboden. In einer Kiste mit Kinderspielsachen. Vielleicht.«
Frédéric entfuhr ein Stöhnen , und er rollte mit den Augen. Wenn man von der Bedeutung eines mystischen Mondsteins wusste, mochte ein solcher Aufenthaltsort respektlos erscheinen. Maurice zuckte entschuldigend mit den Schultern. Aber da hatte Frédéric sich schon dematerialisiert.
Irgendwann hatte Maurice alles, was für ihn nicht länger von persönlichem Wert war, in Schachteln gestopft, um Platz für andere Dinge zu machen. Woher hätte er wissen sollen, dass dieses Ding etwas Besonderes war?
Angesichts der neuen Eindrücke und Informationen hatte Maurice fast vergessen, dass er nicht nur Aliénors wegen hier war.
»Monsieur Maurice, soll ich Sie jetzt zur Duchesse bringen?« Der Butler lächelte verschmitzt, als wüsste er Bescheid oder könne Gedanken lesen.
»Danke, Bertrand. Das wäre großartig«, erwiderte Maurice, zwischen Erleichterung und Beklemmung taumelnd. Die Ereignisse und Probleme ließen ihm keine Zeit, sich von dem einen zu erholen, ehe das andere auf ihn einstürmte. Vielleicht war das gut so. Mit Nachdenken kam er im Augenblick sowieso nicht weiter, und jegliche Art von Ablenkung verhinderte, dass er über den Tod seines Vaters grübelte.
»Und ich hole mal meinen Kristall«, murmelte Emanuele, als spr e che er mehr zu sich selbst.
Kapitel 21
Die Veränderung in Emanueles Verhalten ging Valentine nicht aus dem Sinn. Zwar war ihr sein selbstherrliches Werben ohnehin nur auf die Nerven gegangen und sie war an einer Beziehung aufgrund ihrer Erlebnisse nicht interessiert gewesen, aber jetzt, wo es aussah, als würde er seine Gunst aufrichtig und besorgt einer anderen schenken, fühlte sie plötzlich den Schmerz des Verlusts. Sie hätte diejenige sein können, um die er sich mit viel Gefühl gekümmert hätte. Ein galanter Edelmann aus wohlhabendem Haus. Eine gute Partie.
Mehr denn je würde Valentine sich in Zukunft einsam fühlen. Bevor sie Maurice kennenlernte, hatte sie das wunderbare Erlebnis der Liebe nicht vermisst. Jetzt war der Schmerz in ihrem Herzen fast unerträglich , und zu sehr hatte sie sich nach einer körperlichen Vereinigung mit Maurice gesehnt, als dass sie dieses Begehren nun so einfach hätten unterdrück en können . Ihre Hormone waren zum Leben erwacht und spielten verrückt. W ar dies der Grund, warum sie sich von Emanuele auf einmal so angezogen fühlte.
Seufzend stützte Valentine ihre Ellbogen auf dem Bibliothekstisch auf und legte das Kinn in die Hände. Wenn sie wenigstens wüsste, wie es mit der Prophezeiung weitergehen sollte. Sie durften sich nicht alle in ihre privaten Probleme stürzen, andererseits waren diese natürlich nicht zu ignorieren. Die Suche nach alten aufschlussreichen Dokumenten und deren Entschlüsselung bewegte sich im Kreis. Verdammt!
Die Verantwortung,
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