Vampir-Legende
gelang ein Blick in die Tiefe des Bottichs, wo die zweite Gestalt schwamm.
Nein, sie schwamm nicht, sie trieb dahin. Und sie schaffte es ebenfalls nicht, sich gegen die Kräfte anzustemmen. Sie war dabei, sich aufzulösen oder zusammenzuklumpen, so genau war es nicht zu erkennen. Jedenfalls wurde sie zu einem Teil dieser Flüssigkeit, wie auch zuvor Bruder Jacques Lacourte.
Das alte Blut nahm sie auf.
Das alte Blut war dadurch im Prinzip ein Sammelhort für Vampire geworden, und keiner von uns wußte, ob es mit seinen jetzt zurückgezogenen Kräften überleben würde.
Deshalb ging ich aufs Ganze!
Ich tauchte mein Kreuz in die Masse hinein, behielt die Kette in der Hand, betete, daß es die Macht des Allsehenden Auges schaffen würde, und tatsächlich freuten wir uns über das silbrigblaue Licht, das den Inhalt des Bottichs durchzuckte.
Das alte Blut schäumte auf. Es kochte. Es warf Blasen, es entstand Dampf. Ich zog mein Kreuz wieder hervor, und wir traten zu dritt von dieser Quelle zurück.
Jetzt hatte das Licht der Sonne freie Bahn. Es fiel auf und in den Bottich.
Und es tötete ab!
Es gab kein dickes Blut mehr, das den Bottich füllte. Was darin schwamm, konnte mit einer dunklen Wasserbrühe verglichen werden, und ich ging einfach davon aus, daß der magische Keim genommen worden war. Die Vampir-Legende war zerstört worden…
***
Während Abe Douglas zum Wagen zurückgelaufen war, um einen Arzt sowie einen Leichenwagen telefonisch zu bestellen, standen wir vor dem Haus und atmeten endlich wieder die normale, von einem widerlichen Blutgeruch befreite Luft ein.
Suko lächelte, ich lächelte ebenfalls.
Wir waren froh, diese Legende zerstört zu haben, obwohl wir über die genauen Ursprünge nicht Bescheid wußten.
Den Zeichen und Symbolen nach zu urteilen, hatte sie im alten Ägypten ihre Basis gehabt. Auch dort hatte man schon Bluttrinker gekannt, und ob diese beiden Brüder bereits Jahrtausende gelebt hatten oder wiedergeboren waren, wußten wir nicht.
Es war auch nicht mehr wichtig. Daß sie zerstört waren, das allein zählte.
Trotz der Toten hatten wir das große Grauen in Grenzen halten können.
Kaum vorzustellen, was geschehen wäre, hätte es der G-man Frank Clayton geschafft, einen Geheimbund zu gründen, dessen Gebote sich nach den Regeln alter Vampire richteten. Er hätte die Welt damit in ein Unglück stürzen können.
»Soll ich dir mal was sagen, John?«
»Wenn ich nein sage, tust du es doch.«
»Stimmt.«
»Also los!«
Suko warf einen Blick zurück auf das Haus. »Wenn ich ehrlich sein soll, dann sind mir die klassischen Vampire lieber.«
»Bingo, Alter, mir auch…« Ich grinste. »Da weiß man wenigstens, woran man ist…«
ENDE
[1] Siehe John Sinclair Taschenbuch Nr. 73 065 »Die Vampir-Polizei«
[2] Siehe John Sinclair Paperback Nr. 73 501 »Voodoo-Land«
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