Vampir-Legende
aber er wußte auch, daß Igor recht hatte. Er war derjenige, der pragmatischer dachte und seine Gefühle zurückdrängen konnte.
Igor stand schon neben dem Bottich, als Jacques ins Freie kletterte. Und noch etwas geschah. Der regungslos am Boden hegende Sheriff bewegte sich plötzlich. Seine Arme zuckten ebenso wie die Beine. Er öffnete den Mund, wälzte sich herum und streckte die Arme aus, um sich an der Außenhaut des makabren Pools abzustützen. Wenig später stand er.
Für die Brüder hatte er keinen Blick. Er stierte gegen die geschlossene Tür, hinter der sich die Personen aufhielten, in deren Körpern frisches Blut floß.
Saft für ihn…
Und dort wollte er hin!
Die Brüder ließen ihn gehen. Sie hatten sich tiefer in den Raum zurückgezogen. Sie wußten, wohin sie sich wenden konnten, denn es gab hier einen Fluchtweg. Sie hatten das Haus wieder aufgebaut, die alten Pläne waren nicht aus ihrem Gedächtnis verschwunden, und der geheime Gang existierte. Es war von diesem Raum aus zu erreichen.
Eigentlich lächerlich, aber hinter der Tür des einzigen Schranks befand sich der Zugang.
Schüsse peitschten auf.
Nebenan und sehr laut zu hören.
Jacques und sein Bruder nickten sich zu. Sie faßten sich an den Händen. Zu reden brauchten sie nicht. Beide wußten, daß es zu einem Kampf gekommen war, und sie wußten auch, daß ihr Freund nicht gewonnen hatte.
»Man hat den Menschen besiegt«, flüsterte Jacques.
Igor nickte.
»Laß uns jetzt gehen.«
»Warte noch.« Igor war aufgefallen, daß sich ihr Opfer der Tür näherte.
Die Gier nach Blut war einfach zu groß. Er konnte es nicht mehr aushalten. Er würde hinausgehen müssen, um sich auf die Menschen zu stürzen.
Sie ließen ihn laufen.
Er öffnete die Tür.
Als Schatten sahen sie ihn nur, und es drängte ihn auch niemand wieder in den Raum zurück. Die anderen Menschen warteten auf ihn. Vielleicht begriffen sie auch nicht, wer er war. Jacques leckte sich die Lippen. »Ich denke, es sieht ganz gut aus, Bruder.«
»Warum?«
»Er existiert noch. Er wird sich holen, was er braucht. Und wir werden bleiben können.«
»Ich weiß nicht…«
»Keine Sorge, du… ahhh…« Jacques zuckte zusammen. Sein nackter, blutbeschmierter Körper krümmte sich. Er sackte in die Knie. Er keuchte und spie rosigen Schleim aus.
Dann kam er wieder hoch. »Er stirbt. Ich habe es gespürt. Er ist gestorben. Das Licht, er ging ans Licht…« Jacques fuchtelte mit den Armen. »Er verbrennt. Keine Sonne, der Sonnengott ist grausam!«
»Laß uns fliehen!«
»Nein, nicht mehr… sie sind schnell…«
Plötzlich waren die beiden durcheinander. »Kraft, ich brauche Kraft«, keuchte Jacques. »Ich verfluche die Sonne. Ich verfluche die Sonne. Sie brennt mich aus…« Plötzlich schrie er, das heißt, er wollte schreien, doch es drang nur ein Jammern aus seiner Kehle.
Im selben Augenblick öffnete sich die Tür!
***
Diesmal waren wir nicht vorsichtig. Wir stürmten in den Raum, wir wußten nicht, was uns erwartete, aber wir rechneten mit dem Schlimmsten. Leider war es zu dunkel, denn auch hier verdeckten Vorhänge die Scheiben der Fenster.
Der Raum war sehr groß und leer, bis auf einen Gegenstand, der in seiner Mitte stand.
Es war ein großer Bottich, der Ähnlichkeit mit einem Gartenpool aufwies.
Und aus ihm drang dieser widerliche Gestank, der uns schon zuvor aufgefallen war.
Was der Bottich für eine Funktion besaß, das erfuhren wir später, denn da hatten es Suko und Abe Douglas in einer blitzschnellen Aktion geschafft, einen Teil der Vorhänge auszureißen. Das Sonnenlicht hatte freie Bahn. Es fiel normal in den großen Raum hinein, aber für die Brüder mußte es wirken wie eine Flut.
Und wir sahen den Bottich zum erstenmal im Tageslicht!
Blut schwappte darin!
Dunkles, altes, stinkendes Blut, über dessen Oberfläche kaum erkennbare Schwaden schwebten. Und als wir die beiden Gestalten sahen, da mußten wir davon ausgehen, daß sie in diesem Blut gebadet und sich Kraft geholt hatten.
Ja, wir sahen sie, und wir schauten sie von drei verschiedenen Seiten an.
Sie standen im Licht, sie zitterten und boten einen makabren Anblick.
Beide waren völlig nackt, aber über ihre Oberkörper lief das Blut in langen Streifen. Es rann aus den Haaren hervor, es war eigentlich überall, es bedeckte die Haut wie ein roter Schleim und machte ihre Gesichter zu widerlichen Fratzen.
Sie taten nichts.
Ich ging auf sie zu.
Das Kreuz hielt ich fest. Diese Vampire waren
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